StartseiteAktuellesNachrichtenDeutsch-französische Forschungsinitiative zu pestizidarmer Landwirtschaft

Deutsch-französische Forschungsinitiative zu pestizidarmer Landwirtschaft

Internationalisierung Deutschlands, Bi-/Multilaterales

Ist eine Landwirtschaft ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel möglich? Um diese Frage zu beantworten, gehen deutsche und französische Forscherinnen und Forscher jetzt gemeinsam voran: Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. hat mit dem französischen Nationalen Institut für Agrarwissenschaften (INRA) sowie dem Julius Kühn-Institut (JKI) eine in dieser Form einzigartige europaweite Forschungsinitiative ins Leben gerufen.

Das erklärte Ziel: den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2050 auf ein Minimum zu reduzieren. Am 17. Mai 2019 treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Spitzenforschung in Berlin, um ein Strategiepapier und eine Roadmap zu entwickeln, Forschungslücken zu identifizieren und sukzessive zu schließen.

Pflanzenschutzmittel auf der Grundlage chemisch-synthetischer Wirkstoffe werden heute weltweit intensiv in der Landwirtschaft eingesetzt, um Pflanzen und Ernte gegen Schädlinge und Krankheitserreger zu schützen. Das Verwenden dieser Pestizide hat aber auch Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Zudem weisen immer mehr wissenschaftliche Studien darauf hin, dass der Pestizideinsatz die Biodiversität und bei nicht sachgemäßer Verwendung die menschliche Gesundheit negativ beeinträchtigen kann. Zudem ist über die Kombinationswirkungen von Pestiziden wenig bekannt. Sie alternativlos von heute auf morgen zu verbieten, würde aber einen großen Teil der Landwirtschaft vor große Probleme stellen.

Sicher sind sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von ZALF, JKI sowie INRA in einem Punkt: Um den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln drastisch zu reduzieren, braucht es grundlegende Veränderungen in der Landwirtschaft. Daher begannen sie bereits im Jahr 2018 unter dem Titel „Towards chemical pesticide-free agriculture“ gemeinsam mit anderen Europäischen Einrichtungen mit der Erarbeitung einer Forschungsstrategie. Im Oktober 2018 stellten sie einen ersten Entwurf im Rahmen eines internationalen Workshops in Paris vor. Dies war der Startschuss für ein europäisches Netzwerk, das sich das Ziel gesetzt hat, auf der Grundlage von exzellenter Forschung den Weg in eine pestizidärmere Landwirtschaft vorzubereiten.

Der gemeinsame Strategieentwurf wurde in der Zwischenzeit weiterentwickelt und versucht nun erstmals einen einheitlichen und abgestimmten Rahmen für die weitere Forschung zu setzen, enthält Denkanstöße für Politik und Gesellschaft und bildet den Startpunkt für ein weiterwachsendes europäisches Forschungsnetzwerk. Es richtet den Fokus insbesondere auf die aktuellen Herausforderungen, die in der konventionellen Landwirtschaft überwunden werden müssen, denn Quantität, Qualität und Preis der landwirtschaftlichen Produkte hängen oftmals stark vom Pestizideinsatz ab. Weiteres großes Potenzial sehen die Forschenden in der Pflanzenzüchtung.

Die Digitalisierung und neue technische Entwicklungen sind für den Umstieg in eine pestizidarme Landwirtschaft weitere hilfreiche Bausteine, die gezielt genutzt werden müssen. Zudem ist es nötig, das Wissen um Alternativen zu chemischen Pestiziden, wie zum Beispiel die Nutzung von Mikroorganismen und Pflanzenextrakten, zu erweitern und die Interaktion von Pflanzen und ihren Schädlingen beziehungsweise Krankheitserregern intensiv zu erforschen. Hier bedarf es insbesondere Langzeituntersuchungen, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Anbau- und Produktionsmethoden müssen auf den Prüfstand gestellt und neu bewertet, Züchtungsfortschritte besser genutzt werden. Welche Forschungsanstrengungen dafür in den kommenden Dekaden nötig sind, skizziert die vorliegende Forschungsstrategie und soll nun in einer Roadmap und einem Strategiepapier weiter konkretisiert werden.

„Wir wollen den Weg zu pestizidärmeren Agrarsystemen von Morgen aktiv mitgestalten“, fasst Prof. Dr. Frank Ewert, Wissenschaftlicher Direktor des ZALF und Mitinitiator der Initiative, zusammen. „Die europäische Agrarforschung könnte hier weltweit eine Vorreiterrolle einnehmen und gemeinsam mit Politik und der Praxis nicht nur klima- und umweltfreundlichere Anbausysteme, sondern auch neue innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts hervorbringen.“

Quelle: Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V. via IDW Nachrichten Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Strategie und Rahmenbedingungen Umwelt u. Nachhaltigkeit Wirtschaft, Märkte

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