Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir freuen uns, Sie in dieser Ausgabe wieder über Berichterstattung zur Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik weltweit zu informieren. Künstliche Intelligenz (KI) stand sowohl im Mittelpunkt einer Regierungskonferenz in Seoul als auch einer akademischen Konferenz zur Forschungsintegrität. Das übergreifende Thema beider Veranstaltungen war die Entwicklung von Strukturen und Regeln, um die Potentiale von KI zu nutzen und mögliche Risiken einzudämmen. Die strategische Ausrichtung der chinesischen und südkoreanischen Forschungspolitik ist für Europa weiterhin von großem Interesse, gerade auch im Hinblick auf die Pflege und Neuanbahnung von Kooperationen. Derweil gerät die bisher gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen europäischen und israelischen Einrichtungen durch die Maßnahmen einzelner Akteure in der EU unter Druck.
Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz: Sicherheit und Forschungsintegrität
Gefahren und Risiken bei der Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) sind die Treiber einer Initiative für mehr Sicherheit, die Großbritannien vor einem Jahr auf Regierungsebene gestartet hatte. In diesem Jahr richteten Südkorea und Großbritannien gemeinsam den „AI Seoul Safety Summit“ aus. Die Gastgeber unterzeichneten mit Australien, Singapur, allen G7-Ländern und der EU ein Abkommen zum Aufbau eines internationalen Netzwerks öffentlich geförderter KI-Sicherheitsinstitute. Die EU gab nach der Konferenz bekannt, dass sie ein Amt für Künstliche Intelligenz (KI-Amt) einrichtet, dass unter anderem Sicherheitsfragen bearbeiten wird. Auch bei der Achten Weltkonferenz zur Forschungsintegrität (WCRI) in der griechischen Hauptstadt zählte die Nutzung von KI zu den wichtigsten Themen. Im Mittelpunkt stand hier der Einsatz im Wissenschaftsbetrieb durch Studierende, Forschende, Forschungsförderorganisationen etc. So wurde beispielsweise argumentiert, dass sich das Verständnis von Plagiaten durch generative KI fundamental wandeln könnte. Vor dem Hintergrund weltweit fehlender Standards wurde besonders die Arbeit der EU-Kommission positiv gewürdigt, die im März erste Empfehlungen zur verantwortungsvollen Nutzung von generativer KI in der Forschung in Form von „Living Guidelines“ veröffentlicht hatte. Diese und andere Dokumente finden Sie auf unserer Themenseite zum Digitalen Wandel.
China: Trends in Wissenschaft und int. Wissenschaftskooperation
Das Wissenschaftsmagazin Nature hat eine Reihe von Beiträgen zu Entwicklungen in der chinesischen Forschungspolitik veröffentlicht. Demnach arbeitet China am Aufbau eigener großer Forschungsinfrastrukturen wie der „High Energy Photon Source“ in Peking. Gerade vor dem Hintergrund einer zunehmenden China-Skepsis könnte dieser Ausbau der Grundlagenforschung neue Anreize für internationale Kooperation setzen. Weiterhin sollen Artikel chinesischer Forschender zukünftig verstärkt in einheimischen Verlagen publiziert werden, um so auch die regionalen Forschungsprioritäten Chinas stärker zur Geltung zu bringen. Eine Auswertung internationaler Ko-Publikationen hat ergeben, dass die Kooperation zwischen China und den USA nach einem Rückgang nun stagniert. Zuwächse verzeichnen jedoch unter anderem Singapur und Südkorea. Zur Ausrichtung der internationalen Wissenschafts- und Technologiekooperation Südkoreas hat nach der OECD jetzt auch das koreanische Institut STEPI Reformvorschläge veröffentlicht. Eine interessante Neuerung stellt die bevorstehende Assoziierung Südkoreas mit dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa dar, die zu Anfang 2025 wirksam werden soll.
Weiterführung der Forschungskooperation mit Israel
Es war bisher eine große Erfolgsgeschichte: Bereits seit 1996 ist Israel mit den EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation assoziiert. Unter dem laufenden Programm Horizont Europa (2021-27) hat Israel mehr als 600 Millionen Euro an Fördergeldern eingeworben und übertrifft damit sogar einige EU-Mitgliedsländer. Seit dem Frühjahr wird die enge Vernetzung von israelischen und europäischen Hochschulen und Einrichtungen durch Maßnahmen einzelner Hochschulen in der EU – darunter in Belgien, Italien, den Niederlanden und Spanien – in Frage gestellt. Das Portal Science|Business berichtet, dass der Flemish Interuniversity Council eine Positionierung der EU-Kommission zur Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Israel unter dem EU-Rahmenprogramm angefragt hatte. Eine Sprecherin der zuständigen Generaldirektion gab eine vorläufige Stellungnahme ab, nach der die Kommission derzeit keine Änderungen in Bezug auf die israelische Beteiligung an Horizont Europa plant. Teile der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft sowie deutsche Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen haben sich dezidiert gegen einen Ausschluss Israels von internationalen Forschungskooperationen ausgesprochen.
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre zu diesen und vielen anderen strategischen Entwicklungen in der internationalen Forschungs-, Bildungs-, Technologie- und Innovationspolitik, die wir in der vorliegenden Ausgabe für Sie ausgewählt und aufbereitet haben.
Wenn Sie Themenvorschläge für die nächste Ausgabe haben, sprechen Sie uns gerne an.
Ihre Sonja Bugdahn und Anna März
Über den ITB infoservice
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