Bildungspolitische Ziele und Programme

Das brasilianische Bildungssystem wird anhand der Leitlinien des Nationalen Bildungsplans (Plano Nacional de Educação, PNE) reformiert und ausgebaut. Der letzte PNE war für den Zeitraum 2014-2024 formuliert und beinhaltet 20 Zielsetzungen, die das gesamte Bildungsangebot von der Kleinkindbetreuung bis zur Universität betreffen. Die Gültigkeit des Planes wurde bis Ende des Jahres 2025 verlängert.

Derzeit befindet sich der Nationale Bildungsplan für den Zeitraum 2024-2034 in der parlamentarischen Beratung. Die Debatte des Gesetzesentwurfs soll ein Schwerpunkt der parlamentarischen Arbeit 2025 werden. Der Vorschlag enthält 18 Ziele und 253 Strategien, die vom Bund, den Bundesstaaten und den Gemeinden im Bereich der Grundbildung (von der frühkindlichen Bildung bis zur Primar- und Sekundarstufe), der beruflichen Bildung und der Hochschulbildung umgesetzt werden sollen. In dem Plan werden beispielsweise Ziele für die Alphabetisierung, Ganztagesbildung, Vielfalt und Inklusion in der Bildung sowie für Struktur und Funktionsweise der Bildungsinstitutionen festgelegt.

Das Ziel der brasilianischen Bildungspolitik ist es, den allgemeinen Bildungsstand der Bevölkerung zu erhöhen. Dabei werden sämtliche Bildungsbereiche, von der Alphabetisierung bis zum Hochschulstudium einbezogen. Zu den Zielen gehören

  • die Ausweitung der kostenlosen Bildungsangebote,
  • eine umfassende Alphabetisierung bereits in der Grundschule,
  • die Verbesserung der Qualität der Lehre an Schulen und Berufsschulen oder der Ausbau von Ganztagsangeboten an den öffentlichen Schulen.

Im tertiären Bildungsbereich soll zum Beispiel die Qualität und des Angebots von Hochschulbildung in Brasilien, auch außerhalb der großen Metropolen verbessert werden. Die Möglichkeiten des Fern- und Abendstudiums sollen ausgebaut und die Studiengebühren für alle Studenten finanzierbar werden. Ziel des neuen PNE ist es, einem Anteil von 40 Prozent der 18- bis 24-jährigen die Teilnahme an einem tertiären Bildungsgang zu ermöglichen. Auch die Zahl der Master- und Promotionsabschlüsse soll erhöht werden.

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Forschungs- und innovationspolitische Ziele und Programme

Zu den traditionellen Schwächen des brasilianischen Forschungs- und Innovationssystems zählen die Aktivitäten des privaten Sektors. Nur etwa 43 Prozent der FuE-Ausgaben in Brasilien werden von privaten Unternehmen getragen. Es wird geschätzt, dass weniger als 5 Prozent der brasilianischen Industrieunternehmen eigene Produkte entwickeln. Zudem gibt es im Vergleich zu den traditionellen Industrieländern nur wenig Kooperation zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor. Die nach wie vor unzureichende Verknüpfung von Forschung und Industrie im Sinne produktorientierter Innovation soll durch staatliche Fördermaßnahmen verstärkt werden.

Vor diesem Hintergrund hat die brasilianische Regierung vor mehr als zehn Jahren damit begonnen, die brasilianischen Innovationskapazitäten von staatlicher Seite aus systematisch aufzubauen. Dazu wurde von staatlicher Seite ein Netzwerk von Innovationszentren in strategisch wichtigen Fachgebieten aufgebaut, die mit Forschungseinrichtungen und privaten Unternehmen zusammenarbeiten SENAI-Innovationsinstitute (Institutos SENAI de Inovação). Im Jahr 2013 wurde zudem die Brasilianische Agentur für Industrielle Forschung und Innovation (Empresa Brasileira de Pesquisa e Inovação Industrial, EMBRAPII) gegründet. Indem der Kreis der Fördermittelempfänger auf akkreditierte Einheiten beschränkt wird, soll der gesamte Förder- und Innovationsprozess beschleunigt werden (UNESCO-Wissenschaftsbericht 2015, S. 213). Unter den etwa 90 akkreditierten EMBRAPII-Einheiten sind viele bereits länger bestehende Institute wie das Technologieforschungsinstitut des Bundesstaates São Paulo (Instituto de Pesquisas Tecnológicas, IPT) aber auch mehrere der neuen SENAI-Innovationsinstitute.

Eine gemeinsame Initiative des Wissenschaftsministeriums und des Industrieministeriums unter dem Titel „Mais Inovação“ zielt seit 2023 auf die Beschleunigung der Innovation, die Straffung der Produktionsketten und die Gewährleistung der technologischen Autonomie des Landes ab. Bis 2026 sollen etwa 12 Milliarden Euro investiert werden. Das Programm setzt auf verschiedene Instrumente zur Innovationsförderung: subventionierte Kredite, Wirtschaftssubventionen für Unternehmen, Unterstützung für IKT, Investitions- und Beteiligungsfonds, öffentliche Aufträge und neue Garantiemodelle.

