StartseiteAktuellesErfolgsgeschichtenEnergie-Weltrekord der Fusionsanlage JET: Europäisches Gemeinschaftsexperiment bereitet Übergang zum Großprojekt ITER vor

Energie-Weltrekord der Fusionsanlage JET: Europäisches Gemeinschaftsexperiment bereitet Übergang zum Großprojekt ITER vor

Berichterstattung weltweit Erfolgsgeschichten

Auf dem Weg zur Energieerzeugung durch Fusionsplasmen haben europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen wichtigen Erfolg erzielt: In der gegenwärtig weltgrößten Fusionsanlage JET in Großbritannien erzeugten sie stabile Plasmen mit 59 Megajoule Energieausbeute. Das Team, zu dem auch Forschende des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) gehören, nutzte dabei den Brennstoff künftiger Fusionskraftwerke. Die Experimente sind wichtige Schritte auf dem Übergang zum Fusionsgroßexperiment ITER (Internationaler Thermonuklearer Experimental-Reaktor), der derzeit in Frankreich gebaut wird.

Fusionskraftwerke sollen nach dem Vorbild der Sonne die Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium verschmelzen und dabei große Energiemengen freisetzen. Die einzige Anlage weltweit, die derzeit mit einem solchen Brennstoff arbeiten kann, ist das europäische Gemeinschaftsprojekt JET, der Joint European Torus im britischen Culham bei Oxford. Die letzten Experimente mit dem Brennstoff künftiger Fusionskraftwerke liefen dort allerdings bereits 1997. Weil Tritium ein sehr selten vorkommender Rohstoff ist, der zudem besondere Anforderungen bei der Handhabung stellt, nutzen Forschungsteams ansonsten meist Wasserstoff oder Deuterium für Plasmaversuche. Für den Übergang zum internationalen Fusionsgroßexperiment ITER, der derzeit im südfranzösischen Cadarache gebaut und unter Einsatz von Deuterium-Tritium-Brennstoff zehnmal soviel Energie freisetzen soll, wie an Heizenergie ins Plasma eingespeist wird, war es wichtig, sich mit diesem Experiment auf die dort herrschenden Bedingungen vorzubereiten.

Um das JET-Experiment möglichst nahe an künftige ITER-Bedingungen zu bringen, wurde von 2009 bis 2011 bereits die frühere Kohlenstoff-Auskleidung des Plasmagefäßes durch eine Mischung aus Beryllium und Wolfram ersetzt, wie sie auch bei ITER geplant ist. Das Metall Wolfram ist widerstandsfähiger als Kohlenstoff, der überdies zu viel Wasserstoff einlagert. Allerdings stellt die nun metallische Wand neue Anforderungen an die Qualität der Plasmasteuerung. Die jetzigen Experimente zeigen die Erfolge der Forscherinnen und Forscher: Bei Temperaturen, die zehnmal höher sind als diejenigen im Zentrum der Sonne wurden Rekordwerte an erzeugter Fusionsenergie erreicht.

Vor dem Einbau der metallischen Wand hatte JET 1997 den bis dato geltenden Energieweltrekord erreicht: Das Fusionsplasma erzeugte damals eine Energiemenge von 22 Megajoule. Mit den jüngsten Experimenten bewiesen die Forschenden, dass unter ITER-ähnlichen Bedingungen sogar deutlich mehr Energie erzeugt werden kann. Mehrere hundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren an der jahrelangen Vorbereitung der Versuche beteiligt. Mit theoretischen Methoden berechneten sie vorab, mit welchen Parametern sie das Plasma erzeugen mussten, um ihre Ziele zu erreichen. Die Experimente bestätigten Ende 2021 die Voraussagen und lieferten einen neuen Weltrekord: JET erzeugte mit Deuterium-Tritium-Brennstoff stabile Plasmen, die eine Energie von 59 Megajoule freisetzten.

Um Netto-Energie zu gewinnen – also mehr Energie freizusetzen, als die Heizungen liefern –, ist die experimentelle Anlage zu klein. Dies wird erst mit dem größer dimensionierten Experiment ITER in Südfrankreich möglich sein. Dazu sagte Prof. Sibylle Günter, wissenschaftliche Direktorin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik:

„Die jüngsten Experimente im JET sind ein wichtiger Schritt hin zu ITER. Was wir in den vergangenen Monaten gelernt haben, wird es uns erleichtern, Experimente mit Fusionsplasmen zu planen, die wesentlich mehr Energie erzeugen als für ihre Heizung benötigt wird.“

Hintergrund: Megawatt versus Megajoule

Beim jüngsten Rekordexperiment setzten die Fusionsreaktionen in JET während einer fünf Sekunden langen Phase einer Plasmaentladung insgesamt 59 Megajoule an Energie in Form von Neutronen frei. In der Einheit Leistung (Energie pro Zeit) ausgedrückt, erreichte JET eine Leistung von etwas mehr als 11 Megawatt im Durchschnitt über fünf Sekunden. Der bisherige Energierekord aus dem Jahr 1997 lag bei knapp 22 Megajoule Gesamtenergie und 4,4 Megawatt Leistung im Durchschnitt über fünf Sekunden.

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Quelle: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik via IDW Nachrichten Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Frankreich Vereinigtes Königreich (Großbritannien) EU Themen: Energie Grundlagenforschung Infrastruktur Physik. u. chem. Techn.

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