StartseiteLänderEuropaUkraineDer neue „Nationalrat der Ukraine zur Entwicklung der Wissenschaft und Technologien“ nimmt seine Tätigkeit auf

Der neue „Nationalrat der Ukraine zur Entwicklung der Wissenschaft und Technologien“ nimmt seine Tätigkeit auf

Berichterstattung weltweit

Am 16. Januar 2018 fand die erste Sitzung des Nationalrates der Ukraine für die Entwicklung der Wissenschaft und Technologien (NRUWT) unter der Leitung des Ministerpräsidenten Volodymyr Hroisman statt.

An der Sitzung nahmen die Mitglieder des Wissenschaftlichen und des Administrativen Komitees des Nationalrates sowie Parlamentsabgeordnete, Regierungsmitglieder und Wissenschaftsvertreter teil.

Die Tagesordnung beinhaltete drei Themenblöcke:

  • Leitlinien für die mittelfristige Planung zur finanziellen Sicherung des STI-Systems für den Zeitraum 2018–2020,
  • Gründung der Nationalen Forschungsstiftung der Ukraine (NFSU),
  • Einführung der Grundfinanzierung für Hochschulbildungseinrichtungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der staatlichen Forschungsevaluation.

Erstmalig in der Geschichte der unabhängigen Ukraine fordert der Ministerpräsident die gewählten Vertreter der Wissenschaft auf, deren Überlegungen zu oben genannten Themen darzustellen und mit Regierungsmitgliedern zu diskutieren.

Die Ministerin für Bildung und Wissenschaft Dr. Lilia Hrynevych betonte in Ihrem Vortrag, dass in der Vergangenheit der Dialog zwischen der wissenschaftlichen Gemeinschaft, der Exekutive und der Wirtschaft verloren gegangen sei. Zentral für die Wiederbelebung dieses Dialogs sei die Implementierung der Empfehlungen des Europäischen Audits, das auf Initiative des Bildungsministeriums durchgeführt worden ist. Diese Empfehlungen betonten die Notwendigkeit ehrgeiziger Reformen im wissenschaftlichen Bereich. Außerdem erwarte die Ministerin die Bereitschaft der Regierung, Forschung und Entwicklung (FuE) angemessenen zu finanzieren. Darüber hinaus sprach Sie die Einführung einer FuE-Grundfinanzierung für die Hochschulbildungseinrichtungen nach dem Prinzip der „Finanzierung der Besten“ an. Danach werden nur diejenigen Hochschulen eine Aufstockung des FuE-Budgets erhalten, die entsprechend hervorragende Ergebnisse bei der Evaluierung der FuE-Tätigkeit nachweisen konnten.

Laut Dr. Prof. Anatolii Bilous, dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Komitees des NRUWT, stehe die Ukraine drei großen Herausforderungen gegenüber: die militärische Aggression des Nachbarlandes, die geringe wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die unzureichende Vorbereitung auf ein digitales Zeitalter. Die Bewältigung dieser Herausforderungen bedürfe der Umsetzung der Empfehlungen des Europäischen Audits, der Berücksichtigung der ERA-Schwerpunkte und einer modernen nationalen Innovationspolitik.

Leider müsse man heute feststellen, dass der Weg von der Generierung von Forschungsergebnissen bis hin zu deren wirtschaftlichen Umsetzung, z.B. durch die Einführung neuer Produktionsgüter, unterbrochen sei. Einige Gründe dafür sind eine katastrophale Senkung der Ausgaben für FuE (Reduzierung des Forschungsbudgets um 20 %), die marode FuE-Infrastruktur, die schwindende Attraktivität der Wissenschaft und Forschung insbesondere für Jugendliche sowie die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte. Nicht zuletzt sei man oftmals einer unrealistischen Erwartung der Regierung an die Entwicklung des FuE-Bereiches und an schnelle Gewinne auf der Basis von Forschungsergebnissen ausgesetzt, so der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Komitees.

