Kurzprofil

Bangalore (oder Bengaluru, wie der ursprüngliche und seit 2014 wieder offizielle Name lautet) ist die Hauptstadt des indischen Bundesstaates Karnataka und liegt im südlichen Teil des Subkontinents im Dekkan-Tafelland etwa 900 Meter über dem Meeresspiegel.

Zu ihrer Gründungszeit im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt rasch zu einem Zentrum der Handwerkskünste und des Handels. In Bangalore hergestellte Textilien (insbesondere Seiden- und Baumwollstoffe) wurden in alle Staaten des Persischen Golfes exportiert. Während der Industrialisierung wuchs die Wirtschaft Bangalores rasant, als erste Stadt Indiens verfügte Bangalore bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts über eine Stromversorgung. Seit der Unabhängigkeit im Jahre 1947 hat die wirtschaftliche Entwicklung weiter zugenommen: Die Ansiedlung internationaler Unternehmen, eine vom Bundesstaat verfolgte Wirtschaftsreform und der Ausbau der Infrastruktur haben dafür gesorgt, dass Bangalore sich zu einer Wirtschaftsmetropole entwickeln konnte. Der ökonomische Aufschwung brachte zudem einen sehr starken Anstieg der Einwohnerzahlen durch in- und ausländische Zuwanderung mit sich: Zwischen 2001 und 2011 wuchs die Bevölkerung um etwa 50 Prozent. Im Jahr 2020 wird die Bevölkerungsgröße der Metropolregion auf 12,34 Millionen geschätzt.

Aktuelle Statistiken verzeichnen in Bangalore etwa vier Millionen Beschäftigte in über 6.700 registrierten Unternehmen. Das Bruttoinlandsprodukt des Bundesstaates Karnataka belief sich für 2017 auf 209,51 Mrd. US-Dollar, womit der Staat 7,9 Prozent zum BIP Indiens beiträgt und somit an vierter Stelle steht. Dabei wird das BIP Bangalores in 2018 auf 70,8 Mrd. US-Dollar geschätzt und ein jährliches Wachstum bis 2035 von 8,5 Prozent prognostiziert. Damit ist Bangalore die indische Stadt mit dem am drittschnellsten wachsenden BIP.  

Auch aus anderer Perspektive ist die Region wachstumsstark: Der JLL City Momentum Index definiert die weltweit dynamischsten Städte aus Sicht der Immobilienwirtschaft und vergibt seit 2016 den ersten oder zweiten Platz regelmäßig an Bangalore. Kriterien sind die Wirtschaftsreformen, Wirtschaftswachstum sowie Investitionen in die Infrastruktur. Aufgrund des enormen Wachstums von Industrie und Bevölkerung hat die Stadt mitunter mit Problemen zu kämpfen: Die Straßen Bangalores sind in einem – verglichen mit westlichen Standards – schlechten Zustand und überfüllt, da auch der Gütertransport über das Straßennetz abgewickelt werden muss. Die Müllentsorgung und -verbrennung findet meist noch im Stadtgebiet statt. Ebenfalls verfügt die Stadt nicht über ein unterirdisches Kanalsystem. So belegt Bangalore im Quality of Living Ranking 2019 Platz 149 von 231 und liegt damit knapp hinter den beiden indischen Städten Hyderabad und Pune (beide 143). Der TomTom Traffic Index 2019 weist Bangalore als die Stadt mit dem höchsten Verkehrsstauaufkommen (von 416 einbezogenen Städten weltweit) aus.

Die Regierung arbeitet an städtebaulichen Maßnahmen, um der Problematik entgegenzuwirken. So wurden bereits strengere Auflagen für Transportemissionen eingeführt, der Ausbau von Solarenergie vorangetrieben und einige Kohlekraftwerke vom Netz genommen. Die Regierung hat außerdem das National Clean Air Programme (NCAP) und die C40 Clean Air Cities Declaration aufgesetzt. Ferner besteht das Liniennetz der Metro in Bangalore seit 2017 aus insgesamt über 40 km Gleisstrecke, von denen knapp 9 km unterirdisch verlaufen – ein im Vergleich zu anderen indischen Städten hoher Wert. Weitere Streckenabschnitte befinden sich in Planung und Bau. Zudem zielt die TenderSURE Initiative darauf ab, fußgängerfreundliche Gehwege zu gestalten, um den Weg zu und von den Metrostationen attraktiver zu machen. Das fußgängerzentrierte Design ist national und international zu einem Vorbild geworden. In dieses Stadtbild gliedert sich der Flughafen Kempegowda International Airport ein, der seit 2008 40 km außerhalb der Stadt liegt und im Jahr über 33 Mio. Passagiere abfertigt. Eine Anbindung an die Stadt per Schiene befindet sich in Planung.

