Singapur

Der Insel- und Stadtstaat Singapur hat 5,7 Millionen Einwohner und ist mit rund 725 Quadratkilometern hinsichtlich der Fläche der kleinste Staat Südostasiens. Er liegt an der Südspitze der Malaiischen Halbinsel und grenzt im Süden an Indonesien. Die hochentwickelte Marktwirtschaft ist als internationales Finanzzentrum und wirtschaftlicher Standort mit starker Einbindung in die globale Wertschöpfungskette bekannt. Wirtschaftlich profitiert das Land von einer guten Infrastruktur, der niedrigen Korruptionsrate und einem Markt, der zu den am stärksten deregulierten und privatisierten der Welt zählt.

Singapur gehört mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP) von umgerechnet 63.832 USD und einem Gesamt-BIP von 341 Mrd. USD (Stand 2020) zu den zehn wirtschaftsstärksten Ländern weltweit. Auch die Wettbewerbsfähigkeit des Landes wird als führend bewertet (Platz 1 im Global Competitiveness Index 2019). Als Knotenpunkt zahlreicher globaler Finanzunternehmen agiert Singapur als Durchgangsstation ausländischer Direktinvestitionen (FDI). Durch die zentrale Lage und offene Volkswirtschaft ist Singapur zudem stark vom Außenhandel geprägt und belegt mit Exporten in Höhe von
390,4 Mrd. USD den 15. Platz der weltweiten Exportnationen. Das Land pflegt durch 25 Freihandelsabkommen weitreichende Handelspartnerschaften; das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur ist seit Ende 2019 in Kraft.

Mit 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hat der Dienstleistungssektor den mit Abstand größten Wirtschaftsanteil in Singapur. Dazu gehören insbesondere der Groß- und Einzelhandel (17 %), Unternehmensdienstleistungen aus Forschung, Administration und der Immobilienbranche (15 %), Finanzdienstleistungen (14 %) und die Informations- und Kommunikationsbranche (4 %). Die Industrie ist mit 25 Prozent an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beteiligt. Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes sind vor allem Elektronik, biomedizinische Wissenschaften, Chemie, Logistik und Transport wichtige Wirtschaftspfeiler. In Singapur wird außerdem eine Vielzahl an Produkten wie Erdöl, Kautschuk, Stahl und Maschinen verarbeitet oder veredelt.

Die Regierung schreibt der wirtschaftlichen und technischen Weiterentwicklung des Landes einen hohen Stellenwert zu. Singapur gilt als innovativstes Land Asiens und zählt ebenfalls zu den innovationsreichsten Ländern weltweit (Global Innovation Index 2019). Durch steuerliche Vorteile, hohe Investitionen und eine forschungsfördernde Infrastruktur baut das Land seine Stellung strategisch weiter aus und zählt unter anderem mit mehr als 55.000 aktiven Start-ups zu den besten Start-up-Ökosystemen der Welt (Global Startup Ecosystem Ranking 2020 Platz 17). Mit der Zeit haben sich zudem viele internationale Unternehmen angesiedelt, die zum einen das zentral gelegene Land als Zugangstor für ihre Geschäfte im gesamten Asien-Pazifik-Raum nutzen und zum anderen durch eigene Forschungszentren zur besonders hohen Forschungsintensität Singapurs beitragen: Im Jahr 2018 wurden 1.356 Patente als Resultat von Forschung und Entwicklung (FuE) erteilt. Der Anteil der FuE-Ausgaben aller ansässigen Forschungseinrichtungen und Unternehmen betrug mit
6,8 Mrd. USD ca. zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Knapp die Hälfte der in Asien operierenden internationalen Unternehmen haben ihren regionalen Hauptsitz in Singapur. Zu ihnen gehören insbesondere multinationale Technologiekonzerne. Das Tech-Cluster Singapurs setzt sich aus lokalen Start-ups, KMU und 80 der weltweiten Top-100 Tech-Unternehmen wie Dell, HP, Google, Microsoft, Alibaba, IBM, SAP, Cisco oder Apple zusammen. Zu den Kernthemen des Clusters gehören KI-Anwendungen, Cloud Computing, Big Data und Cybersecurity. Singapur hat sich das Ziel gesetzt, eine Smart Nation und ein globaler Player für forschungs- und technologieintensive Innovationen zu werden, und forciert deshalb eine umfängliche Förderung des Technologieclusters sowie eine Vielzahl an Digitalisierungsstrategien.

