Bildungslandschaft: Brasilien
Indikatoren für Bildung
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Indikator |
Brasilien |
Deutschland |
OECD |
Stand |
|---|---|---|---|---|
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Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender aus dem Land [Prozent]* |
0,85 |
4,29 |
1,91 |
2023 |
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Anzahl Studierender im Tertiärbereich insgesamt [Mio.]1 |
10,297 |
3,336 |
- - |
2023 |
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Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender im Land [Prozent]** |
0,24*** |
12,69 |
- - |
2023 |
|
Anzahl Promovierender insgesamt |
131.901 |
205.302 |
- - |
2023 |
|
Anteil internationaler abschlussorientierter Promovierender im Land [Prozent]** |
2,11*** |
23,41 |
- - |
2023 |
|
Anteil 25- bis 34-Jähriger mit einem Abschluss im Tertiärbereich [Prozent] |
23,84 |
39,57 |
48,44 |
2023 |
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Anteil an neuen Studienabschlüssen in Mathematik, Statistik und Naturwissenschaften [Prozent] |
1,71 |
7,89 |
5,37 |
2023 |
|
Anteil an neuen Studienabschlüssen in Ingenieurswissenschaften, Fertigung und Konstruktion [Prozent] |
8,89 |
22,03 |
13,35 |
2023 |
|
PISA-Ergebnisse: Mathematik [Punktzahl (Platzierung)] |
379 (65) |
475 (24) |
485 |
2022 |
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PISA-Ergebnisse: Naturwissenschaften [Punktzahl (Platzierung)] |
403 (61) |
492 (22) |
476 |
2022 |
Weitere InformationenLinks/Institutionen
Links/Institutionen
Schulen und Hochschulen
Für Kinder zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr besteht allgemeine Schulpflicht. Schulpflichtigen brasilianischen Kindern steht verfassungsgemäß das Recht auf kostenlose Grundschulbildung zu. Das primäre und sekundäre Bildungsprogramm in Brasilien umfasst 12 Jahre:
- Primarstufe (ensino fundamental, 9 Jahre, Alter 6-14 Jahre)
- Sekundarstufe (ensino médio, 3 Jahre, Alter 15-17 Jahre).
Die Schulbildung wird sowohl in privaten als auch in öffentlichen Schulen angeboten. Etwa 62 Prozent der Schulen werden von den Kommunen und 17 Prozent von den Bundesstaaten und 21 Prozent von privaten Einrichtungen getragen. Die Hochschulreife wird nach mindestens zwölf Schuljahren, frühestens aber im Alter von 17 Jahren erreicht.
In Brasilien gibt es etwa 116.000 Schulen der Primarstufe und etwa 28.000 Schulen der Sekundarstufe. Über 36 Mio. junge Brasilianerinnen und Brasilianer gehen zur Schule. Derzeit beträgt der durchschnittliche Schultag in Brasilien nur 4,5 Stunden (zum Vergleich: in Industrieländern liegt der durchschnittliche Schultag bei bis zu 8 Stunden). In der Sekundarstufe sollen vermehrt Ganztagsschulen eingeführt werden.
Die Qualität der Schulbildung in Brasilien wird als gering eingestuft. In internationalen Vergleichsstudien zum Ausbildungsstand von Schülern gehört Brasilien zu den Schlusslichtern (PISA 2015: zwischen Rang 59 und 65).
In Brasilien gibt es 2.580 Einrichtungen für Hochschulbildung, mehr als 85 Prozent (2.264) der Hochschulen sind privat. Im Einzelnen existieren 316 öffentliche Hochschuleinrichtungen, darunter 108 Bundesuniversitäten (Universidades Federais), 138 von den einzelnen Bundesstaaten finanzierte Universitäten (Universidades Estaduais) und 57 von Gemeinden getragene Universitäten (Universidades Municipais). (siehe DAAD (2024) Brasilien, Kurze Einführung in das Hochschulsystem und die DAAD Aktivitäten, S. 3)
Der größte Teil der Hochschulen fällt in die Kategorie "Faculdades" (Colleges). Diese überwiegend privaten Colleges bieten nur wenige Studienfächer an, die Qualität der Lehre entspricht nicht deutschen Hochschulstandards und es findet keine nennenswerte Forschung statt. Die meisten privaten Colleges sind profitorientiert.
Demgegenüber ist die Qualität der Lehre (und der Forschung) in den 316 öffentlichen Universitäten sehr gut. Der größte Teil der Forschung in Brasilien findet an diesen Universitäten statt. Die öffentlichen Universitäten genießen wissenschaftlich-didaktische und finanzielle Autonomie. Sie beziehen ihre Mittel je nach Trägerschaft zu unterschiedlichen Teilen aus nationalen oder bundesstaatlichen Quellen.
