StartseiteAktuellesNachrichtenFrankreich: Probebohrungen und Gewinnung von Öl und Gas aus Schieferformationen stehen vor vorläufigem parlamentarischem Aus

Frankreich: Probebohrungen und Gewinnung von Öl und Gas aus Schieferformationen stehen vor vorläufigem parlamentarischem Aus

Ohne das Ergebnis des in einem fortgeschrittenen Stadium stehenden Berichts einer hochkarätigen Sachverständigengruppe abzuwarten, hat die französische Nationalversammlung im beschleunigten Verfahren in 1. Lesung ein Gesetz beschlossen, das die umstrittene hydraulische Frakturierung untersagt. Das Gesetz beruht auf einem Gesetzesvorschlag des Abgeordneten Christian Jakob, des Vorsitzenden der UMP-Mehrheitsfraktion in der Nationalversammlung. Premierminister Francois Fillon hatte zuvor seinerseits erklärt, die vom ehemaligen Umweltminister Jean-Louis Borloo in den Jahren 2008, 2009 und 2010 erteilten Genehmigungen zur Durchführung von Probebohrungen müßten annuliert werden.

In einem engeren Kreis von UMP-Abgeordneten hatte Francois Fillon erklärt, der Vorgang sei "schlecht behandelt worden". Weder der Staatspräsident noch er selbst seien unterrichtet gewesen.

Der Gesetzesvorschlag von Christian Jakob wurde im Eilverfahren am 10.5.2011 von der Nationalversammlung behandelt und von dieser am 11.5.2011 bei einigen Änderungen mit 269 gegen 186 Stimmen und bei mehreren Enthaltungen angenommen. Nach Behandlung im Senat soll das Gesetz noch im Juni endgültig verabschiedet werden.

Die Mehrheit der Nationalversammlung und die Regierung reagieren damit auf den Vorwurf insbesondere der "Grünen" (CELV), die Durchführung der in mehreren Fällen genehmigten Arbeiten (Pariser Becken; Causses-Cévennes im Zentralmassiv) gefährde die Versorgung mit Grundwasser. Chrisitian Jakob begründete seinen Gesetzesvorschlag weitergehend im Lichte der in den USA gemachten Erfahrungen mit den schwerwiegenden Umweltfolgen, die mit dem Einsatz der hydraulischen Frakturierung verbunden sein würden ("conséquences extrêmement néfastes"); es sei zu befürchten, dass bei Inanspruchnahme der bereits erteilten exklusiven Lizenzen für die Durchführung von Probebohrungen und als Folge der damit verbundenen Arbeiten irreversible Umweltschäden und gesundheitliche Schäden für die betroffene Bevölkerung verursacht werden könnten.

Der von der Nationalversammlung am 11.5.2011 in 1. Lesung angenommene Gesetzesbeschluss (Drucksache 658) stellt bei dem Verbot der Durchführung von Probebohrungen und der Ausbeutung Öl oder Gas enthaltender Schieferformationen ausschließlich auf den Einsatz der Technik der hydraulischen Frakturierung ab. Die Inhaber exklusiver Lizenzen sind verpflichtet, binnen zwei Monaten in einem Bericht an die zuständige Behörde zu präzisieren, welche Technik sie bei den Probebohrungen eingesetzt haben oder einzusetzen beabsichtigen. Für den Fall, dass sich aus dem Bericht ergibt, dass das Verfahren der hydraulischen Frakturierung bereits eingesetzt wurde oder noch eingesetzt werden soll, werden die Lizenzen für hinfällig erklärt.

Artikel 4 des Gesetzesbeschlusses sieht vor, dass die Regierung dem Parlament jährlich einen Bericht über den Entwicklungsstand der einschlägigen Techniken und den Wissensstand über Gas und Öl enthaltende geologische Formationen in Frankreich, Europa und weltweit vorlegt. Der Bericht soll darüber hinaus die Art und Weise darstellen, wie Versuche mit rein wissenschaftlicher Zielsetzung unter staatlicher Kontrolle durchgeführt werden. Auch soll die Regierung darlegen, ob und inwieweit die bestehenden bergrechtlichen Bestimmungen mit der "Charte de l'environnement" vereinbar sind. Im Rahmen des Berichts soll sich die Regierung auf der Grundlage der in dem Bericht enthaltenen Informationen weiter zu von ihr geplanten rechtlichen Anpassungen im Gesetzes- oder Verordungswege äußern.

Artikel 4 des Gesetzesbeschlusses lässt die Interpretation zu, dass für die Nationalversammlung auf längere Sicht das letzte Wort hinsichtlich der Durchführung von Probebohrungen und der Ausbeutung von geologischen Schieferformationen noch nicht gesprochen ist.

Quelle: www.assemblee-nationale.fr Redaktion: Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Energie Geowissenschaften Umwelt u. Nachhaltigkeit

Weitere Informationen

Projektträger