Internationale Anziehungskraft

Seit den 1980er Jahren war Indien eine low-cost destination, in die viele multinationale Software- und Dienstleistungsfirmen ihren Arbeiten verlagerten, um von den geringen Standortkosten zu profitieren. Für Indien bedeutete dies wachsende Beschäftigung und Wohlstand. Der Wert dieser outgesourcten Leistungen wurde 2017 mit 150 Mrd. USD beziffert.

Als Outsourcing-Standort vielzähliger internationaler Unternehmen hat Bangalore durch politisch forcierte günstige Rahmenbedingungen die Chance genutzt, um neben der Produktion auch FuE-Aktivitäten in der Region zu etablieren. Damit hat Bangalore den Ruf als Indiens Tech-Hauptstadt, auch Silicon Valley India genannt, erreicht. Dies wird auch international wahrgenommen: Der Technology Innovation Hubs Report 2020 ordnet Bangalore unter den Top 10 der Tech Innovation Hubs ein (Vorjahr Platz 18). Außerdem siedelt er Indien insgesamt auf Platz 2 der vielversprechendsten Länder für die Entwicklung disruptiver Technologien an. Ein Grund dafür ist die Internetaffinität der Bevölkerung.

Bei einer Population von etwa 1,37 Mrd. Menschen und 560 Mio. Internetnutzern erreicht Indien eine Durchdringungsrate von 40,9 Prozent der Bevölkerung. Damit stellt Indien die weltweit zweitgrößte Internetnutzergemeinschaft nach China und ist somit von großem Interesse für die weltweite Tech-Industrie. Die demografische Struktur mit vielen Digital Natives und eine besonders digitalversierte Erwerbsbevölkerung stellen einen Standortvorteil dar. So steigerte Indien sein Ranking im Global Innovation Index in wenigen Jahren um über 30 Plätze (Platz 48 in 2020).

Diese Entwicklung wird insbesondere durch die ausgeprägte Start-up- und Innovationskultur unterstützt. Neben landesweiten Initiativen wie dem Start-up India Action Plan und InvestIndia verstärkt der Bundesstaat Karnataka die bestehenden günstigen Rahmenbedingungen unter anderem durch die Karnataka Start-up Policy 2015-2020. Zusätzlich zur finanziellen Unterstützung von neuen Partnerschaften zwischen Forschungsinstitutionen und Industrie und von Marketingaktivitäten von jungen Unternehmen hat die Regierung Karnataka auch steuerliche Vorteile und ein Anreizsystem für Patente lanciert. Karnataka erreichte daraufhin Spitzenplätze in mehreren Kategorien des India Innovation Index 2019 und wurde als innovativster Bundesstaat bewertet. Der große Talentpool und das vorhandene Venturecapital sorgen in Bangalore für einen hohen Erfolg von Start-ups. So war der größte Anteil (25 Prozent) aller indischen Start-ups 2018 in Bangalore zu verorten und die Stadt verbesserte ihre Stellung als Innovation City (Innovation Cities Index 2019 Platz 139 von 500, eine Verbesserung um 37 Plätze im Vergleich zu 2017). Bangalore beteiligt sich außerdem in der deutsch-asiatischen Start-up-Plattform StartUp AsiaBerlin (SUAB), welche den Marktzugang für Start-ups erleichtern soll.

Um das Wachstum der indischen Wirtschaft anzukurbeln und die Entwicklung Indiens als Innovationsstandort auszubauen, hat die Regierung im Sommer 2019 Maßnahmen beschlossen, die unter anderem die Handhabung ausländischer Direktinvestitionen liberalisieren, Steuervergünstigungen für Unternehmen umfassen und sich durch Investitionen in Infrastruktur ausdrücken. Ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) sind ein wichtiger Treiber für wirtschaftliches Wachstum in der Region: Während investierende Unternehmen von den geringeren Lohnkosten profitieren, werden Arbeitsplätze geschaffen und es findet gleichzeitig ein Wissensfluss in das Land statt. Zu den jüngeren Projekten von hoher Relevanz in der Region zählen Investitionen von Amazon India und Mastercard in Höhe von je 1 Mrd. USD für Forschung und Entwicklung, die Digitalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie die Schaffung von einer Million neuer Arbeitsplätze. Verglichen mit Metropolen wie London oder Paris zieht Bangalore bisher weniger ausländische Investitionen an – im Global Cities Investment Monitor 2019 belegt Bangalore Platz 17 von 33, im Asien-Pazifik Raum liegt die Region an fünfter Stelle. Werden die gezielten Investitionen in Forschung und Entwicklung ausgewertet, steht Bangalore international an dritter Stelle, hinter Paris und Singapur.

