StartseiteAktuellesNachrichtenAtmosphären-Infrastrukturprojekt ACTRIS wird zu dauerhafter europäischer Forschungsinfrastruktur

Atmosphären-Infrastrukturprojekt ACTRIS wird zu dauerhafter europäischer Forschungsinfrastruktur

Internationalisierung Deutschlands, Bi-/Multilaterales

123 Forschungsorganisationen gründen Verbund im Wert von einer halben Milliarde Euro

Das Atmosphären-Infrastrukturprojekt Aerosol, Clouds and Trace gas Research Infrastructure (ACTRIS) wird zu einer dauerhaften europäischen Forschungsinfrastruktur ausgebaut. Das gab das Europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) am Donnerstag bekannt. Zusammen mit fünf weiteren neuen Forschungsinfrastrukturen wurde ACTRIS jetzt in die so genannte ESFRI Roadmap aufgenommen.

Vorausgegangen war eine knapp einjährige Evaluierung, an deren Ende die Gutachter dem Antrag wissenschaftliche Exzellenz, gesamteuropäische Relevanz, sozio-ökonomische Bedeutung sowie Projektreife bescheinigten. Besonders wichtig für die Entscheidung waren auch die finanziellen Zusagen der Mitgliedsländer und der beteiligten Forschungsorganisationen für den Aufbau und Betrieb der Infrastruktur.

Damit können bodengebundene Messungen von Aerosolen, Wolken und Spurengasen künftig dauerhaft in einem gesamteuropäischen Verbund durchgeführt und die gewonnenen Daten einem breiten Nutzerkreis zugänglich gemacht werden. Die Europäische Kommission hatte bereits im Vorjahr eine Finanzierung von 9,5 Millionen Euro für ACTRIS bis 2019 beschlossen und so die laufenden Entwicklungsarbeiten unterstützt. ACTRIS trägt mit standardisierten und qualitätsgesicherten Langzeitbeobachtungen wesentlich dazu bei, atmosphärische Prozesse, den Klimawandel und die Wirkung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu verstehen.

ACTRIS widmet sich insbesondere den kurzlebigen und hoch variablen Bestandteilen der Atmosphäre und betreibt dafür etwa 70 Messstationen, hauptsächlich in Europa aber auch weltweit. Mit den gewonnenen Daten bietet ACTRIS Unterstützung für gesellschaftliche Herausforderungen wie die Verbesserung der Luftqualität und das Verständnis des Klimawandels. Die Forschungsinfrastruktur liefert nicht nur Messdaten, sondern bietet Forscherinnen und Forschern auch Zugang zu seinen Observatorien und Laboren.

Ziele sind, neues Wissen zu generieren, technologische Entwicklungen anzutreiben und damit indirekt auch Arbeitsplätze zu schaffen. Mittel- und langfristig sollen die Ergebnisse von ACTRIS der menschlichen Gesundheit, der Anpassung an den Klimawandel und dem Schutz der Umwelt dienen. Hierfür ist die Beratung der Politik entscheidend. ACTRIS stellt dazu wissenschaftliche Daten im Geiste der EU-Strategie eines Europäischen Digitalen Binnenmarktes und einer Offenen Wissenschaft für eine breite Nutzung zur Verfügung.

ACTRIS bündelt die Erfahrungen eines umfangreichen Netzwerks von renommierten nationalen Atmosphärenforschungsinstituten aus 21 europäischen Staaten. Künftig sollen zentrale Einrichtungen – dazu gehören eine Geschäftsstelle, ein Datenzentrum und Kalibrierzentren für alle eingesetzten Messinstrumente – den Betrieb der Forschungsinfrastruktur koordinieren und garantieren.

Aus Deutschland sind zur Zeit an ACTRIS beteiligt: das Leibniz‐Institut für Troposphärenforschung in Leipzig (TROPOS, koordinierend für Deutschland), die Ludwig-Maximilians-Universität in München (LMU‐MIM), das Max‐Planck‐Institut für Meteorologie in Hamburg (MPI‐M), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT/IMK‐IFU), das Forschungszentrum Jülich (FZJ), die Universität zu Köln (IGM), die Universität Bremen (IUP) und der Deutsche Wetterdienst (DWD).

