StartseiteAktuellesNachrichtenInnovationspartnerschaften: neue Vorschläge zu Rohstoffen, Landwirtschaft und gesundem Altern zur Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit

Innovationspartnerschaften: neue Vorschläge zu Rohstoffen, Landwirtschaft und gesundem Altern zur Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit

Die Europäische Kommission hat am 29. Februar 2012 durchgreifende Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen drei zentrale Herausforderungen für unsere Gesellschaft in Bereichen angegangen werden sollen, die für Wachstum und Beschäftigung entscheidend sind: die Versorgung mit Rohstoffen, nachhaltige Landwirtschaft und aktives und gesundes Altern. Alle drei Bereiche erfordern stärker aufeinander abgestimmte Innovations­anstrengungen im öffentlichen wie auch im privaten Sektor, um die Lebensqualität zu verbessern und Europa an weltweit führender Stelle zu positionieren.

Die Kommission hat daher zwei neue europäische Innovationspartnerschaften ins Leben gerufen ‑ eine für Rohstoffe und eine für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit. Außerdem hat sie einen Vierjahres-Aktionsplan für die europäische Innovationspartnerschaft „Aktives und gesundes Altern“ (eine im Februar 2011 lancierte Pilot-Innovations­partnerschaft) gebilligt. Europäische Innovationspartnerschaften verfolgen einen neuen Ansatz hinsichtlich der gesamten Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationskette, indem sie öffentliche und private Akteure über Grenzen und Sektoren hinweg zusammenführen, um die Durchsetzung von Innovationen zu beschleunigen. Sie müssen jeweils bis 2020 ein ambitioniertes Ziel erreichen und sollen innerhalb von 1-3 Jahren erste Ergebnisse liefern.

Die Ankündigung erfolgt unmittelbar vor der Tagung des Europäischen Rates, auf der voraussichtlich erneut bekräftigt wird, dass Forschung und Innovation eine zentrale Rolle beim europäischen wirtschaftlichen Aufschwung spielen.

Hierzu sagte José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission: „Wir brauchen Innovationen, um Europa wieder auf einen Pfad des Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen zu bringen und um große Herausforderungen anzugehen, etwa den Zugang zu Rohstoffen, die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft und die alternde Gesellschaft. Europäische Innovationspartnerschaften sollen das Schubladendenken überwinden, Hindernisse beseitigen und die Anstrengungen auf Ergebnisse fokussieren, die für unsere Bürger und Unternehmen wichtig sind.“

Europäische Innovationspartnerschaften sind ein neues Konzept, das im Rahmen der Leitinitiative „Innovationsunion“ der Strategie Europa 2020 eingeführt wurde. Ziel ist es, auf Schwachstellen, Defizite und Hindernisse im europäischen Forschungs- und Innovationssystem abzustellen, die die Entwicklung guter Ideen und ihre Vermarktung verhindern oder verzögern. Dazu gehören unzureichende Investitionen, überholte Regelungen, fehlende Normen und fragmentierte Märkte. Jede Partnerschaft wird von einer Lenkungsgruppe unter dem Vorsitz des Europäischen Kommissars bzw. der Kommissare geleitet, die für den jeweiligen Politikbereich zuständig sind. Hinzu kommen Vertreter der Mitgliedstaaten (Minister), Abgeordnete, führende Industrievertreter, Forscher, Vertreter der Zivilgesellschaft und andere wichtige Akteure. Im Rahmen von europäischen Innovationspartnerschaften wird aufgezeigt, was getan werden kann, um Hindernisse zu überwinden (u. a. Weiterentwicklung von Technologien, Schaffung geeigneter Marktrahmenbedingungen, Ankurbelung der Nachfrage) und um entsprechende Maßnahmen im öffentlichen wie auch im privaten Sektor voranzubringen. Sie sind kein Ersatz für Förderprogramme oder Regulierungsverfahren, sondern bieten eine gemeinsame Plattform für die Zusammenarbeit.