Daten für 2019-20 zeigen, dass der größte Anteil an Investitionen in Dienstleistungen geflossen ist, gefolgt von Computer Software und Hardware und dem Telekommunikationssektor. Bangalore liegt bei Investitionen in FDI-Projekte in den Bereichen Software- und IT-Dienstleistungen sowie im Kommunikationssektor weltweit auf Platz 4 und gilt als eine der Smart Locations of the Future 2019/20. Außerdem wird Bangalore – gemessen an FDI-Projekten – als eine der Global Cities of the Future 2018/19 gehandelt. Die Stadt führt die Liste der 25 Städte im Feld Emerging Markets an.  

Im Rahmen staatlicher Abkommen ist Bangalore in diverse Handelsabkommen wie das Asia Pacific Trade Agreement, das European Free Trade Agreement und weitere bilaterale Abkommen eingebunden. Auch die Wirtschafts- und Wissenschaftskooperationen mit Deutschland sind in Bangalore deutlich ausgeprägt. Insbesondere dort, wo technisches Know-how und Ingenieurskompetenzen beider Länder zusammentreffen, liege eine optimale Ergänzung der Kompetenzen vor, wie die deutsche Bundeskanzlerin beim Wirtschaftsforum 2015 in Bangalore festhielt. Dieses Engagement spiegelt sich in den rund 170 deutschen Unternehmen wider, die in Bangalore ansässig sind, aber auch in Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer Institut, das eine Geschäftsstelle in Bangalore unterhält.

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Thematische Stärkefelder

Besonders die Innovationskraft in Luft- und Raumfahrt, Biotechnologie und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zeichnet die Hightech-Region aus und macht sie zum wichtigsten Hochtechnologiestandort Indiens.

Informations- und Telekommunikationstechnik

Die Informations- und Telekommunikationsindustrie wird in Bangalore von vier Bereichen dominiert:

  • Entwicklung kundenspezifischer Software und Software-Dienstleistungen,
  • Auslagerung von Geschäftsprozessen,
  • eigene Forschung und Entwicklung,
  • Ingenieursdienstleistungen.

Die Exporterlöse setzen sich zu etwa 50 Prozent zusammen aus App-Entwicklung, Softwaretests, Beratung und Management von IT-Infrastruktur sowie Systemeinbindung. Ausgelagerte Geschäftsprozesse, zu denen Call-Center, Kundenservice und buchhalterische Dienstleistungen gehören, folgen in der Bedeutung ihrer Exporterlöse. Etwa 70 Länder haben Teile ihrer Prozesse nach Indien ausgelagert.

Ein Aspekt für den bisherigen Erfolg Indiens und Bangalores auf dem IT-Markt sind die günstigen Preise der angebotenen IT-Dienstleistungen. Auch wenn Bangalore oftmals noch als Outsourcing-Destination angesehen wird, spielen vermehrt wissensintensive Angebote wie Finanz- und Rechtsdienstleistungen, Ingenieursdienstleistungen oder Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung eine Rolle in der Industrie. So gehen große Unternehmen inzwischen dazu über, eigene sogenannte Global Inhouse Centers (GICs) in Indien und insbesondere in Bangalore einzurichten, um die Vorteile im Preis und auch in der vorhandenen Expertise vor Ort mit den eigenen Unternehmensvorstellungen zusammenzubringen. Laut einem Bericht der National Association of Software and Services Companies (Nasscom) sind ein Drittel aller GICs des Landes und damit fast 40 Prozent aller GIC-Beschäftigten in Bangalore angesiedelt. 26 Prozent solcher 2018 neu gegründeten Innovationszentren sind auf Elektronik und IT ausgerichtet, 21 Prozent sind auf den Automobilsektor und 20 Prozent auf Finanztechnologien spezialisiert.

