Professor Philippe Even weist in seinem mehr als 500 Seiten starken Buch auf die mittelmäßigen Ergebnisse Frankreichs und sein Zurückbleiben auf dem Gebiert der biomedizinischen Forschung hin; hierfür seien der Staat, die staatliche Verwaltung und die ihr nachgeordneten Behörden ("agences") verantwortlich. Frankreich sei "völlig abgehängt". Zwischen 2004 und 2009 sei die Zahl der einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus französischer Quelle in den 15 wichtigsten Zeitschriften auf dem Gebiet der Medizin und der Biologie um 42 % zurückgegangen: "Die exzellenten Forscher bleiben exzellent, sie werden aber immer ärmer und sind schlecht ausgestattet. 3000 unter ihnen - von insgesamt 12 000 - veröffentlichen praktisch niemals auf Englisch".
Andere Persönlichkeiten - so Le Figaro vom 15.12.2010 - seien, ohne in Allem die Feststellungen von Prof. Philippe Even zu teilen, ebenfalls von der Situation der biomedizinischen Forschung in Frankreich alarmiert. Das zeigte sich u.a. anlässlich einer Anfang Dezember 2010 von der Académie de Médecine und der Académie de Sciences gemeinsam veranstalteten eintägigen Tagung zu Fragen der klinischen Forschung. Auf ihr kam - so Le Figaro - u.a. auch die mangelnde Motivation junger Praktiker zur Sprache, klinische Forschung zu betreiben.
Dem hält die Forschungsministerin entgegen, diese Kritik sei eine rückwärtsgewandte Betrachtungsweise: "Seit 3 Jahren unternehmen wir auf dem Gebiet der biomedizinischen Forschung beträchtliche Anstrengungen, die ohne Beispiel sind, um die gegenseitige Abschottung der auf diesem Gebiet tätigen Akteure aufzubrechen, zu koordineiren , staatliche und privatwirtschaftliche Forschung einander anzunähern und die einschlägige Forschung insgesamt zu internationalisieren.
Die Anstrengungen der französischen Regierung finden - so Valérie Pécresse gegenüber Le Figaro - u.a. in der Form von 5-Jahresplänen auf folgenden Achsen ihren Ausdruck:
- Krebs (95 Millionen Euro; 2. "Plan cancer 2009-2013)
- Alzheimerkrankheit (200 Millionen Euro)
- seltene Krankheiten (77 Millionen Euro)
jeweils bezogen auf die Laufzeit der diesen Krankheiten gewidmeten 5-Jahrespläne.
Was die Zukunft angehe, werden der biomedizinischen Forschung für mehrere besonders markante Projekte, die Anfang des Jahres 2011 vorgestellt werden sollen, 2,5 Milliarden Euro aus der "Großen Staatslanleihe" zufließen.
Der ausführliche Bericht in Le Figaro vom 15.12.2010 trägt die Überschrift "Eine Reform, um die biomedizinische Forschung nachhaltig zu fördern (doper)".
Zeitgleich mit der Sitzung des französischen Ministerrats vom 15.12.2010, in deren Rahmen die Forschungsministerin zum Stand der biomedizinischen Forschung vortrug, stellte das Forschungsministerium eine detaillierte Aufzeichnung "La recherche biomédicale: une priorité du Gouvernement" in Netz. Sie steht unter der obigen Internetanschrift zur Verfügung.
Aus ihr ergibt sich, dass die einschlägige staatliche Forschung 22 % des gesamten nationalen Forschungspotenzials in Bewegung setzt; dies seien 11500 enseignants-chercheurs und 6000 Forscher. Der Staat und die Sozialversicherungsträger finanzierten die biomedizinische Forschung mit 3,8 Milliarden Euro jährlich. Nach den hier maßgebenden internationalen Kriterien bewege sich Frankreich in der biomedizinischen Forschung zwischen dem zweiten und fünften Platz. Auf europäischer Ebene liege Frankreich mit 56 vom Europäischen Forschungsrat auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften ausgezeichneten Preisträgern auf Platz 2; diese Zahl der Laureaten entspräche 40 % der Gesamtzahl der vom Europäischen Forschungsrat ausgezeichneten französischen Forscher.
Die o.b. Aufzeichnung enthält einen gesonderten Abschnitt zu "Die Zukunftsinvestionen, ein Beschleuniger für die biomedizinische Forschung und die Innovation im Gesundheitswesen".