Überblick zur internationalen Kooperation: Polen
Zuständig für die Internationalisierung der Hochschulen ist das Ministerium für Bildung und Wissenschaft (Ministerstwo Edukacji i Nauki, MEiN) als Nachfolger des Ministeriums für Wissenschaft und Hochschulwesen (Ministerstwo Nauki i Szkolnictwa Wyższego, MNiSW). Derzeit sind sowohl Studium als auch Forschung in Polen noch vergleichsweise wenig internationalisiert. Der Anteil von 2 Prozent der polnischen Studierenden, die 2020 einen Abschluss im Ausland anstrebten, entspricht dem OECD-Durchschnitt. Seit 2012 wirbt Polen mit Hilfe der Kampagne „Ready, Study, Go! Poland" für ein Hochschulstudium im Land und hat zusätzlich 2015 ein Förderprogramm aufgelegt. Ziel ist es, den Anteil der internationalen Studierenden bis 2020 auf 5 Prozent zu steigern. Die Anstrengungen haben durchaus Früchte getragen: Die Anzahl der internationalen Studierenden, die in Polen einen Abschluss anstrebten, erreichte im Jahr 2020 62.000. Mit einem Anteil von 4,5 Prozent internationaler Studierender liegt Polen immer noch unter dem OECD-Durchschnitt, nähert sich aber der Zielmarke von 5 Prozent (siehe Bildungsindikatoren).
In Bezug auf den Anteil der internationalen Ko-Publikationen an allen wissenschaftlichen Publikationen gibt es in Polen seit 2012 einen klaren Aufwärtstrend. 2017 wurde erstmals die Marke von 30 Prozent überschritten, 2021 wurden 37,7 Prozent erreicht. Zum Vergleich: In Deutschland ist – ähnlich wie in vielen anderen westlichen Industrieländern – die internationale Ko-Publikationsrate zwischen 1996 und 2021 von etwa 30 auf über 50 Prozent angewachsen (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved October 31, 2022, from www.scimagojr.com).
Die wichtigsten Herkunftsländer für internationale Studierende in Polen sind die Ukraine, Weißrussland, Indien, Deutschland und Norwegen. Deutschland liegt an sechster Stelle. Die wichtigsten Zielländer für polnische Studierende sind Großbritannien, Deutschland, die USA, Dänemark und Frankreich (Quelle: UNESCO Institute of Statistics Global Flow of Tertiary-Level Students, erfasst werden nur diejenigen Studierenden, die einen Abschluss im Ausland anstreben. Zu China als Zielland fehlen Daten).
Die fünf wichtigsten Ko-Publikationsländer der letzten vier Jahre entsprechen teilweise den wichtigsten Zielländern für polnische Studierende: Es sind die USA, Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich (Quelle: SciVal® database, Elsevier B.V., www.scival.com, 2019-22, downloaded on January 2, 2023).
Polen investiert mittels der National Agency of Academic Exchange (Narodowa Agencja Wymiany Academickiej, NAWA) weiter in Internationalisierung. Die Agentur, welche nach dem Vorbild des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) die grenzüberschreitende Mobilität von Studierenden und Forschenden in beide Richtungen fördern soll, nahm im Oktober 2017 ihre Arbeit auf.
Seit 2005 profitiert Polen von dem großzügig ausgestatteten Förderprogramm „EEA und Norway Grants". Nach der zweiten Programmphase (2011-2017) wurde 2019 eine dritte Programmphase eröffnet, die insgesamt mit 110 Millionen Euro unterlegt ist. 40 Prozent der Mittel werden durch das National Science Centre (NCN) und 60 Prozent durch das National Centre for Research and Development (NCBR) vergeben, norwegischer Partner ist der Research Council Norway (RCN).
Für den Abschluss von bilateralen Kooperationsabkommen ist in der Regel das Ministerium für Bildung und Wissenschaft zuständig. Für spezielle Abkommen zur Biomedizin ist das Gesundheitsministerium der richtige Ansprechpartner. Derzeit gibt es zwar eine Vielzahl von Abkommen, es fehlt jedoch an einer strategischen Ausrichtung der bilateralen Kooperation. Sowohl das NCBR als auch das NCN schließen bilaterale Abkommen zur Forschungsförderung ab (Überblick NCBR internationale Partner, Überblick NCN internationale Partner). Die Verfahren des NCN zur Förderung bi- und trilateraler Projekte mit Belgien, Deutschland, Luxemburg, Österreich, der Schweiz, Slowenien und der Tschechischen Republik werden ab 2022 unter dem sogenannten WEAVE-Programm durchgeführt. Dabei werden Anträge nur in einem der beteiligten Länder von der sogenannten federführenden Förderorganisation („Lead Agency“) bewertet.