Nachdem der Haushalt des Wissenschaftsministeriums (aktuelle Bezeichnung Ministério da Ciência, Tecnologia e Inovações, MCTI) sich im Zeitraum 2000 bis 2015 mehr als versechsfacht hatte (von 500 Mio. Euro auf 3,3 Mrd. Euro), wurde er in den Folgejahren jeweils mehr oder weniger stark gekürzt. Die Auswirkungen der Kürzungen der Regierungen Temer und Bolsonaro bei der Finanzierung der Forschung waren im ganzen Wissenschaftssystem spürbar. Zusätzliche Mittelsperren haben außerdem immer wieder dazu geführt, dass die tatsächlichen Haushaltsausgaben deutlich tiefer lagen (0,7 Mrd. Euro in 2021). Die Regierung Lula hat die Ausgaben für die Wissenschaft wieder erhöht. Dem MCTI-standen 2024 Mittel in Höhe von 18,8 Mrd. BRL (3,2 Mrd. EUR) zur Verfügung. Das entspricht 0,36 Prozent der öffentlichen Ausgaben Brasiliens.

Die aktuelle Regierung initiierte 2023 einen Prozess zur Formulierung der neuen Nationalen Strategie für Wissenschaft, Technologie und Innovation für den Zeitraum 2023-2030  (ENCTI, Estratégia Nacional de Ciência, Tecnologia e Inovação). Übergeordnetes Ziel der Vorgänger-Strategie (ENCTI 2016-2022) war es, Grundlagen für eine Wissenschaftsgesellschaft in Brasilien zu legen und das brasilianische Wissenschaftssystem auszubauen. Die neue Strategie wird unter breiter Beteiligung der Gesellschaft entwickelt, der Prozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die vorbereitenden Diskussionen sind in vier thematischen Achsen strukturiert: 1) Ausbau und Konsolidierung des nationalen Systems für Wissenschaft, Technologie und Innovation; 2) Reindustrialisierung und Innovation in Unternehmen; 3) Wissenschaft, Technologie und Innovation zur Unterstützung strategischer nationaler Projekte und 4) Wissenschaft, Technologie und Innovation für die Entwicklung der Gesellschaft.

Zu den vorgeschlagenen thematischen Scherpunktgebieten der Achse 3 gehört auch die Künstliche Intelligenz. Die brasilianische Regierung hat am 12. Juni 2025 die finale Fassung einer eigenen brasilianischen KI-Strategie (Plano Brasileiro de Inteligência Artificial, PBIA) vorgelegt (siehe unter Fachliche Stärken).

Als Beitrag des Wissenschaftsministeriums MCTI zum Mehrjahresplan der brasilianischen Regierung (Plano Plurianual 2024 - 2027) werden ausgesuchte Schwerpunkte genannt. Für zusätzliche Schwerpunkte mit wissenschaftlichen Bezügen zu Klimaschutz, Bioökonomie, Katastrophenprävention und Meeresforschung sind andere Ministerien federführend verantwortlich. Die fünf Schwerpunkte des Wissenschaftsministerium MCTI sind:

  1. Consolidação do Sistema Nacional de Ciência, Tecnologia e Inovação – SNCTI: Das Nationale System für Wissenschaft, Technologie und Innovation wiederherstellen, ausbauen, modernisieren, konsolidieren und integrieren, wobei die Koordination mit der Zivilgesellschaft und den Regierungen der Bundesstaaten und Gemeinden, die Verbreitung von Kapazitäten und der Abbau von Asymmetrien gefördert werden.
  2. Inovação nas Empresas para uma Nova Industrialização: Förderung und Unterstützung der technologischen Entwicklung und Innovation in den nationalen Unternehmen, wobei der Schwerpunkt auf Projekten liegt, die die Industrialisierung des Landes und die nationale Produktion vorantreiben.
  3. Ciência, Tecnologia e Inovação para o Desenvolvimento Social: Demokratisierung des Zugangs zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung, Förderung der Verbreitung von Technologien und der Unterstützung wissenschaftlicher Forschung durch die breite Bevölkerung,. Ziel ist es,gesellschaftliche Probleme zu lösen und das Leben der Bevölkerung zu verbessern.
  4. Política Nuclear: Förderung der Entwicklung der Nukleartechnologie und ihrer Anwendungen. Ziel ist es Kapazitäten für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen zu schaffen, um die Nachfrage zu decken und die friedlichen Nutzung der Kernenergie und ionisierender Strahlung auf sichere und nachhaltige Weise auszubauen.
  5. Programa Espacial Brasileiro: Ergebnisse der Weltraumforschung sollen in Form von wettbewerbsfähigen Produkten, Dienstleistungen, Infrastrukturen und Anwendungen verfügbar gemacht machen, um die Anforderungen der Gesellschaft auf autonome und nachhaltige Weise zu erfüllen.

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Ergebnisse von Evaluierungen

Das Nationale Anísio-Teixeira-Institut für Bildungsstudien und -forschung (Instituto Nacional de Estudos e Pesquisas Educacionais Anísio Teixeira, INEP) ist dafür zuständig, die Umsetzung des Nationalen Bildungsplans (Plano Nacional de Educação 2014 – 2024, PNE) zu beobachten und zu dokumentieren (Webseite PNE).

2018 hat die OECD eine Studie zur Qualitätssicherung im brasilianischen Hochschulsystem publiziert: „Rethinking Quality Assurance for Higher Education in Brazil“ (OECD-Studie 2019). Die OECD zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit dem brasilianischen System, das arbeitsteilig angelegt ist: Während INEP grundständige Studiengänge evaluiert, ist die Förderagentur für Hochschulbildung (CAPES) für Postgraduiertenstudiengänge zuständig.

 

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Projektträger