StartseiteAktuellesNachrichtenZwei gegen einen Aufsteiger - BiK-F kooperiert mit nepalesischer Gesundheitsbehörde

Zwei gegen einen Aufsteiger - BiK-F kooperiert mit nepalesischer Gesundheitsbehörde

Das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) und der Nepal Health Research Council haben ein Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit im Bereich Klimawandel und Gesundheit geschlossen. Wissenschaftler beider Institutionen erforschen seit kurzem tropische Stechmücken, die das Dengue-Fieber übertragen und sich im Zuge der Klimaerwärmung nun auch im Hochtal von Nepals Hauptstadt Kathmandu wohl fühlen. Die Ergebnisse sind auch für Europa relevant, da es eine der Stechmückenarten geschafft hat, weite Teile des Mittelmeerraumes zu erobern. In Zukunft soll die Kooperation ausgedehnt werden, um den Einfluss von Klima und anderen Umweltveränderungen auf weitere Gesundheitsrisiken zu untersuchen.

Der Name „Nepal“ weckt vor allem Assoziationen an die majestätische Berglandschaft des Himalaya. Doch während Bergsteiger und Wanderer aus aller Welt willkommen sind, möchte man einen anderen ‚Aufsteiger‘ möglichst fernhalten – das Dengue-Fieber, eine Viruserkrankung, die zu schweren grippeähnlichen Symptomen und Blutungen führen kann. Übertragen werden Dengue-Viren durch tagaktive Stechmücken – die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus und den Gelbfieber-Moskito Aedes aegypti. Die letztgenannte, weltweit der gefürchtetste Dengue-Überträger, ist neu in Nepal: „Gelbfieber-Moskitos wurden in Nepal erstmals 2006 in einigen Städten entlang der südlichen Grenze zu Indien gefunden, 2009 dann auch in der Hauptstadt Kathmandu“, so Dr. Ulrich Kuch, der im Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) die Erforschung von Klima- und Biodiversitäts-Einflüssen auf neue und vernachlässigte Tropenkrankheiten leitet. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass beide Dengue-Überträger mit den heutigen klimatischen Bedingungen in Kathmandu, also auf rund 1.300 Metern Höhe, gut zurechtkommen; in einigen ländlichen Gegenden konnten wir sie schon auf 1.600 Metern nachweisen.“

Mückenfang im Himalaya

Um abzuschätzen, welche Gefahr die Mücken bergen, untersuchen die Wissenschaftler des BiK-F und des Nepal Health Research Council (NHRC), wie sich diese vom Tiefland in die Berge ausbreiten. In dem kleinen Land mit enormen Höhenunterschieden, das im Süden kaum 100 m über dem Meeresspiegel liegt, während im Nordosten die Berge knapp 9.000 m (Mount Everest) aufragen, lassen sich die Auswirkungen der schnellen Erwärmung besonders gut erfassen. Dabei geht es nicht allein ums Mückenzählen und den Virus-Nachweis, sondern auch um das Wetter zur Zeit des Vorkommens, die Konkurrenz der beiden Mücken-Arten untereinander und ihre Fähigkeit, das Dengue-Virus unter verschiedenen Umweltbedingungen zu übertragen.

Gletscher schmelzen, Dengue-Moskitos kommen

Eine entscheidende Rolle beim ‚Aufstieg‘ des Virus und seiner Überträger spielt der globale Temperaturanstieg. In Nepal hat sich die Jahresmitteltemperatur besonders schnell erhöht: in den letzten 32 Jahren um 1,8 Grad Celsius – ein Faktor, welcher der Asiatischen Tigermücke und dem besonders wärmeliebenden Gelbfieber-Moskito in die Hände spielt. Die zunehmende Verstädterung, Handel und Migration der Bevölkerung beschleunigen die Verbreitung zusätzlich. Entsprechend zügig hat das Dengue-Fieber in Nepal ‚Karriere‘ gemacht. 2004 wurde die Krankheit erstmals diagnostiziert, 2006 gab es bereits den ersten größeren Ausbruch und schon 2010 grassierte das Fieber als Epidemie im Tiefland. „Viele Fälle werden aber gar nicht erkannt, weil es an diagnostischen Möglichkeiten mangelt oder die Infektion einen milden Verlauf nimmt“, sagt Kuch. Das geographische Vorkommen des Virus und seiner Varianten in Nepal zu kartieren und im Kontext von Klimawandel und menschlicher Mobilität zu analysieren, ist daher eine weitere wichtige Aufgabe für die Kooperationspartner.

Labortests für Bekämpfungsstrategien

„Weil es bisher keine spezifische Behandlung gegen das Dengue-Virus gibt, brauchen wir in Nepal wirksame, kosteneffiziente und umweltverträgliche Überwachungs- und Bekämpfungsstrategien gegen die Überträger.“ so Meghnath Dhimal, Chief Research Officer beim NHRC, der im Rahmen seiner Doktorarbeit für einen Forschungsaufenthalt zu BiK-F nach Deutschland gekommen ist. Das ist jetzt auch in Europa ein aktuelles Thema, denn eine der Arten, die Asiatische Tigermücke, hat es im Zuge von Globalisierung und Klimaerwärmung mittlerweile geschafft, weite Teile des Mittelmeerraumes zu erobern. In den Klimalabors des BiK-F wird getestet, wie widerstandsfähig die tropischen Stechmücken je nach Umgebungstemperatur gegen Insektizide sind und wie gut sie sich an Kälte anpassen können.

Kooperation mit führender nepalesischer Gesundheitsorganisation

Der BiK-F-Kooperationspartner, der Nepal Health Research Council (NHRC), ist die autonome Spitzenorganisation für Gesundheitsforschung von Nepal. Er berät die Regierung in Gesundheitsfragen und ist als Nationale Ethikkommission für die Koordinierung der gesundheitsrelevanten Forschung im Land verantwortlich. Außerdem betreibt der NHRC Ressortforschung für das Gesundheitsministerium sowie unabhängige Forschung. Im Rahmen des Besuchs einer hochrangigen Delegation des NHRC in Frankfurt am Main und eines anschließenden Gegenbesuchs von BiK-F-Wissenschaftlern in Nepal wurde beschlossen, die Zusammenarbeit auszuweiten. So soll in Zukunft auch der Einfluss von Klima- und anderen Umweltveränderungen auf die in Nepal besonders häufigen Schlangenbiss-Vergiftungen und auf Erkrankungen untersucht werden, die von Fledermäusen und Nagetieren übertragen werden. Durch die Kooperation mit dem NHRC baut das Biodiversität und Klima Forschungszentrum seine Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden in Asien aus; ähnliche Beziehungen bestehen bereits zu Gesundheitsministerien und Ressort-Forschungseinrichtungen in Bangladesch und Myanmar.

LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main
Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Institutionen aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben. Mehr unter www.bik-f.de

Kontakt
Dr. Ulrich Kuch
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Tel.: 069 - 7542 - 1818
E-Mail: ulrich.kuch(at)senckenberg.de

Sabine Wendler
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Pressereferentin
Tel.: 069 - 7542 - 1838
E-Mail: sabine.wendler(at)senckenberg.de

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