Innovationspartnerschaft zur Überwindung der Rohstoffverknappung in Europa
Die Versorgung mit Rohstoffen, der unverzichtbaren Grundlage der heutigen High-Tech-Industrie, gerät immer mehr unter Druck. Im Hinblick auf den Ausbau der Eigenproduktion in Europa sieht der Vorschlag zur Schaffung einer europäischen Innovationspartnerschaft für Rohstoffe gemeinsame Innovationsbemühungen vor, die die Exploration, Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen fördern. Denn der Wert der nicht abgebauten mineralischen Rohstoffe Europas in einer Tiefe von 500‑1000 m liegt schätzungsweise bei rund 100 Mrd. EUR. Neue Technologien werden dazu beitragen, dass in größeren Tiefen, in entfernteren Gebieten und unter schwierigeren Bedingungen Rohstoffe abgebaut werden können. Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um Ersatzstoffe für zur Neige gehende Rohstoffe zu entwickeln und die Verfahren zu verbessern, mit denen Elektrik- und Elektronik-Altgeräte und sonstiger Abfall recycelt werden. Ein besserer Zugang zu Mineralien wird die Entwicklung innovativer Produkte fördern (z. B. dünne Fotovoltaikschichten, energieeffziente Beleuchtungsmittel, Elektrofahrzeuge, hoch entwickelte Passagierflugzeuge, Infrarotoptik und glasfaserverstärkte Kunststoffe).

Kommissionsvizepräsident Antonio Tajani, zuständig für Industrie und Unternehmertum, erklärte hierzu: „Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um Europas enormes Potenzial an Rohstoffen auszuschöpfen. Wir müssen unsere Bemühungen intensivieren, damit es Europa bis 2020 gelingt, in den Bereichen Exploration, Gewinnung, Verarbeitung, Recycling und Substitution weltweit führende Expertise zu entwickeln. Darin liegt der Schlüssel für die Fähigkeit Europas, heute die Technologien von morgen zu entwickeln. Innovationen in den genannten Bereichen sind für die Wettbewerbsfähigkeit, für nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze entscheidend.“

Europäische Innovationspartnerschaft im Agrarbereich
Die Ernährungssicherheit ist in den nächsten Jahren weltweit eine der wichtigsten Herausforderungen. Der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln wird Prognosen (der FAO) zufolge um 70 % steigen, gleichzeitig wird auch die Nachfrage nach Futtermitteln, Faserstoffen, Biomasse und Biomaterialien sehr stark zunehmen. Dem stehen jedoch eine Verlangsamung des Produktivitätszuwachses, zu einem Gutteil bedingt durch einen Rückgang der Investitionen in die landwirtschaftliche Forschung, sowie ein verstärkter Druck auf die Umwelt und unsere natürlichen Ressourcen entgegen. So haben sich 45 % der Böden in Europa verschlechtert. Rund 40 % der landwirtschaftlichen Fläche ist von Nitratverseuchung betroffen. In den letzten 20 Jahren hat die Population der Feldvögel um 20 bis 25 % abgenommen. 

Kurzum: Die Hauptherausforderung in der Landwirtschaft besteht nicht nur darin, mehr zu produzieren, sondern dies auch auf nachhaltige Weise. Diese Schwierigkeiten werden sich nicht lösen lassen ohne einen großen Schub in die Richtung, dass Forschung und Innovation miteinander verbunden werden. Insbesondere gilt es, Forscher, Landwirte und sonstige Akteure enger zusammen zu bringen, sodass wir den Technologietransfer von der Wissenschaft in die landwirtschaftliche Praxis beschleunigen und für systematischere Rückmeldungen über den Bedarf der Praxis von der Landwirtschaft an die Wissenschaft sorgen. Die europäische Innovationspartnerschaft (EIP) „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ soll eine funktionierende Schnittstelle zwischen Landwirtschaft, Bio-Ökonomie, Wissenschaft und anderen Bereichen auf EU-Ebene, nationaler und regionaler Ebene sein. Außerdem soll sie als Katalysator dienen, um die Wirksamkeit innovations­bezogener Maßnahmen zu verbessern, die im Rahmen der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums sowie der Forschungs- und Innovationspolitik der Union gefördert werden. Für diese EIP wurden zwei Kernziele festgelegt: Förderung der Produktivität und Effizienz des landwirtschaftlichen Sektors (damit soll die jüngste Tendenz der Verlangsamung des Produktivitätszuwachses bis 2020 umgekehrt werden) sowie der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (die Funktion des Bodens soll bis 2020 auf einem zufriedenstellenden Niveau gehalten werden).

