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DFG richtet zwölf weitere Graduiertenkollegs ein

Zur weiteren Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zwölf neue Graduiertenkollegs ein. Dies wurde jetzt vom zuständigen Bewilligungsausschuss in Bonn beschlossen. Die neuen Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Chance, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichem Niveau zu promovieren. Drei der neuen Einrichtungen sind Internationale Graduiertenkollegs, die eng mit ausländischen Universitäten in Frankreich und Indien kooperieren.

Zwei der neuen Graduiertenkollegs – ein lebenswissenschaftliches in Erlangen-Nürnberg und ein wirtschaftswissenschaftliches in Bonn – haben für ihre jeweiligen Wissenschaftsbereiche innovative Modelle für einen sogenannten „Fast track“ entwickelt. Durch diesen sollen hervorragende Bachelor-Absolventen einen raschen qualitativ hochwertigen Zugang zum Promotionsstudium erhalten. Das Erlanger Graduiertenkolleg bietet zudem ein passendes Programm für den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs in der Medizin an. Ein neu bewilligtes Graduiertenkolleg in den Geisteswissenschaften zeichnet sich durch die Einbindung einer Fachhochschule und ein vielversprechendes Konzept für die Verbindung von Theorie und Praxis aus. Solche Möglichkeiten zur strukturellen Weiterentwicklung der Promotionsphase sind kennzeichnend für das Graduiertenkolleg-Programm der DFG.  

Neben den innovativen Modellen erhöht eine bereits im vergangenen Jahr beschlossene Neuerung die Attraktivität einer Promotion im Rahmen eines Graduiertenkollegs: Nunmehr können für Doktorandinnen und Doktoranden in allen Disziplinen neben Stipendien auch Stellen finanziert werden, wenn die nationale und internationale Wettbewerbssituation innerhalb und außerhalb des Wissenschaftssystems dies erfordert. Dies bringt neben den in der europäischen Forschercharta geforderten attraktiven Finanzierungsbedingungen auch einen angemessenen Sozialversicherungsschutz mit sich. Gleichzeitig wird mit Stellen ein Beitrag zur Gleichstellung von Männern und Frauen geleistet, denn von dieser Änderung profitieren besonders Graduiertenkollegs aus den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie den Lebenswissenschaften, in denen überproportional viele Doktorandinnen forschen. 

Die neuen Promotionsprogramme werden in der ersten Förderperiode von viereinhalb Jahren von der DFG mit einer Summe von insgesamt rund 45 Millionen Euro (inklusive einer Programmpauschale für indirekte Kosten der Projekte) gefördert. Zusätzlich zu den zwölf Einrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss auch der Verlängerung von 19 Graduiertenkollegs zu. Die DFG fördert zurzeit 219 Graduiertenkollegs, davon 55 Internationale Kollegs.

Die neuen Graduiertenkollegs (GRK) im Einzelnen (in alphabetischer Reihenfolge der Sprecherhochschulen):  