Von den bisherigen Investitionen in Höhe von ca. 279 Millionen Euro entfallen rund 30 Millionen Euro auf Deutschland. Zu den jährlichen Betriebskosten von 32 Millionen Euro tragen die beteiligten Institute aus Deutschland drei Millionen Euro bei. Gegenwärtig laufen Bestrebungen, dieses Engagement weiter auszubauen. So haben bereits sechs weitere deutsche Einrichtungen ihr Interesse bekundet, künftig an ACTRIS mitzuwirken.

Der Antrag zur Aufnahme auf die ESFRI-Roadmap wurde von der finnischen Delegation im Frühjahr 2015 gestellt. Finnland hat sich auch bereit erklärt, die ACTRIS-Geschäftsstelle aufzubauen. Deutschland wird neben zahlreichen nationalen Messstationen und Forschungslabors mit fünf Standorten zu den zentralen Kalibriereinrichtungen von ACTRIS beitragen. Dazu gehören das Kalibrierzentrum für Aerosolphysik am TROPOS in Leipzig, das Kalibrierzentrum für Laserfernmessung an der LMU München und die Kalibrierzentren für flüchtige organische Verbindungen und Stickoxide mit Laboren am KIT/IMK‐IFU in Garmisch-Partenkirchen, am DWD-Observatorium Hohenpeißenberg und am Forschungszentrum Jülich.

„Die Aufnahme in die ESFRI Roadmap ist für ACTRIS ein großer Erfolg. Nach mehr als 15 Jahren gemeinsamer Arbeit mit den europäischen Partnern gewinnen wir jetzt Planungssicherheit und können die notwendigen Strukturen für einen nachhaltigen, langfristen Betrieb von ACTRIS schaffen. Die europäische Atmosphärenforschung erhält damit eine exzellente Grundlage für die wissenschaftliche Arbeit in den nächsten Jahrzehnten“, sagt Dr. Ulla Wandinger vom TROPOS, die als nationale Kontaktperson für Deutschland an der Antragstellung mitgewirkt hat.

Der Wert von ACTRIS im operativen Betrieb wird auf rund 450 Millionen Euro mit einem jährlichen Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro geschätzt. Viele Länder haben bereits ihre politische Unterstützung ausgedrückt und finanzielle Zusagen gegeben. Mit dem ESFRI-Status wird ACTRIS jetzt beginnen, die Voraussetzungen für den gesamteuropäischen Betrieb und die organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Voll funktionsfähig wird ACTRIS voraussichtlich in rund einem halben Jahrzehnt sein. Dann wird es dauerhaft einer breiten Gemeinschaft an Nutzern aus der Wissenschaft, Politik sowie dem öffentlichen und privaten Sektor Zugang zu Atmosphärendaten und Forschungseinrichtungen bieten und zur Entwicklung und Qualitätssicherung von Instrumenten sowie zur Weiterbildung beitragen. Das Angebot richtet sich europaweit neben tausenden Nutzern aus Wissenschaft und Industrie vor allem auch an Politik, Behörden und Wetterdienste.

Kontakt:

Dr. Ulla Wandinger
Nationale ACTRIS-Kontaktperson
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
Tel: +49-341-2717-7082

Prof. Alfred Wiedensohler
Kalibrierzentrum für Aerosolphysik
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
Tel: +49-341-2717-7062

Prof. Markku Kulmala (auf Englisch & Finnisch)
ACTRIS-ESFRI Koordinator
University Helsinki
Tel: +49-358-2941-50756

Tilo Arnhold
TROPOS-Öffentlichkeitsarbeit
Tel: +49-341-2717-7189 

Zum Nachlesen:

Quelle: Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. / IDW Nachrichten Redaktion: Länder / Organisationen: Global EU Themen: Umwelt u. Nachhaltigkeit Lebenswissenschaften Geowissenschaften Infrastruktur

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