Bedeutende internationale Unternehmen der Branche haben einen Standort in Bangalore und beschäftigen eine große Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Rund 2.000 IT-Unternehmen sind in Bangalore und der Region ansässig, unter anderem internationale Konzerne wie Intel, IBM, Dell, Cisco Systems, SAP, Siemens, Texas Instruments, Infosys, Research Microsoft India und Huawei. General Electric betreibt seit 2000 das John F. Welch Technology Center in Bangalore mit inzwischen mehr als 5.000 Beschäftigten – neben dem Hauptsitz in den USA das zweitgrößte Entwicklungszentrum des Unternehmens. Viele Niederlassungen und IT-Unternehmen sind in eigens dafür errichteten Industrieparks angesiedelt, die wirtschaftliche und wissenschaftliche Aktivitäten an einem Ort verbinden. So ist die bereits seit 1978 bestehende Electronics City der größte industrielle Technologie-Hub in Bangalore und beheimatet etwa 160 Unternehmen, Firmenhauptsitze und Bildungseinrichtungen, wie das International Institute of Information Technology (IIITB). Der International Tech Park Bangalore (ITPL) wurde bereits im Jahr 1992 als Joint-Venture zwischen Indien und Singapur geplant und ist mit 30.000 Arbeitskräften in den Bereichen Telekommunikation, Softwareentwicklung und Biotechnik der zweite große Hub in Bangalore. 

Neben der Software-Industrie ist das Unternehmen Indian Telephone Industries Limited (ITI)  als Haupttelefonanbieter Indiens in Bangalore angesiedelt und führt dort sowohl Produktion als auch Forschung und Entwicklung durch. ITI hat mit VINYAS ein Start-up-Hub des Telekommunikationsunternehmens in Bangalore gegründet.

Eines der großen internationalen Events der Branchen Informationstechnologien und Biotechnologien ist der Bengaluru Tech Summit, der jährlich stattfindet und im Jahr 2019 bereits zum 22. Mal organisiert wurde.

Biotechnologie

Der Biotechnologiesektor ist ein wachsender Zweig in der Wirtschaft Bangalores und des Bundesstaates Karnataka. Durch finanzielle Unterstützung der Regierung und politische Rahmenbedingungen wie die Karnataka Biotechnology Policy (2017-2022) konnte die Branche in ähnlicher Form ausgebaut werden wie der IKT-Sektor: Technologieparks wurden eingerichtet, die Eröffnung staatlicher und privater Forschungseinrichtungen gefördert und die internationale Vernetzung vorangetrieben. Mit 380 Firmen und 200 Start-ups beherbergt Karnataka bereits jetzt etwa 60 Prozent der Biotech-Firmen des Landes, die einen Marktanteil von 9 Prozent in Asien und 35 Prozent auf dem indischen Subkontinent haben.

Über 190 Unternehmen der Branche sowie der Hauptsitz von Indiens größtem Biotechnologieunternehmen Biocon befinden sich direkt in Bangalore. Die Metropole wird daher auch als Indiens Biotechnologie-Hauptstadt bezeichnet. 2020 hat die Regierung Karnatakas den Bau des 500 Millionen USD teuren Bengaluru Life Sciences Parks in der Nähe der Electronic City in Bangalore verkündet. Der Standort soll nationale und internationale 150 Unternehmen beherbergen, 50.000 Arbeitsplätze schaffen und das Biotech-Cluster weiter ausbauen.

Insgesamt soll nach Einschätzung der indischen Regierung das Marktvolumen in Biotechnologie bis 2025 auf rund 90 Milliarden Euro wachsen. Gut 64 Prozent des indischen Gesamtumsatzes der Biotechnologiebranche stammen aus dem Segment der Biopharmazeutik. Im Haushaltsplan für das vergangene Finanzjahr 2019/20 standen der Abteilung für Biotechnologie im Ministerium für Wissenschaft und Technologie umgerechnet circa 331 Millionen USD zur Verfügung.

Vorangetrieben wird das Cluster vor allem durch die etablierte Forschungslandschaft in Bangalore. Dazu gehört beispielsweise die University of Agricultural Sciences, an der zu Beginn des Jahres 2020 der 107. Indian Science Congress (ISC) stattfand. Premierminister Modi betonte dort die Position Indiens bezogen auf die Anzahl an Publikationen im naturwissenschaftlichen Bereich (3. Platz weltweit). Aktuelle Forschungsfelder sind unter anderem cyberphysische Systeme, Tiefseeforschung, Quantensysteme, Energiespeichersysteme, Genomchirurgie, Gesundheit und Umwelttechnologien.

