Stoffwechselerkrankungen wie krankhaftes Übergewicht oder Typ2-Diabetes gehören zu den größten Herausforderungen moderner Gesundheitssysteme. Ihre Besorgnis erregende Ausbreitung wird absehbar schon in den kommenden Jahren in der westlichen Welt erstmals die Lebenserwartung senken. Die Helmholtz-Allianz „Visualisierung und Therapie umweltbedingter Stoffwechselerkrankungen“, kurz ICEMED („Imaging und Curing Environmental and Metabolic Diseases“), führt deshalb Spitzenforscherinnen und -forscher auf dem Gebiet der Zivilisationskrankheiten zusammen. Gemeinsam sollen bislang unbekannte pathophysiologische Wirkmechanismen untersucht sowie Wirkstoffe zur Behandlung und Vorbeugung entwickelt werden. Die gebündelte Forschungsinitiative deckt die Spannbreite von der Grundlagenforschung bis zur klinischen Studie ab. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen Stoffwechselvorgänge im Gehirn. Mit insgesamt 30 Millionen Euro Fördersumme verteilt auf 5 Jahre ist es weltweit eines der größten Forschungsprojekte im Bereich Biomedizin.
Der Leipziger Forschungsbeitrag
Davon werden 1,6 Millionen Euro für Forschungsanteile an der Universität Leipzig zur Verfügung stehen. ICEMED hat die Hormonspezialisten Prof. Michael Stumvoll und Prof. Matthias Blüher sowie den Neuroimmunologen Prof. Ingo Bechmann in das Projekt berufen. Ihre Aufgabe wird sein, Signalmoleküle aus dem Fettgewebe und deren Wirkung im Gehirn zu identifizieren. Der Teilaspekt, wie unkontrollierbare Hungergefühle entstehen, wird auch in Kooperation mit Prof. Arno Villringer vom Leipziger Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften angegangen.
„In den letzten Jahren hat sich Leipzig zu einem Zentrum für Zivilisationserkrankungen entwickelt“, freut sich Stumvoll. „Mit der Einbeziehung in ICEMED wird uns nun auch die wichtige nationale und internationale Anerkennung dafür zuteil.“ Seit knapp zwei Jahren verfügt die Leipziger Universitätsmedizin über ein Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas Erkrankungen, außerdem über eine der wenigen großen Biobanken mit menschlichen Fettgewebsproben und über eine groß angelegte Bevölkerungsstudie zu Zivilisationserkrankungen (LIFE). „Die strake Orientierung am menschlichen System macht uns für ICEMED interessant, weil wir einzigartige Proben beisteuern können,“ sagt Ingo Bechmann, Leiter der Anatomie. “Beispielsweise ist Leipzig neben Paris und London der einzige europäische Ort, an dem aktuell seltene Fettstoffwechselstörungen mit dem neuen Medikament Leptin behandelt werden dürfen.
Am Institut für Anatomie untersuchen wir außerdem eine gemeinsam mit dem Münchner Humboldt-Professor Matthias Tschöp entdeckte, durch fetthaltige Nahrung ausgelöste Entzündung im Gehirn. Heilt sie nach Umstellung der Ernährungsgewohnheiten ab oder bleiben dauerhafte Schäden?“ - Alles Erkenntnisse, die in ICEMED einfließen werden. Gemeinsam mit dem Initiator und Sprecher der Initiative, Matthias Tschöp, hat die Leipziger Gruppe um Bechmann ganz aktuell durch Übergewicht hervorgerufene Veränderungen in der vegetativen Steuerzentrale des Gehirns, dem Hypothalamus, entdeckt, die eine dauerhafte Fehlfunktion erklären könnten.
Kontakt
Prof. Dr. Ingo Bechmann
Institut für Anatomie
Universität Leipzig
Telefon: +49 341 97-22000
E-Mail: ingo.bechmann(at)medizin.uni-leipzig.de