  • Das in der Mathematik angesiedelte GRK 1632 „Experimentelle und konstruktive Algebra“ verfolgt die grundlegende Idee, algebraische Fragestellungen auch auf experimenteller Ebene zu untersuchen. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen sich mithilfe computeralgebraischer Methoden schwierigen und abstrakten Objekten und Problemen nähern, die sowohl aus der reinen Mathematik als auch aus der Anwendung stammen. So sollen signifikante theoretische Ergebnisse und innovative algorithmische Methoden für die Mathematik und mögliche Anwendungen gewonnen werden.
    (Sprecherhochschule: RWTH Aachen; Sprecherin: Prof. Dr. Gabriele Nebe)    
  • Multichromophore Systeme umfassend zu bearbeiten, ist Ziel des GRK 1640 „Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme“. Solche Systeme spielen zum Beispiel eine wichtige Rolle bei der Fotosynthese, der Entwicklung von organischen Solarzellen oder in der allgemeinen molekularen Elektronik. Neben der Anwendungsrelevanz sind diese Systeme auch deswegen interessant, weil sie Erkenntnisse zu fundamentalen Fragestellungen aus Physik und Chemie der kondensierten Materie erlauben. Um systematische Fortschritte auf diesem Gebiet zu erzielen, sollen Konzepte, Erfahrungen und methodisches Wissen aus Physik und Chemie kombiniert werden.
    (Sprecherhochschule: Universität Bayreuth; Sprecher: Prof. Dr. Jürgen Köhler)    
  • Die Projekte des Internationalen GRK 1673 „Functional Molecular Infection Epidemiology” befassen sich mit den Faktoren, die die Ausprägung und die geografische Verbreitung von Infektionskrankheiten bestimmen. Im Fokus der gemeinsamen Einrichtung der FU Berlin und der University of Hyderabad stehen dabei die Bereiche „Wirt-Pathogen-Genomik“ und „Analyse genetischer Wirtsvariationen“. Die vergleichende Analyse von Infektionskrankheiten in Deutschland und Indien soll Hinweise auf Pathogen- und Wirtsfaktoren geben, die das Krankheitsgeschehen beeinflussen. Unter anderem befasst sich das Forschungsprogramm mit den Auslösern der Malaria.
    (Sprecherhochschule: Freie Universität Berlin; Sprecher: Prof. Dr. Lothar H. Wieler; Kooperationspartner: University of Hyderabad, Indien)    
  • Das zentrale Forschungsziel des GRK 1707 „Heterogenität, Risiko und Dynamik in ökonomischen Systemen“ ist die Überwindung des vereinfachenden Paradigmas des „repräsentativen Agenten“, welches die Komplexität der Realität auf ein Minimum reduziert und in weiten Teilen der Wirtschaftswissenschaften die Grundlage für theoretische und empirische Modellbildung ist. Jenseits dieser Grenzen sollen neue Modelle entwickelt werden, welche die Heterogenität von Agenten berücksichtigen und die darauf basierenden ökonomischen Institutionen angemessen abbilden können. Mit diesen Modellen soll dann die Bedeutung von Heterogenität für die Dynamik ökonomischer Systeme und ihre Fähigkeit zur Risikoverarbeitung untersucht werden.
    (Sprecherhochschule: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; Sprecher: Prof. Dr. Jürgen von Hagen)    
  • Wie sieht die Zukunft in der Materialforschung aus? In Forschung und Lehre stellt die „Weiche Materie“ ein wachsendes Fachgebiet dar, das Chemiker, Physiker und Ingenieure gleichermaßen fasziniert. Grund hierfür sind die erstaunlichen Eigenschaften weicher Materialien – etwa deren Fähigkeit, auf äußere Reize zu reagieren. Bei der Herstellung von innovativen Materialien werden diese bereits genutzt; dabei entstehen jedoch komplexe Systeme. Das Internationale GRK 1642 „Weiche Materie: Von molekularen Kräften zu neuen Materialien“ befasst sich mit der Herausforderung, die Synergien zwischen den steuernden Faktoren zu verstehen, sodass deren Einfluss auf die Materialeigenschaften kontrollierbar wird.
    (Sprecherhochschule: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Sprecher: Prof. Dr. Günter Reiter; Kooperationspartner: Université de Strasbourg, Frankreich)    
  • Lösungen für Skalenprobleme entwickeln, die in wissenschaftlich und öffentlich relevanten Feldern auftreten – das will das GRK 1644 „Skalenprobleme in der Statistik“ erreichen. Dazu gehören die Identifizierung von geeigneten Methoden, deren Anpassung sowie die Entwicklung neuer Modelle und Methoden. Näher betrachtet werden drei Anwendungsfelder – Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften und Genetik –, wobei die methodische Verbindung durch gemischte Modelle und die Geostatistik geschaffen wird.
    (Sprecherhochschule: Georg-August-Universität Göttingen; Sprecher: Prof. Dr. Martin Schlather)    
