StartseiteAktuellesNachrichtenFrankreich: Der "Haut Conseil de l' Éducation" (HCE) mahnt eine Reform der Kollegstufe an

Frankreich: Der "Haut Conseil de l' Éducation" (HCE) mahnt eine Reform der Kollegstufe an

Das 9-köpfige oberste Beratungsgremim für Fragen der Bildungspolitik bezeichnet das "collège" in seinem dem Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am 1.10.2010 übergebenen 54 Seiten umfassenden "Jahresbericht 2010" ("Bilan des résultats de l' École") als schwächstes Glied des französischen Schulsystems. Der Bericht, der den Titel "Le college" trägt, liegt mit dieser Bewertung auf der Linie der vom französischen Rechnungshof im Frühjahr 2010 vorgelegten Analyse.

Danach verfügen 20 % der 15 Jahre alten Schüler des im Jahre 1975 eingeführten "collège unique"  in Französisch und in Mathtematik nicht über die notwendigen Basiskenntnisse ("connaissances de base"); ein Faktum, das durch die letzten PISA-Studien bestätigt wurde.

Der HCE erkennt zwar als "acquis majeur" der Reform von 1975 die "Demokratisierung des Schulwesens" an, unterstreicht aber andererseits, dass die französische Schule noch weit davon entfernt ist, die sozialen Ungleichheiten abzubauen. Wegen der in der Schulwirklichkeit der einzelnen "collèges" bestehenden bedeutenden Disparitäten und dem - mehr oder weniger verschleierten - Bestehen von Wegen und Strategien seitens besser informierter Familien, diese zu umgehen, trage das "collège unique" nur den Namen. DER HCE sieht den wichtigsten Grund für die auch von ihm festgestellte Schwäche der Kollegstufe in dem Fehlen sozialer Vermischung ("mixité sociale").

Die Kolleg-Stufe leide  - so der HCE - auch darunter, dass seine ihm zugedachten Aufgaben als Zwischenglied zwischen der Grundschule und der sich anschließenden Lyzeumsstufe nie klar definiert worden seien: "Ist das "collège" die Verlängerung der Grundschule oder soll es in erster Linie auf die Lyzeumsstufe vorbereiten ?" Hierüber gehen die Meinungen der Experten und der Erziehungswissenschaftler auseinander.

Seit dem Jahre 2007 habe die Regierung zwar die Grundschule und das Lyzeum einer Reform unterzogen - so Le Figaro unter der Überschrift "Constat d' échec pour le collège unique" - aber noch nicht das "dringende Symbol" der Kollegstufe in Angriff genommen.

Der Generalsekretär des Élysée-Palstes M. Claude Guenat, der am 1.10.2010 den Bericht des HCE für den verhinderten Staatspräsidenten entgegennahm, führte in seiner Ansprache aus, der Staatspräsident messe von den Vorschlägen des HCE den drei folgenden Empfehlungen besondere Bedeutung bei:

  1. einer besseren Verknüpfung von Grundschule und Kollegstufe unter Orienierung an der Praxis der "réseaux ambitions réussies"
  2. einer stärker nach Fächern differenzierenden pädagogischen Herangehensweise im Geiste des "socle commun des connaissances", von dem auch der HCE sage, dass er auf der Kollegstufe noch in einem unbefriedigenden Maße Anwendung finde
    Es gehe - so der Staatspräsident - darum, Fächergruppen zu sytematisieren.
  3. einer größeren Autonomie der einzelnen "collèges", um es den Lehrkräften je nach den örtlichen Gegebenheiten zu ermöglichen, sich stärker dem spezifischen Profil ihrer Schüler anzupassen.

Erziehungsminister Luc Chatel hat verlauten lassen, dass die Reform der Kollegstufe nicht vor dem Jahre 2012 entscheidungsreif sei. Er gab jedoch zu erkennen - so Le Figaro - dass die vom HCE vorgeschlagenen Reformschritte weitgehend mit den Zielen der von ihm verfolgten Bildungspolitk übereinstimmten.

Quelle: Le Figaro vom 2.10. / 3.10.2010 Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Berufs- und Weiterbildung Bildung und Hochschulen

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