Hierauf sicherte der Ministerpräsident Volodymyr Hroisman der ukrainischen Wissenschaft seine persönliche Unterstützung zu. Gleichzeitig forderte er ein transparentes und effektives Verteilungsverfahren für das staatliche Forschungsbudget. Das Ministerkabinett erwarte vom Wissenschaftlichen Komitee in erster Linie konkrete Vorschläge zur Modernisierung des Wissenschafts- und Forschungssystems sowie die enge Zusammenarbeit mit der Regierung. So habe der Finanzminister Oleksandr Danyliuk die Finanzierung realistischer Reformen bereits zugesagt.

Im Zentrum eines modernisierten Wissenschafts- und Forschungssystems soll die neue, effektive Nationale Forschungsstiftung der Ukraine stehen, so die Leiterin der zuständigen Arbeitsgruppe des Wissenschaftlichen Komitees Dr. Prof. Alla Yemets. Das Wissenschaftliche Komitee sei diese Aufgabe verantwortungsvoll angegangen, indem Workshops und Beratungen mit ausländischen Experten und Institutionen, darunter mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), durchgeführt wurden, um europäische Standards und Verfahren kennenzulernen. Hierauf aufbauend habe das Wissenschaftliche Komitee einen Geschäftsordnung für die Nationale Forschungsstiftung der Ukraine entworfen und dem Ministerkabinett zur Verabschiedung vorgelegt. Demnach sollen durch die NFSU prioritär die Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen, Forschungsexzellenzen, Technologietransfer, die internationale Zusammenarbeit (darunter auch wissenschaftliche Mobilität) sowie Nachwuchswissenschaftler gefördert werden. Nur so könne dem zuletzt stark zugenommenen Braindrain entgegengewirkt werden.

Dr. Prof. Roman Cherniha (Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees) forderte eine kontinuierliche Aufstockung des jährlichen Budgets der NFSU, so dass diese bis 2022 mindestens 20% der gesamten staatlichen FuE-Fördermittel verwalte. Es sei allerdings unrealistisch davon auszugehen, dass sich diese Investitionen binnen eines Jahres amortisieren könnten.

Als weiteres wichtiges Thema sprachen die Mitglieder des Wissenschaftlichen Komitees die Notwendigkeit an, das derzeitige System zur Verleihung akademischer Grade zu erneuern. So gehe das enorme Aufkommen von Dissertationen mit deren niedrigen Qualität im Bereich der pädagogischen, juristischen, medizinischen und wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung einher. Zwischen September 2016 bis Dezember 2017 wurden etwa neun Tausend Doktortitel und Habilitationen anerkannt, die kaum einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen worden sind. Dr. Prof. Svitlana Arbusova (Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees) konstatierte, dass dieser Sachverhalt die Untauglichkeit des Systems hinreichend belege und negative, langfristige Effekte zu befürchten seien. Dr. Prof. Nana Voitenko äußerte die Meinung, dass in allen ukrainischen Forschungsbereichen neue, moderne Evaluationsverfahren eingeführt werden müssten.

Der erste Stellvertreter des Parlamentskomitees für Forschung und Bildung, Dr. Prof. Oleksand Spivakovskie, sagte dem Wissenschaftlichen Komitee seine volle Unterstützung bei der Verabschiedung der erarbeiteten gesetzlichen Änderungen zur Durchführung der Reformen im FuE-Bereich zu.

Schließlich veranlasste der Ministerpräsident kurzfristig ein Treffen von Wissenschaftlern mit Unternehmern sowie die Änderung eines Gesetzespakets (insbesondere des Zollgesetzbuches), um eine systematische Modernisierung der ukrainischen Wissenschaft effektiv und schnell zu gewährleisten.

Quelle: Pressedienst der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine (http://www.nas.gov.ua/UA/Messages/News/Pages/View.aspx?MessageID=3711), Pressedienst des Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Ukraine (https://mon.gov.ua/ua/news/pokazhit-meni-n Redaktion: von Dr. Thomas Reineke, DLR Projektträger, Europäische und internationale Zusammenarbeit Länder / Organisationen: Ukraine Themen: Förderung Strategie und Rahmenbedingungen

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