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Frankreich plant Bau von Atomreaktoren der vierten Generation

Im Rahmen seiner Energiewende will Frankreich bis 2025 den Anteil nuklearer Energie an der Stromversorgung auf 50 % senken. Wie die Ministerin für Umwelt und Energie, Ségolène Royal, nun bekannt gab, sollen perspektivisch bestehende Atomreaktoren durch neue ersetzt werden, um darüber hinaus dieses Niveau zu erhalten.

"Wir teilen nicht die Einschätzung der Umweltbewegung, die sagt, wir müssen komplett aus der Atomenergie aussteigen. Die Regierung geht einen anderen Weg: Die Regierung will aus dem ‚Alles-Atomenergie‘ (tout nucléaire) aussteigen – da gibt es eine wichtige Nuance.", entgegnete Ségolène Royal, auf die Kritik, die ihre Ankündigung ausgelöst hatte. Man wolle die Erfahrungen der Reaktoren der dritten Generation (EPR, Atmea) nutzen und insbesondere die Entwicklung von Reaktoren der vierten Generation voranbringen, die weniger Brennstoffe benötigen und weniger Abfall produzieren. Frankreich engagiert sich im Rahmen des vor 15 Jahren gegründeten Generation IV International Forum (GIF) zusammen mit weiteren elf Ländern und Euratom für die Weiterentwicklung der Atomenergie.

Bis 2040-50 soll in Frankreich nun ein marktfähiger Schnell-Neutronen-Reaktor (Réacteur à neutrons rapides, RNR) entstehen, eine von sechs Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Reaktoren, die die GIF vorschlägt. Diese benötigen deutlich weniger Uran, befinden sich allerdings noch in der vorindustriellen Entwicklung. Sie sind die Folgemodelle des "Superphénix"-Reaktors, der aktuell in Creys-Malville zurück gebaut wird. Die Behörde für Atom und alternative Energie (Commissariat à l’enérgie atomique et aux énergies alternatives, CEA), EDF und Areva arbeiten hierfür zusammen mit Unternehmen (Alstom, Bouygues, Toshiba, Rolls Royce …) an einer Technologie, die Natrium als Wärmeübertragungsmittel nutzt. In den meisten der 440 Reaktoren, die es weltweit gibt, regelt Wasser die Geschwindigkeit der Neutronen und leitet die produzierte Wärme. Die RNR hätten den alten Modellen gegenüber zahlreiche Vorteile: sie verbrennen spaltbares Uran (U235), das nur zu 0,7% aus natürlichen Uran besteht, aber auch nicht spaltbare Isotope (U238), das die Schnellneutronen in Plutonium (PU239) verwandeln, welches wiederum spaltbar ist. Die vorhandenen Uranreserven würden laut der Schätzung des CEA so noch mehrere tausend Jahre genügen. Dadurch wäre eine Anreicherung von Uran nicht mehr nötig und das Risiko atomarer Aufrüstung würde sinken. Die Reaktoren verbrennen zudem Plutonium sowie einen Teil der radioaktivsten Abfälle, von denen in den letzten 60 Jahren nach der Einschätzung der World Nuclear Association (WNA) weltweit 1,5 Millionen Tonnen angehäuft wurden.

Die französische RNR-Demonstrationsanlage soll Astrid (Advanced Sodium Technological Reactor for Industrial Demonstration) heißen und befindet sich unter der Federführung des CEA in der Konzeptphase. Ob sie gebaut wird, wird 2020 entschieden und hängt vor allem von Sicherheitsfragen ab. Denn wenn Natrium mit Wasser oder Luft in Berührung kommt, explodiert bzw. verbrennt es. Zur Debatte steht auch die Kostenfrage: Bisher wurden 650 Millionen Euro im Rahmen des Investitionsprogramms "Zukunftsinvestitionen" zur Verfügung gestellt. Die Gesamtkosten für Astrid werden jedoch auf über 5 Milliarden Euro geschätzt. 

Quelle: Le Monde, L’Usine nouvelle Redaktion: von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule Länder / Organisationen: Frankreich Global Themen: Energie

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