StartseiteAktuellesNachrichtenEU-Projekt AMPHORA: Evidenzbasierte politische Maßnahmen für Alkohol

EU-Projekt AMPHORA: Evidenzbasierte politische Maßnahmen für Alkohol

Europäer sind die stärksten Trinker der Welt. Der Pro-Kopf-Konsum liegt bei etwa 12 Liter reinen Alkohols pro Jahr für jeden EU-Bürger über 15 Jahre oder knapp unter drei Standardgläsern pro Tag in den meisten europäischen Ländern.

Diese Zahlen hat das von der EU finanzierte Projekt AMPHORA (Alcohol Public Health Research Alliance) ermittelt, das politischen Entscheidungsträgern zu einem besseren und wissenschaftlich begründeten Verständnis der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Faktoren, die bei einem derart hohen Alkoholkonsum eine Rolle spielen, verhelfen und damit die gesundheitlichen und sozialen Schäden verringern will.

Einer Schätzung der Forscher des Projekts zufolge sterben etwa 138 000 Personen im Alter von 15 bis 64 Jahren jedes Jahr vorzeitig durch Alkohol, die meisten an Leberzirrhose, alkoholbedingten Verletzungen und Krebs.

Sie untersuchten auch die Auswirkungen von Maßnahmen der öffentlichen Gesundheit in Verbindung mit Alkohol, wobei sie sich mit Bereichen beschäftigten, die zuvor nicht umfassend untersucht wurden. Ihre Forschungsarbeiten umfassten Analysen der Auswirkung von Wirtshäusern, Preisen, Marketing, Therapieverfügbarkeit, Ersatzalkohol, Überwachungssystemen, Rechtsvorschriften sowie nationaler und EU-Politik.

Sie fanden heraus, dass in Ländern mit strengerer und umfassender Alkoholpolitik normalerweise auch der Konsum niedriger ist. Politische Maßnahmen, mit denen Preise und Verfügbarkeit geregelt werden, sind besonders wirksam, wenn es darum geht, die durch Alkohol verursachten Schäden zu verringern. Dem Projekt zufolge werden derartige Regelungen in der gesamten EU strenger, insbesondere in den östlichen Mitgliedsländern.

Sie fanden außerdem heraus, dass die Beteiligung von Alkoholproduzenten am politischen Entscheidungsprozess tendenziell zu einer liberaleren Alkoholpolitik führt. Die Beteiligung von Forschern jedoch habe eine strengere Politik zur Folge, sagt Professor Peter Anderson, der internationale Koordinator des Projekts.

Professor Anderson hat sich auf die Erforschung von Drogenkonsum, Politik und Praxis spezialisiert und arbeitet am Institute of Health and Society der Newcastle University in England.

Er sagt: "Die Probleme mit der Werbung für Alkohol ähneln denen, die es gab, als die Zigarettenwerbung verboten wurde, als die Versuche den Inhalt zu kontrollieren zu stärker verschlüsselten und einfallsreicheren Werbekampagnen führte. So wird es auch mit der Alkoholwerbung gehen, daher wollen wir ein vollständiges Verbot und Warnhinweise auf dem Alkohol, um auf die Krebsgefahr aufmerksam zu machen. Außerdem müssen Lösungen umgesetzt werden, um die Therapielücke zu schließen. Wir müssen unsere Forschungsergebnisse dafür einsetzen, alkoholbedingte Probleme in Europa einzuschränken."

Die Forscher stellten auch eine enorme Kluft zwischen dem Bedarf und dem tatsächlichen Angebot an Therapiemöglichkeiten für Alkoholabhängige - wem hat ein Arzt wirklich geholfen und wer wurde daraufhin behandelt.

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Einfluss, den Online-Alkohol-Marketing und das Sponsoring von Sportveranstaltungen durch Alkoholproduzenten auf junge Leute haben. Die Forscher des Projekts fanden heraus, je stärker 13- bis 16-Jährige Online-Alkohol-Marketing und dem Sponsoring von Sportveranstaltungen durch Alkoholproduzenten ausgesetzt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie innerhalb der nächsten 14 bis 15 Monate Alkohol trinken.

Nahezu ein Drittel der Schüler gab an, eine Social-Media-Website zu besuchen, auf der Werbung für Alkohol gemacht wird, und zwei Drittel geben an, Alkoholwerbung auf einer Internetseite bemerkt zu haben.

Daraus schlussfolgerten die Forscher Prof. Anderson zufolge, dass 13- bis 16-Jährige nicht den Eindruck haben würden, ihnen werden Informationen vorenthalten, wenn Werbung für Alkohol verboten wird.

Das AMPHORA-Projekt stellte außerdem fest, dass Trinker in der EU mehr als 600 Mal den Grenzwert überschreiten, den die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit für genotoxische Karzinogene festgelegt hat.

Ethanol, die in alkoholischen Getränken vorkommende Art von Alkohol, wird von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als karzinogen eingestuft. In mehreren Studien wurde festgestellt, dass Alkohol das Risiko für Krebs in Mundhöhle und Rachen, Speiseröhre, Magen, Darm, Rektum und Brust erhöhe, fügt Professor Anderson hinzu.

Das AMPHORA-Projekt leistete auch wissenschaftliche Unterstützung bei der Gestaltung der Alkoholpolitik durch die Europäische Forschungsallianz für Alkoholpolitik (European Alcohol Policy Research Alliance), die aus 33 Partnern aus Forschungszentren und öffentlichen Verwaltungseinrichtungen aus 14 Ländern besteht.

Das Projekt wurde von Dr. Antoni Gual von der Foundation for Biomedical Research in Barcelona verwaltet und mit Finanzmitteln in Höhe von 4 Mio. EUR unterstützt, wovon die EU 3 Mio. EUR bereitstellte.

An diesem Projekt war ein Konsortium bestehend aus 22 Partnerinstitutionen aus 12 EU-Ländern und verbundenen Organisationen beteiligt.

Quelle: CORDIS - Nachrichten Redaktion: Länder / Organisationen: EU Themen: Ethik, Recht, Gesellschaft Lebenswissenschaften

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