Für besondere Qualität in der Forschung wurde auch Bangalores Jawaharlal Nehru Centre for Advanced Scientific Research im Nature Index ausgezeichnet. Außerdem konnte das relativ junge Institut (Gründung 1989) mit dem Schwerpunkt auf naturwissenschaftliche Forschung den 40. Platz in dem Top 175 Young Universities 2018 Ranking erreichen. Die Bedeutung des Standorts für das Biotechnologie-Cluster zeigt sich außerdem in nationalen und internationalen Konferenzen, wie India Bio @ Bengaluru Tech Summit 2020, Bioeconomy India Conclave 2020, World Congress on Biotechnology Healthcare Summit 2019, und die National Conference on Advances in Science, Agriculture, Environmental & Biotechnology (NCASAEB).

Luft- und Raumfahrtindustrie

Da Bangalore bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts als Militärstützpunkt der britischen Kolonialmacht fungierte, siedelten sich in den 1950er und 60er Jahren große Staatsunternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie an. Einige der größten Unternehmen und Forschungsinstitute der Branche haben ihre Firmensitze im Stadtzentrum. So befinden sich beispielsweise The Hindustan Aeronautics Limited (HAL), die stark in Forschung und Entwicklung investiert, und die National Aerospace Laboratories (NAL) in Bangalore. Indiens renommierte Weltraumforschungsorganisation, die ISRO (India Space Research Organization), wurde ebenfalls dort gegründet. Die ISRO pflegt bi- und multilaterale Beziehungen mit einer Vielzahl von Ländern und Gremien, so zum Beispiel mit der European Space Agency (ESA) und mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), mit welchem seit 2019 eine Absichtserklärung zum gegenseitigen Personalaustausch besteht.

Als Erfolgsfaktoren für die bereits erfolgte und zukünftige Entwicklung des Luft- und Raumfahrt-Clusters in Bangalore gelten neben der staatlichen Unterstützung, z. B. durch die Karnataka Aerospace Policy 2013-2023 und die Sonderwirtschaftszone nahe des Flughafens, auch der große Talentpool, bedingt durch die angesiedelten Hochschulen und Forschungsinstitute und eine etablierte Wertschöpfungskette. So finden sich in Bangalore neben der Forschung und Entwicklung von IT und Software-Komponenten für Luft- und Raumfahrt auch eine Vielzahl von KMU, welche Nischenprodukte zuliefern, sowie ein wachsender Sektor für Wartung, Reparatur und Überholung.

Zudem begünstigen die steigenden Passagierzahlen in Indien – schätzungsweise 130 Millionen Inlandsflüge 2018/19, weltweit verzeichnen nur die USA und China mehr – sowohl Flugzeugbestellungen aus dem Ausland als auch den Wartungs- und Reparaturbedarf von nationalen Fluggesellschaften. Folglich kaufen internationale Erstausrüster zunehmend Komponenten in Bangalore ein und forschen und entwickeln vor Ort. Auch finden in der Nähe von Bangalore bedeutsame Flugshows wie die Aero India statt, die die Relevanz der Region in dieser Branche hervorheben.

Weitere Relevanz der Region

In Verbindung mit dem IT-Cluster hat auch die Fintech-Branche zuletzt an Bedeutung gewonnen. 2019 gab es über 600 Fintech-Start-ups in Bangalore, die mit zunehmendem Venturecapital ausgestattet werden.

Neben den Hightech-Branchen ist Bangalore für die lokale Seidenproduktion und Sandelholz-Schnitzereien bekannt. Außerdem trägt die Stadt aufgrund ihrer vergleichsweise vielen Parks für indische Städte den Beinamen Gartenstadt. Bedingt durch eine wohlhabende und breite Mittelschicht, die sich aufgrund des IT-Sektors gebildet hat, hat sich ein breites und westlich geprägtes Konsumangebot entwickelt.

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Akteure und Netzwerke

Dank einer offenen und unternehmensorientierten Innovationspolitik des Bundesstaates Karnataka hat sich Bangalore zum wichtigsten Exzellenzzentrum Indiens entwickelt. Mit über 100 Forschungseinrichtungen allein in der IKT-Branche weist die Region eine hohe Dichte von FuE-Aktivitäten mit nationalen und internationalen Akteuren auf.

Technologieparks

Electronics City: Der Park, in dem heute über 300 Firmen ansässig sind, wurde Ende der 70er Jahre gegründet. Wirtschaftliche und Forschungsaktivitäten werden an einem Ort gebündelt. Zu den größten nationalen und internationalen Unternehmen zählen Aurigene, Bosch, Wipro, Infosys, HP, Biocon, HP, TATA Power und 3M India.