Ein wichtiger Akteur in der internationalen Forschungskooperation ist die Polnische Akademie der Wissenschaften PAN. Die Akademie hat eine Vielzahl von Kooperationsabkommen geschlossen und sich zudem an der Gründung von internationalen Forschungszentren in Polen beteiligt. Dazu gehören das Stefan Banach International Mathematical Center at the PAS Institute of Mathematics, das Internationale Institut für Molekular- und Zellbiologie (International Institute of Molecular and Cell Biology, IIMCB) sowie das mit der UNESCO verbundene European Regional Center for Ecohydrology (ERCE). Die Akademie PAN verfügt außerdem über sieben Außenstellen, unter anderem in Moskau, Paris, Rom, Wien und Kiew, die um Partner werben sollen. Die Außenstelle in Berlin nimmt eine Sonderrolle ein (siehe nächster Abschnitt). Die Polish Science Contact Agency (PolSCA) in Brüssel bringt polnische Perspektiven in die europäische Politikgestaltung mit ein (Überblick PAN-Außenstellen).
Als Mitgliedsland der Europäischen Union kann sich Polen in allen Programmen unter dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa (2021-27) voll beteiligen. Zur Beteiligung an dem Vorgängerprogramm Horizont 2020 (2014-20) liegen jetzt vorläufige finale Zahlen vor. Bis Dezember 2021 warb Polen europäische Fördergelder in Höhe von 723 Millionen Euro ein. Unter den insgesamt 1.894 Projekten, an denen sich das Land beteiligte, wiesen mit 1.254 Projekten zwei Drittel auch eine deutsche Teilnahme auf (Quelle: H2020-ECORDA-Datenbank).
Andere Varianten europäischer Kooperation setzen nicht auf einen gemeinsamen Fördertopf unter dem Rahmenprogramm der EU, sondern auf die Verbindung verschiedener nationaler und europäischer Fördertöpfe, um gemeinsame Projekte im Rahmen von Public Public Partnerships (P2Ps) zu finanzieren. Derzeit ist Polen an über 70 P2Ps beteiligt (Übersicht ERA-LEARN Plattform, Stand August 2020). Ein regionales Netzwerk zur Kooperation im Ostseeraum (BONUS) hat 2020 seine Arbeit beendet. Aktiv sind aber weiterhin verschiedene ERA-NETS für Materialwissenschaften (M-ERA.NET), Informations- und Kommunikationstechnologien (CHIST-ERA), Krebserkrankungen (ERA-NET-TRANSCAN) und Erkrankungen im neurologischen Bereich (ERA-NET NEURON). Außerdem nimmt Polen an gemeinsamen Programminitiativen für neurodegenerative Krankheiten (JPND) und andere Gesundheitsthemen teil. Die zuständige Förderagentur in Polen ist meist entweder das NCN oder das NCBR. Zudem hat das NCN die Koordination des ERA-NET Cofund zu Quantentechnologien (QuantERA) übernommen.
Polen trat außerdem 1995 dem Netzwerk zur Unternehmens- und Innovationsförderung EUREKA bei und beteiligt sich an dem gemeinsamen Förderprogramm Eurostars. Dabei wird Polen durch das NCBR vertreten (EUROSTARS-Webseite Polen).
Neue Horizonte eröffnet die Auflage eines China-MOEL-Partnerschaftsprogramms, das 16 mittel- und osteuropäische Länder (MOEL), darunter auch Polen, mit China zusammen führt („16+1-Kooperation"). Das im Juli 2018 vereinbarte Programm ist umfassend angelegt. Es sieht vor
- einen politischen Dialog zur Wissenschafts-, Technologie- und Innovationspolitik durchzuführen;
- gemeinsame Forschungsinfrastrukturen aufzubauen;
- den Austausch des wissenschaftlichen Nachwuchses zu fördern sowie
- einen Finanzierungsmechanismus zur Förderung von gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten einzuführen.
Weitere Informationen
Links/Institutionen
- Polen: Ministerium für Bildung und Wissenschaft
- Polen: NAWA - Polish National Agency for Academic Exchange
- Polen: PAN - Polish Academy of Sciences
- Polen: NCN - National Science Centre
- Polen: NCBR - National Centre for Research and Development
- Europäische Kommission: Portal zu Horizont 2020
- IIMCB - Internationales Institut für Molekular- und Zellbiologie