StartseiteAktuellesNachrichtenDeutsch-israelisches Forschungsprojekt: Nach der Jugendhilfe an die Hochschule?!

Deutsch-israelisches Forschungsprojekt: Nach der Jugendhilfe an die Hochschule?!

Am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, was mit Kindern und Jugendlichen nach der stationären Jugendhilfe passiert. In Kooperation mit Studierenden und Wissenschaftlern aus Israel entwickeln die Forscher bis 2014 ein Unterstützungsnetzwerk für Studierende. Erstmals wird in Deutschland systematisch untersucht, vor welchen Herausforderungen die jungen Erwachsenen stehen. Hochschulen beachten diese kaum, kritisieren die Forscher. Finanziert wird das zweijährige Projekt bis 2014 mit 288.000 Euro durch die Jacobs Stiftung.

Im Forschungsprojekt „Higher Education without family support“ untersuchen Wissenschaftler der Universität Hildesheim, der Hebrew University Jerusalem und der Bar Ilan University in Ramat Gan, wie Universitäten junge Menschen im Studium unterstützen, die einen Teil ihrer Kindheit oder Jugend außerhalb ihrer Herkunftsfamilie verbracht haben. Welche Herausforderungen stellen sich für diese jungen Erwachsenen im Studium?

Internationale Pilotstudien zeigen, dass vor allem beim Zugang zu den Hochschulen selbst sowie zum Erreichen eines erfolgreichen Abschlusses besondere Unterstützungsbedarfe auftreten. Vorhandene Datenlagen etwa aus Großbritannien zeigen, dass nur ungefähr eine/r von Hundert Jugendlichen aus der stationären Jugendhilfe, dort Care Leavers genannt, es an die Universität schafft. In Deutschland hingegen werden die besonderen Lebenssituationen und Bildungsaspirationen von Care Leavers bislang kaum erforscht.

„Jugendhilfeeinrichtungen, Jugendämter und Hochschulen beachten die besonderen Herausforderungen dieser jungen Erwachsenen kaum“, kritisieren Dr. Katharina Mangold und Benjamin Strahl, die am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik das Projekt durchführen. „Der Zugang zu höheren Bildungswegen wird in der Regel weder gefördert noch als reelle Perspektive angesehen. Bei ihrer Entscheidung an die Hochschule werden sie häufig allein gelassen und müssen auf informelle Netzwerke zurückgreifen. Die jungen Erwachsenen erfahren kaum soziale, finanzielle und praktische Unterstützungsangebote.“ Während andere Studierende sich auf ein unterstützendes Elternhaus verlassen können, trifft dies in aller Regel für Care Leavers nicht zu. So bedeutet etwa die Lücke zwischen Schule und Studium nicht Freiheit, sondern Antragsstress, Finanzierungslücke und Hoffen auf fristgerechte Überweisungen des BAföG.

Neben der Erforschung der Lebenslage von Studierenden nach der Jugendhilfe zielt das deutsch-israelische Forschungsprojekt darauf ab, ein Netzwerk von Care Leavers aufzubauen. In diesem Netzwerk sollen sich die Studierenden gegenseitig unterstützen, Informationen aufbereiten und gemeinsam Forderungen artikulieren. Das nächste Treffen von ca. 20 Care Leavers aus Norddeutschland findet am 27. Oktober 2012 an der Universität Hildesheim statt. In Deutschland ist dies das erste Netzwerk, das sich mit dem Übergang aus der Jugendhilfe an Hochschulen beschäftigt. Insbesondere in England sind Initiativen für und von Care Leavers zu beobachten. Gemeinsames Ziel all dieser Initiativen ist es, den Studierendenanteil von jungen Erwachsenen aus außerfamilialen Jugendhilfemaßnahmen zu steigern und eine Infrastruktur zu entwickeln, die es ihnen ermöglicht, ihr Studium erfolgreich abzuschließen.

Die gewonnenen Erkenntnisse fließen an die Jugendhilfeeinrichtungen und Hochschulen zurück, um den Zugang zu höherer Bildung populärer zu machen und zu erleichtern. 

Studierende Gesucht

Für den gemeinsamen Aufbau des Unterstützungsnetzwerks sucht das Projekt „Higher Education without Family Support“ weiterhin Studierende mit Jugendhilfeerfahrung im stationären Bereich (Pflegefamilie, Wohngruppe oder Erziehungsstellen). Ziel ist es, die Situation von Care Leavers an Hochschulen zu verbessern, den Zugang zu erleichtern und Unterstützungsmöglichkeiten zu eröffnen. Interessierte melden sich bei Benjamin Strahl und Katharina Mangold.

Kontakt

Institut für Sozial- und Organisationspädagogik
Stiftung Universität Hildesheim
Katharina Mangold und Benjamin Strahl
Tel.: 05121.883-894
E-Mail: strahl(at)uni-hildesheim.de  oder
katharina.mangold(at)uni-hildesheim.de

Quelle: Stiftung Universität Hildesheim Redaktion: Länder / Organisationen: Israel Themen: Bildung und Hochschulen Geistes- und Sozialwiss.

Projektträger