StartseiteAktuellesNachrichtenFrankreich: Die Gesamtschule französischen Typs gerät als für alle Schüler obligatorische Schulform verstärkt unter Kritik

Frankreich: Die Gesamtschule französischen Typs gerät als für alle Schüler obligatorische Schulform verstärkt unter Kritik

Hierüber berichtet Le Figaro in seiner Ausgabe vom 11.5.2011 unter der Übertschrift "Die Debatte betreffend das 'collège unique' wiederbelebt"

Erziehungsminister Luc Chatel hat in einem Rundschreiben, das im Journal Officiel vom 5.5.2011 veröffentlicht wurde, eine Evaluierung der Lernergebnisse am Schuljahresende der letzten Grundschulklasse (CM 2) angekündigt ("évaluation - bilan"). Die tradionell schnell reagierenden Lehrergewerkschaften sehen darin einen ersten Schritt auf dem Wege der Rückkehr zu einer Auswahl der Schüler im Übergang zur vierjährigen Kollegstufe ("classe de sixième") und damit zu einer "Aufschnürung des Einheitskollegs".

Auf dieser Linie liegt es - so die Verfechter des "collège unique" -, dass im nächsten Jahr in einigen Fächern die Evaluierung des Leistungsniveaus der Schüler der 2. Klasse der Kollegstufe ("classe de cinquième") an 50 an der Evaluierung freiwillig teilnehmenden Einrichtungen vorgesehen ist. Eine solche Evaluierung könnte dann - so wird vermutet - im Jahre 2013 landesweit eingeführt werden. Soll sie dazu benutzt werden, um eine Diversifizierung des Bildungsweges der Schüler ab der 3. Klasse der Kollegstufe ("classe de quatrième") vorzubereiten?

In diesem Zusammenhang spielt eine Rolle, dass die Ausbildung junger Menschen auf dem Wege einer beruflichen Lehre immer mehr Befürworter findet. Die Schüler der Kollegstufe könnten sich z. B. ab dem 15. Lebensjahr in einem beruflichen Ausbildungszentrum unter Beibehaltung ihres schulischen Status einschreiben.

Das im Jahre 1975 unter der Präsidentschaft von Giscard d'Estaing eingeführte Kolleg hatte zum Ziel, soziale Ungleichheiten abzubauen. In Meinungsumfragen aus jüngster Zeit wird das Kolleg in seiner heutigen Form regelmäßig sowohl von Seiten der Eltern als auch von Seiten der Lehrer kritisch bewertet. Letztere haben es seit der Ausdehnung der Schulpflicht bis zum 16. Lebensjahr gegenüber früher mit immer heterogener zusammengesetzten Klassen zu tun. Für viele von ihnen ist der Anspruch des Kollegs, alle Schüler aufzunehmen, unrealistisch.

Auch wenn die Lehrergewerkschaften mehrheitlich gegen eine frühe Auslese der Schüler eingestellt sind, vertritt die Teilgewerkschaft Snalc, die traditionell ein Gegner des "collège unique" ist - sie spricht deshalb vom "collège inique" -, die Auffassung, dass die derzeitige Regierung in dieser Frage noch nicht weit genug gehe.

Die die zzt. die Regierung tragenden Parteien sind in der Frage der künftigen Gestalt des Kolleg gespalten. In einer Feststellung sind sie sich jedoch einig: "Das Kolleg erfüllt seine Rolle, das Bildungsniveau aller Schüler anzuheben, schlecht"; in diesem Zusammenhang werden u. a. die wachsende Anzahl von Gewalttätigkeiten seitens Heranwachsender in den Schulen der Kollegstufe und die besorgniserregende Zahl von Schulabbrechern erwähnt.  

Quelle: Le Figaro vom 11.5.2011 Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Strategie und Rahmenbedingungen Bildung und Hochschulen

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