StartseiteAktuellesNachrichtenFrankreich: Ministerrat verabschiedet Entwurf zur Novellierung des Bioethikgesetzes und leitet diesen an das Parlament weiter

Frankreich: Ministerrat verabschiedet Entwurf zur Novellierung des Bioethikgesetzes und leitet diesen an das Parlament weiter

Der 33 Artikel umfassende, am 20.10. verabschiedete Gesetzentwurf "projet de loi relatif à la bioéthique" wurde am gleichen Tag von der Nationalversammlung als Drucksuche 2911 veröffentlicht. Die wichtigsten Neuerungen gegenüber der Gesetzesfassung von 2004 sind: Erleichterungen bei der Nierenspende unter Lebenden bei Inkompatibilität zwischen untereinander spendebereiten Partnern ("don croisé d' organes"), die Fortentwicklung des bei einer künstlichen Befruchtung einzuhaltenden Verfahrens, die stärkere Berücksichtigung des Kindesinteresses bei der Offenlegung der Identität der Spender von Gameten, die Möglichkeit künstlicher Befruchtung auch bei außerehelichen Lebenspartnerschaften, eine Lockerung der Vorschriften betreffend die Forschung an Embryonen und embryonalen Stammzellen.

In der Reihenfolge der Artikel des Gesetzentwurfs behandeln:

Titel I "Untersuchung genetischer Eigenschaften"

in den Artikeln 1 bis 4 die Präzisierung des bei der Durchführung genetischer Untersuchungen zu medizinischen Zwecken einzuhaltenden Verfahrens; insbesondere die Modalitäten der Unterrichtung von Familienmitgliedern der untersuchten Person; die Unterrichtung unterliegt wegen der notwendigen Gewährleistung des ärztlichen Berufsgeheimnisses und wegen des Schutzes der Privatsphäre der untersuchten Person besonderen Anforderungen, die bei schwerwiegenden Krankheitsbildern gegen das Schutzbedürfnis der Familienangehörigen abzuwägen sind.

Titel II "Organe und Zellen"

in Artikel 5 die Zulässigkeit einer Überkreuz-Organspende von Nieren unter Lebenden bei Inkompatibilität eines untereinander spendebereiten Paares und das hierbei einschlägige Verfahren

in den Artikeln 6-8 die Bestimmungen über die Verwendung zu therapeutischen oder wissenschaftlichen Zwecken des bei einer Kindesgeburt anfallenden Blutes (Nabelschnur-Blut)  sowie anfallender Zellen. Sie werden dahingehend geändert, dass statt der bisherigen Regelung des "Nicht-Widerspruchs" die Mutter noch während ihrer Schwangerschaft ihre schriftliche Zustimmung erklären muss. Die Blutentnahme und -konservierung für körpereigene (autologe) Verwendung ist unzulässig.

Titel III "Vorgeburtliche Diagnostik, Präimplantations-Diagnostik und Echographie"

in den Artikeln 9 bis 12 die Aktualisierung der bisher geltenden Regelungen betreffend die Aufklärung der Frau über mögliche Risiken und die schriftliche Zustimmungserklärung der Frau

Titel IV "Schwangerschaftsunterbrechung aus medizinischen Gründen"

in Artikel 13 die Präzisierung des fachlichen Profils der an der Entscheidung mitwirkenden vier Ärzte (künftig vier statt bisher drei Ärzte)

Titel V "Zugang zu nicht identifizierenden Daten der Spender von Gameten und Offenlegung der Identität der Spender von Gameten"

in den Artikeln 14 bis 18 im Falle einer künstlichen Befruchtung den erleichterten Zugang für das volljährig gewordene Kind  zu der Identität des Spenders (die Zustimmung des Spenders ist auch künftig erforderlich); darüber hinausgehende Informationen über den Spender werden nur dann erfasst, wenn sich der Spender im Zeitpunkt der Spende damit einverstanden erklärt hatte.  

Titel VI "Ärztliche Hilfestellung bei der Kindeszeugung"

in den Artikeln 19 bis 21 u. a. die Inanspruchnahme einer künstlichen Befruchtung auch durch außereheliche Lebenspartnerschaften heterosexueller Paare.

Titel VII "Forschung an Embryonen und embryonalen Stammzellen"

in den Artikeln 23 bis 24 eine signifikative Lockerung der bisher geltenden Bestimmungen über Forschungen an Embryonen und embryonalen Stammzellen; die bisher bestehende Fünfjahresfrist, während der das Gesetz in der Fassung des Jahres 2004 die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen vorsieht,  fällt künftig weg. Die grundsätzliche Unzulässigkeit solcher Forschungen bleibt - vorbehaltlich der von der "Agence de biomédecine" unter bestimmten Voraussetzungen künftig auf Dauer zu erteilender Ausnahmegenehmigungen - unberührt. Anstelle des bisher hierfür maßgebenden Begriffs von "progrès thérapeutiques majeurs" tritt der Begriff "progrès médicaux majeurs"; dies soll künftig auch Forschungen zu Fragen der Diagnostik und Prävention erlauben.

Der Gesetzentwurf sieht eine Überprüfung des Gesetzes nach dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren ("clause générale de révision") nicht mehr vor.

Dem Gesetzentwurf in der Fassung der oben bezeichneten Drucksache der Nationalversammlung ist eine 82 Seiten umfassende "Studie über die mit dem Gesetzentwurf verbundenen Folgen" ("Etude d' impact") beigefügt.

Quelle: Le Figaro vom 20.10.2010 Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Lebenswissenschaften Ethik, Recht, Gesellschaft

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