Der für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige EU-Kommissar Dacian Cioloş erklärte dazu:„Die Landwirtschaft steht künftig vor der zentralen Frage, wie sie nicht nur mehr, sondern auch besser produzieren kann. Die Verbindung von bedarfsorientierter Forschung und Innovation sowie eine bessere Verbreitung der besten Praktiken sind hierfür unabdingbar.“ 

Europäische Innovationspartnerschaft im Bereich „Aktives und gesundes Altern“
Die Alterung der Bevölkerung ist eine der größten Herausforderungen, vor denen Europa heute steht. Die Zahl der europäischen Bürger, die 65 Jahre und älter sind, wird sich in den nächsten 50 Jahren von 87 Millionen im Jahr 2010 auf 148 Millionen im Jahr 2060 verdoppeln.

Wenngleich diese Entwicklung eine besondere Herausforderung für die europäischen Pflege- und Sozialsysteme darstellt, so ist sie auch eine Chance, diese Systeme im Interesse der Patienten, Gesundheitssysteme und innovativer Industriezweige neu zu konzipieren. 

Die europäische Innovationspartnerschaft im Bereich „Aktives und gesundes Altern“ wurde geschaffen, um diese Herausforderungen aufzugreifen. Im November 2011 hat sie einen strategischen Durchführungsplan mit vorrangigen Aktionsbereichen für staatliche Stellen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft vorgelegt.

Die Mitteilung der Kommission ist eine konkrete Folgemaßnahme zur Umsetzung der spezifischen Maßnahmen. Dazu gehören die Aufforderung an die Akteure, an den Maßnahmen mitzuwirken, die Einrichtung eines „Marktplatzes“ für innovative Ideen sowie die Thematisierung von Regulierungs- und Normungsfragen. Dadurch sollen das Leben älterer Mitbürger verbessert, ihr Beitrag zur Gesellschaft mit dem Älterwerden unterstützt und der Druck auf die Gesundheits- und Pflegesysteme verringert werden, was letztlich zum nachhaltigen Wachstum beitragen soll.

Die Kommission bestätigt ihre Zusage, die Umsetzung des Durchführungsplans insbesondere dadurch zu unterstützen, dass

  • sie heute eine erste Aufforderung an die Akteure veröffentlicht, sich zu konkreten Maßnahmen für Innovationen im Bereich des aktiven und gesunden Alterns zu verpflichten 

  • sie ab April 2012 einen „Marktplatz für innovative Ideen” einrichtet, der den Akteuren dabei hilft, Partner zu finden, gute Praktiken auszutauschen und Erkenntnisse zu verbreiten,

  • sie EU-Förderinstrumente wie das Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP), das 7. Forschungsrahmenprogramm und den Aktionsplan im Bereich der Gesundheit aneinander angleicht und effektiv nutzt, und dass

  • sie sich mit Regulierungs- und Normungsfragen befasst, z. B. indem sie die Entwicklung eines neuen EU-Rahmens für die Interoperabilitätsprüfung, Qualitätskennzeichnung und Zertifizierung elektronischer Gesundheitsdienstleistungen unterstützt.

John Dalli, Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, bemerkte hierzu: „Aktivität und Gesundheit im Alter sind für unsere Bürger sowie für die Tragfähigkeit unserer Gesundheits- und Pflegesysteme von zentraler Bedeutung und bergen ein großes Potenzial für die Industrie. Die Kommission ist entschlossen, die zügige Umsetzung der Maßnahmen für die vorrangigen Bereiche zu unterstützen, die 2011 im Rahmen der Partnerschaft festgelegt wurden. Unser Ziel ist es, in den nächsten zwei Jahren zu greifbaren Ergebnissen zu kommen.“

Die Vizepräsidentin der Kommission, Neelie Kroes, erklärte: „Die EIP für aktives und gesundes Altern wird dazu beitragen, dass wir die Gesundheit und Lebensqualität älterer Menschen verbessern und die langfristige Zukunftsfähigkeit unserer Pflegesysteme sichern. Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, daran mitzuwirken und uns dabei zu unterstützen, die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen direkt anzugehen.“

Quelle: Europäische Kommission Redaktion: Länder / Organisationen: EU Themen: Innovation Förderung Energie Information u. Kommunikation Lebenswissenschaften Umwelt u. Nachhaltigkeit Ethik, Recht, Gesellschaft

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