Dies zeigt sich beispielsweise im Luft- und Raumfahrtcluster. Mit mehr als 22.000 Arbeitsplätzen und 130 Unternehmen trägt das Cluster nicht nur zu 10 Prozent der weltweiten Wartungs-, Reparatur- und Überholungsdienste (MRO) bei, sondern ist auch intensiv im Transformationsprozess der Industrie 4.0 beteiligt. Unternehmen wie Rolls-Royce und Airbus forschen in Singapur an digitalisierten MRO-Betrieben und dem verstärkten Einsatz von Technologien wie 3D-Druck und Cloud Computing.

Neben der Industrie findet außerdem eine Digitalisierung des Gesundheitswesens statt. Das medizintechnologische Cluster (MedTech), bestehend aus 25 FuE-Zentren, mehr als 220 Start-ups, KMU und 60 der weltweit führenden MedTech-Unternehmen, hat eine besondere Stärke in den Bereichen Digital- und Mobile-Health. Unterstützt durch das nationale Robotics-Programm arbeitet das Centre for Healthcare Assistive and Robotics Technologies (CHART) an der Entwicklung smarter und virtueller Krankenhäuser und dem Einsatz von Robotern in der Pflege sowie der Vor- und Nachbehandlung von Patienten. Andere Clusterakteure wie das Health Technologies Consortium (HealthTEC) fokussieren sich auf die Messung und Sammlung gesundheitsbezogener Daten über mobile Geräte (z. B. Smartwatch) und auf KI-gestützte Diagnosen. Der Sektor profitiert zusätzlich von den Schnittstellen mit einer lokal starken Elektroindustrie und innovativen Präzisionstechnologien.

Das Pharma-Cluster erwirtschaftet rund 20 Prozent des gesamten Industrievolumens. Mit 25.000 Arbeitsplätzen, 50 Produktionsstätten, über 50 FuE-Zentren und Niederlassungen von 30 international führenden Unternehmen hat es sich zu einem globalen Hub der biomedizinischen und pharmazeutischen Forschung entwickelt. 2019 entstand durch die Zusammenarbeit nationaler Forschungsinstitute das Experimental Drug Development Centre (EDDC) zur Förderung öffentlich-privater Forschungskooperationen im Entwicklungsprozess von Arzneimitteln. Auch FuE-Zentren deutscher Pharmaunternehmen wie Bayer und Boehringer-Ingelheim sind in Singapur stark vertreten. Neben Medikamententests forscht z. B. Bayer im Feld der translationalen Onkologie.

Das deutsche Unternehmen ist ebenfalls im agrartechnologischen Cluster aktiv. Gemeinsam mit Singapurs Staatsfonds Temasek gründete Bayer im Sommer 2020 das Saatgut-Start-up Unfold für die vertikale Landwirtschaft. Ressourcensparende Agrarinnovationen sind im dicht besiedelten Stadtstaat mit nur wenig landwirtschaftlich nutzbarer Fläche besonders relevant. Singapur hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 die Lebensmittelproduktion im eigenen Land von bisher 10 auf 30 Prozent zu steigern. Das zu diesem Zweck ins Leben gerufene Singapore Food Story FuE-Programm fördert neue Technologien in den Bereichen klimaresistenter und nachhaltiger Anbau, pflanzliche Fleischkulturen und auf biotech-basierende Nahrungsmittel (z. B. krankheitsresistente Aquakulturen) sowie innovative Systeme zur Steigerung der Lebensmittelsicherheit (z. B. intelligente Lieferketten). Das Global Centre for Technology, Innovation and Sustainable Development, eine gemeinsame Initiative des United Nations Development Programme (UNDP) und der Regierung Singapurs, treibt zusätzlich Multi-Stakeholder-Partnerschaften zur Entwicklung innovativer und nachhaltiger Landwirtschaft voran.