  • Das Internationale GRK 1627 „Virtual Materials and Structures and their Validation” will ein Forum für Forschung und Entwicklung der neuesten Methoden im Bereich von numerischen Simulationsverfahren, von virtuellen Experimenten und ihrer Validierung schaffen. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher aus Frankreich und Deutschland reagieren damit auf den hohen Forschungsbedarf, um robuste und zuverlässige Berechnungswerkzeuge für die Durchführung virtueller Experimente von Materialien und Strukturen zu entwickeln zu können. Daran orientieren sich die Schwerpunkte des interdisziplinären Forschungsprogramms, etwa die Arbeit an Themen der Methodik und der simulativen Durchführung virtueller Experimente sowie deren Validierung für Materialien und Strukturen.
    (Sprecherhochschule: Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover; Sprecher: Prof. Dr.-Ing. Peter Wriggers; Kooperationspartner: Ecole Normale Supérieure de Cachan, Frankreich)    
  • Unter dem Motto „doing space while doing gender“ will das GRK 1599 „Dynamiken von Raum und Geschlecht: entdecken – erobern – erfinden – erzählen“ die wechselseitigen Bezüge von Raum und Geschlechterkonstitutionen in aktuellen und historischen Gesellschaften inner- und außerhalb Europas untersuchen. Die geplanten Projekte zielen darauf ab, die Kategorie „Geschlecht“ in Forschungen zum Thema „Raum“ stärker zu berücksichtigen; sie erfährt bislang desto weniger Aufmerksamkeit, je globaler die Betrachtungsebene ist.
    (Sprecherhochschule: Universität Kassel, Georg-August-Universität Göttingen; Sprecherinnen: Prof. Dr. Rebekka Habermas, Göttingen/Prof. Dr. Renate Dürr, Kassel)    
  • Das GRK 1608 „Selbst-Bildungen – Praktiken der Subjektivierung in historischer und interdisziplinärer Perspektive“ befasst sich mit einer Frage, die nicht erst im Internet-Zeitalter von großer Relevanz ist: Wie wird ein Subjekt zum Subjekt? Konkret wird untersucht, wie Akteure in verschiedenen Zusammenhängen zu Subjekten gemacht und zum Beispiel durch Habitus oder Sprache als solche erkennbar werden. Die Analysen beziehen sich auf die historische Dimension von Selbst-Bildungen und stellen dabei Körper, Räume und Materialitäten in den Mittelpunkt.
    (Sprecherhochschule: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; Sprecher: Prof. Dr. Thomas Alkemeyer)    
  • Das Forschungsprogramm des GRK 1660 „Schlüsselsignale der Adaptiven Immunantwort“ will durch die molekulare Analyse von drei zentralen Zellpopulationen grundlegende Beiträge zum Verständnis der adaptiven Immunantwort unter physiologischen, aber auch pathophysiologi­schen Bedingungen liefern. Das Hauptziel ist die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem Gebiet der adaptiven Immunität.
    (Sprecherhochschule: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Sprecher: Prof. Dr. Hans-Martin Jäck)    
  • Das GRK 1539 „Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens“ befasst sich mit dem Zusammenspiel von Bild und Wissen, das eines der Kernthemen gegenwärtiger Forschung darstellt. Dabei sollen Prozesse der „Sichtbarmachung“ und „Sichtbarkeit“ in historischer wie aktueller Hinsicht in philosophischer wie in technischer Perspektive untersucht werden. Die hochschulübergreifende Einrichtung verbindet Kompetenzen aus Philosophie, Kunstgeschichte, Literatur- und Medienwissenschaft, Mediävistik, Kognitionspsychologie, Informatik sowie Kartografie und Mathematik.
    (Sprecherhochschule: Universität Potsdam; Sprecher: Prof. Dr. Dieter Mersch)    
  • Aktuelle Entwicklungen in der Arithmetik und der Analysis sind von einem zunehmenden Gebrauch geometrischer Sprache und Methoden geprägt. Der Schwerpunkt des GRK 1692 „Curvature, Cycles and Cohomology” soll auf der Entwicklung und Vermittlung gemeinsamer geometrischer, analytischer und topologischer Aspekte liegen. Zusätzlichen Nutzen versprechen der Transport von Ideen, Prinzipien und Methoden aus den teilnehmenden mathematischen Gebieten und die Anwendung auf deren zentrale Probleme.
    (Sprecherhochschule: Universität Regensburg; Sprecher: Prof. Dr. Ulrich Bunke

Kontakt
Dr. Annette Schmidtmann
Leiterin der Gruppe Graduiertenkollegs,Graduiertenschulen, Nachwuchsförderung
DFG-Geschäftsstelle
Tel.: +49 228 885 - 2424
E-Mail: Annette.Schmidtmann(at)dfg.de

Quelle: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Redaktion: Länder / Organisationen: Deutschland Frankreich Indien Themen: Bildung und Hochschulen Geistes- und Sozialwiss. Physik. u. chem. Techn. Lebenswissenschaften Wirtschaft, Märkte Engineering und Produktion Information u. Kommunikation Netzwerke

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