StartseiteAktuellesNachrichtenIn der Frage der Grünen Gentechnologien vertieft sich der Dissens zwischen führenden Persönlichkeiten der Wissenschaft, den landwirtschaftlichen Berufsorganisationen und der Regierung

In der Frage der Grünen Gentechnologien vertieft sich der Dissens zwischen führenden Persönlichkeiten der Wissenschaft, den landwirtschaftlichen Berufsorganisationen und der Regierung

Anfang 2012 haben die Vertretungen der wichtigsten landwirtschaftlichen Organisationen (FNSEA), des Nationalen Zentrums der Junglandwirte, des Verbandes der Ernährungsindustrie (CANIA), der Saatguthersteller (GNAS) und der Gewerkschaft CFDT unter lautstarkem Protest ihre Vertreter aus dem im Jahre 2008 per Gesetz ins Leben gerufenen „Haut Conseil des Biotechnologies“ (HCB) zurückgezogen.

Anlass hierzu war die jüngste Stellungnahme des „Comité économique, éthique et social“ (CEES) des HCB, in dem die genannte Organisationen bisher vertreten waren, zu den restriktiven Bedingungen der Koexistenz zwischen den herkömmlichen Anbaumethoden von Mais und dem genetisch veränderten Saatgut von Mais MON810 der Firma Monsanto. 

Die vorgenannten Organisationen wenden sich in einem Text, den sie auf der Web-Seite des Biologen Marcel Kuntz (www.marcel-kuntz-ogm.fr) mitveröffentlicht haben, gegen die Haltung eines harten Kerns von Umweltorganisationen, die in dem CEES lediglich eine Minderheit bildeten, jedoch radikal gegen jeden Versuch einer Koexistenz der beiden Anbaumethoden seien: „Die Vertreter der Angst – so die Organisationen, die den HCB verlassen haben – verurteilen das vom Gesetz gewollte Dialoggremium zum Scheitern“. Jeanne Grosclaude, die bisherige Vertreterin der CFDT im CEES und langjährige Forscherin im Institut National de Recherche Agronomique (INRA) sieht in der systematischen Obstruktion der Umweltorganisationen gegenüber jeglicher einvernehmlichen Lösung den bezeichnenden Ausdruck der Ablehnung, von der Wissenschaft erarbeitete Verbesserungsmöglichkeiten für Pflanzgut in der realen Welt einzuführen. Diese Auffassung wird von den landwirtschaftlichen Berufsorganisationen und der Ernährungsindustrie geteilt. 

In diesem Sinne haben die Organisationen ein Schreiben an den Premierminister gerichtet. Zur Beruhigung der Situation hat dieser den Präsidenten des HCB um einen Bericht gebeten, der die positiven Erfahrungen einerseits und die Blockade-Punkte in der Arbeit des HCB andererseits beleuchten soll. 

In dieser Situation hat die französische Regierung (Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet) am 20.2.2012 bei der EU-Kommission im Eilverfahren beantragt, in der ganzen EU den Anbau des genetisch veränderten Mais MON810 der Firma Monsanto auszusetzen; sie tat dies trotz fortbestehender rechtlicher Zweifel (Entscheidungen des EUGH und des französischen Conseil d’État vom Herbst 2011). Die französische Regierung begründet ihren Antrag mit neuen wissenschaftlichen Studien, insbesondere mit der Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (efsa) vom 8.12.2011. Das einschlägige Pressekommuniqué des französischen Umweltministeriums steht unter der nachfolgenden Internetanschrift zur Verfügung:
www.developpement-durable.gouv.fr/spip.php?page=article&id_article=26793

Marc Fellous, Professor der Genetik an der Universität Paris VII und bis zum Jahre 2007 Präsident der „Commission du génie biomoléculaire“, Vorgängerin des heutigen HCB, bezeichnet in einem Gespräch mit Le Figaro vom 21.2.2012 die Folgen des von der französischen Regierung am 20.2.2012 beantragten europaweiten Moratoriums für die französische Forschung auf dem Gebiete der pflanzlichen Biotechnologie und für die betroffenen französischen Produktionslinien als verheerend. Marc Fellous ist der Auffassung, dass das innerstaatlich Anfang März 2012 ohne durchschlagende wissenschaftliche Gründe zu erwartende Anbauverbot von Mais MON810 klar zu erkennen gebe, dass künftig in Frankreich auch jedes andere genetisch veränderte Pflanzgut keine Chance habe, eine Anbaugenehmigung zu erhalten: „Die Forscher und die einschlägigen Akteure der Wirtschaft werden nicht verfehlen, die Haltung der französischen Regierung als wichtiges politisches Signal der Verurteilung der Grünen Biotechnologien in Frankreich zu interpretieren.“

Le Figaro vom 21.2.2012 (Sciences) überschreibt seine beiden dem Thema gewidmeten Artikel mit „La France toujours opposée aux OGM“ und „Notre pays sacrifie sa recherche sur les biotechnologies“. 

Quelle: www.developpement-durable.gouv.fr und Le Figaro Redaktion: von Miguel Krux Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Lebenswissenschaften Sicherheitsforschung Umwelt u. Nachhaltigkeit Ethik, Recht, Gesellschaft

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