In der Electronics City sind darüber hinaus Lehreinrichtungen zu finden: International Institute of Information Technology Bangalore (IIITB), Nettur Technical Training Foundation (NTTF), Xavier Institute of Management and Entrepreneurship (XIME), National Institute of Information Technology (NIIT), IFIM Business School, Centre for Development of Advanced Computing (C-DAC) und Symbiosis. Die ECity ist jedoch nicht nur auf IKT ausgerichtet, sondern bietet mit dem Unternehmen Helix Private Limited auch Stärken im Bereich der Biotechnologien.

International Tech Park Bangalore: In dem Technologiepark, der rund 18 Kilometer vom Stadtkern Bangalores entfernt liegt, arbeiten 26.500 Fachkräfte für die über 145 Unternehmen im Bereich IT, IT Enabled Services, Bioinformatik, Softwareentwicklung, Telekommunikation und in anderen Hightech-Bereichen.

Wichtige nationale und internationale Forschungseinrichtungen

Indian Institute of Science (IISc): Das indische Institut ist eine der renommiertesten Forschungseinrichtungen Indiens, die graduierten Wissenschaftlern zudem Forschungs- und Doktorantenprogramme bietet. Zu dem in der Region ansässigen Institut gehören unter anderem:

Jawaharlal Nehru Centre for Advanced Scientific Research (NCASR): Das noch recht junge Institut wurde vom Department of Science and Technology der indischen Bundesregierung eröffnet. Neben 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind etwa 150 Studierende in der Forschung tätig, deren Schwerpunkte in Chemie und Biologie liegen. Das JNCASR und das IISc zeichnen sich durch eine hohe Anzahl von wissenschaftlichen Publikationen aus.

National Centre for Biological Sciences (NCBS): Das NCBS ist Teil des nationalen Tata Institutes of Fundamental Research. Forschungsschwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Biochemie, Neurologie, Genetik, Ökologie und Evolution.  

Raman Research Institute (RRI): Das Institut wurde 1948 von dem indischen Physiker und Nobelpreisträger (1930) C.V. Raman gegründet. Forschungsschwerpunkte liegen dort u. a. in der Astronomie, Astrophysik und Teilchenphysik.

Indian Institute of Astrophysics: Forschungsschwerpunkte dieses Instituts liegen in der Astrophysik. In Bangalore liegt der Hauptsitz, der über eine Reihe von Forschungslaboren verfügt. Dem Institut gehören darüber hinaus vier astronomische Observatorien zu Forschungs- und Beobachtungszwecken an.

Luft- und Raumfahrt

Biotechnologie

Informations- und Kommunikationstechnologien

Cluster- und Netzwerkorganisationen

Die Hightech-Region Bangalore zeichnet sich durch eine enge Verbindung zwischen staatlichen und privaten Institutionen aus. Eine Vielzahl von Organisationen und staatlichen Akteuren verfolgt das Ziel, bereits ansässige Firmen und Einrichtungen miteinander zu vernetzen und neue Investoren in der Region anzusiedeln. Folgend eine Übersicht der wichtigsten Akteure:

Auch deutsche Brückenköpfe sind in Bangalore zu finden: Die Deutsch-Indische Handelskammer mit einer Zweigstelle und einem Trainingscenter, ein Generalkonsulat und der indische Standort der Fraunhofer Gesellschaft

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Bildung, Qualifikation und Fachkräfte

Die Bevölkerung Bangalores zeichnet sich durch ein hohes Bildungsniveau aus. Die Alphabetisierungsrate der Bevölkerung im urbanen Teil Bangalores ist seit dem Zensus im Jahr 1991 von 76,27 Prozent auf 88,48 Prozent im bisher letzten Zensus 2011 gestiegen (Durchschnitt in Indien: 74,04 Prozent). Die Bevölkerung der ländlichen Region von Bangalore war 1991 nur zur Hälfte alphabetisiert und erreicht im Jahr 2011 eine Rate von 78,29 Prozent. Auch das Gefälle zwischen den Geschlechtern hat sich im Verlauf des betrachteten Zeitraums sowohl in den urbanen als auch in den ländlichen Distrikten angenähert. In den urbanen Gebieten haben Männer eine um 7 Prozentpunkte höhere Alphabetisierungsrate als Frauen; in den ländlicheren Gebieten beträgt der Unterschied 2011 noch über 14 Prozentpunkte.

Das von der britischen Kolonialmacht eingeführte Bildungssystem ist nach der Unabhängigkeit Indiens erhalten geblieben, wird aber im Rahmen der 2020 verabschiedeten neuen Bildungsstrategie des Landes weitreichende Umstrukturierungen des Schul- und Hochschulsystems erfahren.

