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Bedeutung internationaler Zusammenarbeit in der Spitzenforschung

Berichterstattung weltweit

Über die Bedeutung einzelner Regionen und Länder in der Spitzenforschung anhand des NatureIndex wurde bereits in früheren KI-News (22.4. und 1.10.2015) berichtet. In einer neuen Sonderausgabe von Nature wird die Rolle der internationalen Zusammenarbeit in der Spitzenforschung beleuchtet.

Internationale Netzwerke von Forschergruppen spielen eine immer größere Rolle bei der Veröffentlichung von Wissenschaftsartikeln mit einem hohen „impact“. Im Umkehrschluss heißt das, dass Forscherinnen und Forscher, die nicht Teil dieser Netzwerke sind, zunehmend marginalisiert werden. Für aufstrebende Schwellenländer wie China bedeutet dies, dass die nationale Forschungspolitik vor allem den Zugang zu internationalen Netzwerken der Spitzenforschung fördern muss, um im Innovationswettlauf bestehen zu können.

Die Herausgeber der Sonderausgabe postulieren in ihrem Vorwort  ein „Viertes Zeitalter“ der Forschung, in dem internationale Zusammenarbeit und Netzwerke mehr zählen als einzelne Forscherinnen und Forscher, Institutionen und Staaten. Forschung, die aus internationaler Zusammenarbeit hervorgeht findet mehr Beachtung als in rein nationaler Autorenschaft veröffentlichte Artikel und wird häufiger zitiert. Dies ist eine Entwicklung der jüngeren Vergangenheit. Noch in den 1980er Jahren lag der Anteil internationaler Ko-Publikationen in den führenden Industrienationen (G7) bei unter 5 Prozent. Seitdem hat sich dieser Anteil stetig erhöht, nicht zuletzt durch die Möglichkeiten eines immer kostengünstigeren Reisens und moderner Medien, aber auch durch das steigende Bewusstsein des allgemeinen Wertes internationaler Wissenschaftszusammenarbeit; besonders deutlich wird dies in Fächern wie Astronomie und Teilchenphysik, die innovativ nur mit sehr kostenintensiven Forschungsinfrastrukturen betrieben werden können, die sich kein einzelner Staat leisten kann.

Der NatureIndex zeigt, dass insbesondere führende europäische Forschungseinrichtungen, wie das französische CNRS, die Max-Planck-Gruppen, aber auch die Universitäten von Oxford und Cambridge sowie das Imperial College erfolgreich eigene internationale Netzwerke aufgebaut haben. Mehr als die Hälfte aller britischen Publikationen hat einen oder mehrere Ko-Autoren, vor allem aus den USA, Deutschland und Frankreich. Spanien und Portugal, die sich aufgrund ihrer Geschichte und Sprache eher nach Lateinamerika orientieren, sind hingegen kaum in den Clustern europäischer Spitzenforschung vertreten. Andere Wissenschaftsbeziehungen entfernen sich von traditionellen Bindungen. So war die Forschung in Australien lange eng mit der in Großbritannien verknüpft; in jüngerer Zeit orientiert sich das Land stärker in die asiatisch-pazifische Region, vor allem nach China.

Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde, China und Indien, entwickeln sich nicht nur wirtschaftlich dynamisch, sondern auch in Forschung und Entwicklung. In Bezug auf die Intensität internationaler Kooperationen verläuft die Entwicklung jedoch unterschiedlich. Neben starken nationalen Netzwerken um die Chinese Academy of Sciences (CAS) hat China internationale Kooperationen insbesondere mit den USA ausgebaut; hier liegen die Peking und Tsinghoa Universität noch vor der CAS. In Indien ist die internationale Zusammenarbeit hingegen weniger intensiv. Dies gilt – wenngleich weniger ausgeprägt – auch für andere Schwellenländer. Diese Länder schöpfen somit das Potential, das in einer Zusammenarbeit mit erfahrenen Spitzenclustern in Europa und Nordamerika liegt, für ihre Entwicklung nicht aus. Auf der anderen Seite haben damit aber auch führende Wissenschaftsnationen nur eingeschränkt Einblicke in sich rasch entwickelnde Wirtschaftsräume mit erheblichem Innovationspotential.

Die Beteiligung von Industrieunternehmen an internationalen Publikationen ist ein Hinweis auf den Anwendungsbezug von Forschung. Die in NatureIndex erfassten führenden Fachzeitschriften zeigen, in welchen Regionen diese Cluster mit Industriebeteiligung liegen: eine starke Schnittstelle bilden Europa, Nordamerika und der asiatisch-pazifische Raum, wobei chinesische Netzwerke kaum beteiligt sind. Allerdings legt die Industrie ihre Beteiligung aus strategischen Gründen nicht in allen Fällen offen, sodass dieser Befund vermutlich nur einen Teil der internationalen Forschungskooperationen  widerspiegelt.

J. Adams, T. Loach, Nature, S58 (2015)

Dr. habil. Ludwig Kammesheidt

Redaktion: von Friederike Mang Länder / Organisationen: Themen: Netzwerke Strategie und Rahmenbedingungen

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