Neben den öffentlichen Hochschulen gibt es private Universitäten. Sie müssen vom Bildungsministerium anerkannt werden und haben nur begrenzten Zugang zu öffentlichen Mitteln. Die meisten privaten Universitäten haben einen kommerziellen Schwerpunkt und konzentrieren sich auf die Lehre. Einige wenige private Universitäten, wie die sieben in katholischer Trägerschaft (PUC), sind darüber hinaus auch in der Forschung aktiv und wichtige Akteure der brasilianischen Forschungslandschaft.
In Brasilien legt die Verfassung fest, dass an öffentlichen Hochschulen (Universitäten und Colleges) grundsätzlich keine Studiengebühren erhoben werden dürfen. Die Anzahl der Studienplätze an öffentlichen Hochschulen ist jedoch beschränkt und der Zugang wird nach ausgewählten Kriterien gewährt. In den letzten Jahren hat sich die national einheitliche schulischen Abschlussprüfung, das Exame Nacional de Estudantes de Ensino Médio (ENEM) als Hochschulzugangsprüfung durchgesetzt. Verschiedene Hochschulen führen jedoch weiterhin dezentral eine eigene Aufnahmeprüfung (vestibular) durch. Praktisch alle staatlichen Stipendien sind an den Nachweis der ENEM-Prüfung gebunden. Im Ergebnis schreiben sich etwa 75 Prozent der Studierenden an privaten Hochschulen ein, an denen meist Gebühren erhoben werden. Zur Unterstützung vergibt der brasilianische Staat Stipendien und staatliche Studien-Kredite, die auch für das Studium an privaten Hochschulen vergeben werden.
Das reguläre Studium bis zum ersten Abschluss dauert im Schnitt fünf Jahre (bacharelado), Im Anschluss ist ein Master-Abschluss (mestrado) nach zwei Jahren möglich, für eine Promotion werden vier Jahre benötigt. Während die Anzahl der Studierenden 2009 unter 6 Millionen betrug, waren 2023 über 9,9 Mio. Studierende in Brasilien in tertiären Bildungsgängen eingeschrieben (siehe Bildungsindikatoren). Die Entwicklung wurde durch einen massiven Ausbau der privaten, aber auch der öffentlichen Hochschulen möglich. Derzeit verlassen über 1 Mio. Brasilianerinnen und Brasilianer jährlich die Hochschulen mit einem Bachelor- oder Masterabschluss. Über 16.000 Absolventen bekommen jährlich einen Doktorgrad verliehen.
Trotz des großen Wachstums der absoluten Studierendenzahlen hat Brasilien im internationalen Vergleich noch erheblichen Nachholbedarf: Der Anteil der 25-34-Jährigen, die einen tertiären Bildungsgang abgeschlossen hatten, lag bis 2017 deutlich unter 20 Prozent (OECD-Durchschnitt bei über 40 Prozent). Erst 2018 übertraf Brasilien die 20-Prozentmarke (siehe Bildungsindikatoren). Ein wichtiges bildungspolitisches Ziel Brasiliens ist daher, die Anzahl der Studierenden und der Postgraduierten sowie den Anteil der Studierenden an der Altersgruppe der 18-24-Jährigen zu steigern (siehe unter Bildungspolitische Ziele und Programme).
Weiterbildung
Die meisten der höheren Bildungseinrichtungen in Brasilien bieten Weiterbildungsmaßnahmen an. Nach brasilianischem Recht (Gesetz Nr. 9.394/1996) dürfen sie diese in den Fächern anbieten, in denen auch grundständige Studiengänge angeboten werden.
Das Angebot an Weiterbildung an Hochschulen, sogenannte „pós-graduação“, umfasst über 8.800 verschiedene Kurse. 85 Prozent dieser Kurse werden von den „faculdades" angeboten, Hochschulen mit eingeschränktem Fächerangebot, ohne Promotionskurse.
Eine typische Weiterbildung ist der Erwerb des MBA – Master of Business Administration. Die Dauer der sogenannten pós-graduação muss mindestens 360 Unterrichtsstunden betragen, Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten am Ende ein Zertifikat, aber kein Diplom. Absolventinnen und Absolventen mit einem Abschluss für Industrieberufe des SENAI (Servico Nacional de Aprendizaqem Industrial) können pós-graduação-Kurse bei dem Nationalen Dienst für Ausbildung im Handel (Serviço Nacional de Aprendizagem Comercial, SENAC) belegen; hier werden technische Kurse und Verwaltungskurse angeboten.