Bangalores Bildungslandschaft spiegelt die wirtschaftlichen Stärken der Region wider. Die Stadt kann eine Reihe von renommierten Bildungsinstitutionen aufweisen, die zumeist einen Fokus auf Naturwissenschaften und das Ingenieurwesen legen. So ist das in Bangalore angesiedelte Indian Institute of Science (IISc) eine der bestbewerteten indischen Hochschulen. Das Institut belegt im Academic Ranking of World Universities seit mehreren Jahren Platz 1 für Indien und ist auch im Times Higher Education World University Ranking 2020 unter den Plätzen 301-350 sowie im QS World University Ranking 2021 auf Platz 185 von 1.000 der besten Einrichtungen weltweit. Das IIS hat laut eigenen Angaben allein im Jahr 2019 über 2.500 Publikationen veröffentlicht. 96 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts haben den Shanti Swarup Bhatnagar-Preis für Wissenschaft und Technologie gewonnen, der seit 1958 jährlich in den Kategorien Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Ingenieurwesen, Mathematik, Physik und Medizin vergeben wird.

Die Bangalore University wurde bereits 1886 gegründet und ist eine multidisziplinäre Einrichtung mit fast 300 zugehörigen privaten und öffentlichen Colleges, die vom National Assessment and Accreditation Council (NAAC) wiederholt eine A-Einstufung (auf einer Skala zwischen A++ und D) erhalten hat. Das International Institute of Information Technology Bangalore (IIITB) erreicht die Top 10 der besten technischen Hochschulen in Indien und unterstützt mit einem eigenen Innovation Center und einem Accelerator Programm Studierende, Alumni und Partner bei Start-ups.

Es gibt sieben Universitäten in der Region:

Erstmals konnte Bangalore 2019 in das Ranking der 120 besten Studierendenstädte weltweit einziehen. Der erreichte Platz 81 ergibt sich insbesondere aus der gut bewerteten Bezahlbarkeit des Studiums (7. Platz): Die durchschnittlichen Gebühren für internationale Studierende betrugen im Erhebungszeitraum lediglich 100 US-Dollar pro Jahr.

Die Quote der internationalen Studierenden ist in ganz Indien noch sehr gering. Bangalore gehört dabei zu den beliebtesten Studienzielen, etwa 5.000 internationale Studierende haben 2017 eine Hochschule in der Region besucht.  Die fünf wichtigsten Herkunftsländer ausländischer Studierender in Indien sind Nepal, Afghanistan, Butan, Malaysia und Irak. Deutschland befand sich im Jahr 2015 laut dem UNESCO Institute of Statistics auf Platz 48.

Zwar existieren viele bilaterale Abkommen zwischen indischen und deutschen Universitäten, der Austausch findet zumeist nur in eine Richtung statt. So sind knapp 12.000 indische Studierende an Hochschulen in Deutschland eingeschrieben. Sie zählen damit zu den größeren Gruppen ausländischer Studierender. Bangalore ist mit 9 Prozent die Stadt mit dem zweithöchsten Anteil aller ins Ausland reisenden indischen Studierenden (nach Hyderabad mit 11 Prozent). Aus diesem Grund hat die indische Regierung zum einen das Programm Global Initiative of Academic Networks (GIAN) in Higher Education aufgesetzt, welches die Interaktion und den fachlichen Austausch von indischen Studierenden und Dozenten mit den Fachleuten aus Wissenschaft und Industrie weltweit ermöglichen und stärken soll. Weiterhin wurde 2018 ein "Studieren in Indien"-Programm eingeführt, welches 2.000 Stipendien für das Semester 2020-2021 und zahlreiche Studiengebührenerlasse für internationale Studierende vergibt. Außerdem sieht die neue Bildungsstrategie eine Stärkung der Hochschul-Internationalisierung vor. Leistungsstarke indische Universitäten sollen ermutigt werden, Standorte in anderen Ländern einzurichten. Gleichzeitig wird es ausgewählten Universitäten, die zu den 100 besten Universitäten der Welt gehören, erleichtert, in Indien tätig zu werden. Zusätzlich soll jede Institution der Hochschulbildung ein Büro für internationale Studierende erhalten.