Ein gleichsam zukunftsweisender und wachsender Sektor zeigt sich im FinTech-Cluster. Mit dem Singapore FinTech Festival findet jährlich das weltweit größte FinTech-Event mit Teilnehmenden aus 140 Ländern statt. Singapur verfügt außerdem über eine Vielzahl an FinTech-Inkubatoren und mehr als 490 Start-ups, mit einer besonderen Stärke im Bereich Blockchain.

Die Regierung Singapurs hat mit SkillsFuture und Workforce Singapore zwei Talentpool-Initiativen entwickelt, um mithilfe eines hohen Bildungs- und Fachkräfteniveaus Restriktionen der niedrigen Bevölkerungszahl auszugleichen. Im internationalen Vergleich belegt Singapurs bilinguales Bildungssystem regelmäßig Spitzenplätze. Der Großteil der Bevölkerung ist sowohl der englischen als auch mindestens einer weiteren Sprache mächtig. Damit verfügt der Inselstaat über die besten Englischkenntnisse unter den asiatischen Ländern und belegt im weltweiten Ranking den fünften Platz (English Proficiency Index 2019). Über 30 Prozent der Arbeitskräfte haben zudem mindestens einen Hochschulabschluss.

Singapurs Hochschullandschaft besteht aus sechs Universitäten und 24 Fachhochschulen. Die National University of Singapore (NUS) ist die älteste und renommierteste Universität des Landes, mit einer besonderen Stärke in den Fächern Ingenieurwissenschaften, Physik, Medizin und Umweltwissenschaften. Sie ist eine der Top 3 Universitäten Asiens und gehört auch weltweit zu den 25 besten Hochschuleinrichtungen (Times Higher Education Ranking 2020). Mit 341 Partnerschaften zu Universitäten in 41 Ländern hat die NUS darüber hinaus einen hohen Internationalisierungsgrad: 28 Prozent der insgesamt 37.000 Studierenden kommen aus dem Ausland.

Die Nanyan Technological University (NTU) mit ihren 33.000 Studierenden, von denen gut ein Viertel aus dem Ausland kommt, unterhält ebenfalls zahlreiche internationale Kooperationen. Zu den wichtigsten Partneruniversitäten gehören unter anderem das Imperial College London, die Technische Universität München sowie die University of California. Die NTU zeichnet sich durch ihren interdisziplinären Ansatz aus. Zusätzlich zu fakultätsübergreifenden Forschungskooperationen sollen bis 2021 die Lehrpläne aller Studiengänge, mit einigen Ausnahmen der Medizin, mindestens zu einem Fünftel interdisziplinär aufgestellt werden. In fächerübergreifenden Teams sollen die Studierenden von Beginn an lernen, verschiedene Studienperspektiven zu integrieren, um gesamtgesellschaftliche und komplexe Themen zu bearbeiten. Unter den jüngeren Universitäten gehört die NTU zu den bestbewerteten und wachstumsstärksten (Times Higher Education Young University Ranking 2020). Neben Künstlicher Intelligenz und Robotics stehen vor allem mit den nationalen Forschungszentren Singapore Centre for Environmental Life Sciences Engineering (SCELSE) und Earth Observatory of Singapore (EOS) die Themen HealthCare, Nachhaltigkeit und Umweltwissenschaften im Forschungsfokus.

Darüber hinaus sind in Singapur durch feste Partnerschaften und gemeinsame Institute 14 ausländische Hochschulen vertreten. Dazu zählen namhafte Kooperationen wie das Yale-NUS College oder die Singapore University of Technology and Design, die aus einer Partnerschaft zwischen dem US-amerikanischem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der chinesischen Zhejiang University entstand. 2002 nahm die Technische Universität München mit der Technischen Universität München Asia (TUM Asia) als erste deutsche Universität an einem internationalen „Tochtercampus“ den Studienbetrieb in Singapur auf.

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