Zwar verfügt Indien über eine junge und technologisch versierte Bevölkerung, dennoch scheint nach wie vor Aufholbedarf bezüglich der Qualität der Ausbildung vorzuliegen. Der India Skill Report von 2018 bescheinigt nur knapp der Hälfte (47 Prozent) der Hochschulabsolventen Arbeitsmarktfähigkeit. So verfügen nur wenige der Ingenieurinnen und Ingenieure über ausreichend technische, kognitive und sprachliche Fähigkeiten, die für die Gründung eines Start-ups notwendig sind, und nur etwa 3 Prozent haben Kompetenzen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Data Science. Mithilfe der 2015 eingeführten "Skill India"-Initiative sollen durch unterschiedliche Maßnahmen bis 2022 mehr als 400 Millionen Menschen in verschiedenen Bereichen aus- oder weitergebildet werden. Auch in der neuen indischen Bildungsstrategie wird die Problematik aufgegriffen und Maßnahmen im Bereich berufliche Bildung einbezogen. Unterstützung zur Verbesserung der Berufsbildung bietet außerdem eine seit 2015 bestehende und 2019 um weitere 4 Jahre verlängerte Kooperation zwischen BMBF, BMZ und dem indischen Ministry of Skill Development & Entrepreneurship (MSDE).

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Entwicklungsdynamik

Während Indien zu Beginn des 21. Jahrhunderts beste Rahmenbedingungen für ausländische (Tech-)Unternehmen schaffte, änderte sich dieses Verhältnis gegen Ende der 2010er Jahre zunehmend. Von schärferen Auflagen und Gesetzen, Vorgaben zu den Tätigkeiten von Plattformen sowie der Datennutzung und -speicherung indischer Daten bis hin zu vorgeschriebenem Monitoring und Regulierung veröffentlichter schädlicher Inhalte unternahm die indische Regierung zahlreiche Schritte. Im Licht protektionistischer Maßnahmen steht auch die angekündigte Förderung indischer Unternehmen durch die National Champion Strategie. Während solche Maßnahmen einerseits indische Internehmen unterstützen, kann dies ebenfalls zum Abzug ausländischen Kapitals führen, was wiederum den nationalen Unternehmen schaden würde.

Die Telekommunikationsbranche Indiens ist bereits jetzt der zweitgrößte Markt weltweit und weist aufgrund des hohen Anteils der ländlichen Bevölkerung, von der weniger als die Hälfte einen Telefon-/Internetvertrag hat, ein enormes Wachstumspotenzial auf. Die Politik unterstützt den Breitbandausbau in den ländlichen Raum mit der nationalen Digital Communications Policy. Auch Smart City Pläne für Indien werden diesen Trend fortsetzen.

Großes Potenzial wird auch im Sektor Wartung, Reparatur und Überholung gesehen. Ein Großteil der Flugzeuge indischer Airlines werden noch im Ausland repariert. Bei einem globalen Marktvolumen von 77,4 Mrd. USD reichen Schätzungen der indischen Marktgröße von 700 bis 900 Mio. USD im Jahr 2018. Zur Förderung des Sektors hat Hindustan Aeronautics Limited (HAL) im Jahr 2020 Pläne angekündigt, ihren stillgelegten Flughafen in einen Hub für Wartung, Reparatur und Überholung umzuwandeln.

Zwar ist Bangalore unter den Top Tech Cities gelistet und wächst rasant; diese Entwicklung bringt jedoch auch negative Folgen mit sich. So sehen manche Akteure die Infrastruktur als überlastet an, befürchten einen rasant steigenden Flächen- und Wasserverbrauch und bewerten die Luftqualität als gefährdet. Dennoch hat Bangalore das Potenzial, seine Start-up-Landschaft zur Bewältigung dieser Themen zu nutzen und für seine Entwicklung zum Vorteil zu wandeln.

Dies ist auch ein wesentlicher Faktor, Bangalores Wettbewerbsposition auszubauen: Innovationen und geistiges Eigentum im eigenen Land erzeugen und halten. Mit der neuen Bildungsstrategie hat die indische Regierung die Rahmenbedingungen des Bildungssystems angepasst, sodass bestehende Herausforderungen wie Alphabetisierungsquote und berufliche Bildung angegangen und Chancen z. B. im Hochschulzugang weiter ausgebaut werden.

Um die laufende positive Entwicklung zu unterstützen, müssten – so das Weltwirtschaftsforum – gesetzliche Regulierungen weiter dahingehend verbessert werden, technologische Innovationen zu unterstützen, Bildung und Ausbildung von Tech-Talenten zu fördern, diese im Land zu halten sowie sein Risikoprofil zu verbessern, indem nationales und internationales Investment in den Sektor gelockt wird.

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