Das Programm entstand im Zuge der "neuen Ostpolitik", mit der vor über 40 Jahren das Ziel verfolgt wurde, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Sowjetunion und den Ostblockstaaten auszubauen. Seit dieser Zeit hat das Programm verschiedene Phasen durchlaufen und sich dabei unter sehr unterschiedlichen außenpolitischen Rahmenbedingungen bewährt. Das Programm trägt damit auch in Zeiten, in denen sich internationale Beziehungen geändert haben und weiter ändern, entscheidend zu einer Kontinuität im wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und seinen östlichen Partnern bei und wirkt damit auch als Instrument der Science Diplomacy.
Gegenwärtig kooperieren im Ostpartnerschaftsprogramm etwa 60 deutsche Hochschulen mit ca. 170 Hochschulen der Zielregionen. Vier deutsche Universitäten berichten von ihren Erfahrungen mit dem DAAD-Förderprogramm Ostpartnerschaften:
Justus-Liebig-Universität Gießen: Strategische Partnerschaften, weitreichende Netzwerke
An der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) wird die Förderung der Ostpartnerschaften bereits seit Langem gezielt eingesetzt, zum Beispiel für den Austausch mit der Universität Lodz in Polen, mit der die JLU seit 1978 eine Partnerschaft pflegt.
Julia Volz, Leiterin des Akademischen Auslandsamtes der JLU, erklärt:
"Das Ostpartnerschaftsprogramm belebt unsere Hochschulpartnerschaften und trägt wesentlich zu einer engen, breit aufgestellten und strategischen Zusammenarbeit bei. Das bedeutet, dass alle Fachbereiche an der JLU, die ein Pendant an einer Partneruniversität haben, in der Zusammenarbeit engagiert sind – ob für Forschungskooperation, Studierendenaustausch oder die gemeinsame Ausbildung der Promovierenden."
Der Fächerkanon reicht von den Kultur-, Sozial-, Geschichts- und Sprachwissenschaften über die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften bis zu Chemie und Mathematik. Das Förderprogramm steht laut Volz für Planungssicherheit und Langlebigkeit. Internationalisierungs- und Kooperationsinteressen der Partner werden über Ländergrenzen hinweg verbunden und für Jahrzehnte abgesichert. Immer wieder werden neue Generationen von Forschenden und Lehrenden eingebunden. Rücken sie auf Lehrstühle nach, beleben sie auch auf diesem Weg die Universitätspartnerschaft. Um ihre Geförderten auch multilateral zu vernetzen, organisiert die JLU zudem Ostpartnerschafts-Netzwerkkonferenzen und stärkt damit zum Beispiel Forschungsverbünde im östlichen Europa.
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: Eine Förderung, die Biografien langfristig prägt
Als erste ostdeutsche Hochschule stabilisierte die Otto-von-Guericke-Universität (OVGU) Magdeburg von 1992 an mit dem Ostpartnerschaftsprogramm ihre traditionellen Hochschulnetzwerke. War die Magdeburger Ostpartnerschaft früher fokussiert auf Maschinenbau, Elektrotechnik und Verfahrenstechnik, ist die Förderung fachlich mittlerweile besonders vielfältig: Das Ostpartnerschaftsprogramm sichert an der OVGU zum Beispiel auch den regen Austausch in der Medizin und den Sportwissenschaften. Die Partnerschaften beziehen zahlreiche Hochschulen in unterschiedlichen Ländern ein, darunter Ungarn, Georgien, die Ukraine und Moldau.
Dr. Uwe Genetzke, der Leiter des Akademischen Auslandsamtes der Universität, sagt:
"Ganz im Sinne des Programms konnten wir Kooperationen, die sich mit östlichen Partnern etabliert hatten, auch nach dem Zerfall der Sowjetunion fördern, stützen und halten. Mithilfe des Programms trugen ostdeutsche Universitäten so dazu bei, den Wissensraum für die deutsche Hochschullandschaft zu erweitern. Weil wir die Förderung mehrmals an eine Person vergeben können, prägte und prägt das Ostpartnerschaftsprogramm auch akademische Biografien vom Studium bis zum Erreichen der Professur."
Genetzke, der 2008 die Koordination des DAAD-Programms an der OVGU von seinem Vorgänger übernahm, förderte allein in seiner Amtszeit bereits über 2.000 Aufenthalte und Mobilitäten. In den verschiedenen Lebensläufen werde wissenschaftlicher Austausch und Kooperation zu einer wertgeschätzten Konstante, die das internationale Hochschulnetzwerk über Generationen hinweg stärke.
Universität Hamburg: Neue Möglichkeiten, auch mit ungewöhnlichen Ansätzen
Ost-West-Begegnungen hinter dem Eisernen Vorhang waren für den Studenten Torsten Szobries einst eine exotische Vorstellung. Ermöglicht wurden sie ihm durch das Programm Ostpartnerschaften, etwa mit einem Russischkurs an der Universität Leningrad. Heute leitet Dr. Szobries an der Universität Hamburg (UHH) das Referat Internationaler Studierendenservice und Mobilität, koordiniert selbst die Förderung für viele andere und stärkt damit moderne Internationalisierung an der UHH. Die Volluniversität, die seit dem Start des Ostpartnerschaftsprogramms 1975 dabei ist, organisiert mit der Förderung bis heute nicht nur den breit gefächerten fachlichen Austausch in vielen 50 Jahre alten Partnerschaften. Sie geht dabei auch immer wieder neue Wege.
Dr. Szobries, Leiter des Referats Internationaler Studierendenservice und Mobilität an der UHH, erzählt:
"Im Bereich Lehre und Studierendenaustausch fördern wir auch kreative und ungewöhnliche Formate. Ein Theaterprojekt mit einem Auftritt von osteuropäischen Studierenden in Hamburg zum Beispiel oder einen Poetry Slam in Prag in Kooperation mit unserem Sprachenzentrum."
Die osteuropäischen Partneruniversitäten der UHH liegen traditionell in Hauptstädten, aber im Zuge moderner Entwicklungen im Europäischen Hochschulraum ändert sich das. Die UHH ist eine von neun Universitäten in der Europäischen Hochschulallianz EUGLOH mit Ausrichtung auf das Thema Globale Gesundheit.
Technische Universität Clausthal: Menschen, Strukturen und Wirtschaftsbeziehungen
An der Technischen Universität (TU) Clausthal wurde Professor Jakob Lamut im Juni 2025 zum "Ehrenbürger" ernannt. Der Materialwissenschaftler der Universität Ljubljana in Slowenien hat sich seit 1974 für die Hochschulkooperation mit der TU Clausthal engagiert.
Für Astrid Abel, die Leiterin des Internationalen Zentrums Clausthal, repräsentiert Professor Jakob Lamu wie kaum ein anderer das verlässliche Ostpartnerschaftsprogramm:
"Er ist die Konstante unserer Hochschulpartnerschaft mit der Universität Ljubljana, die wir mit der DAAD-Förderung über Jahrzehnte hinweg aufbauen konnten. Das Netzwerk, das für uns mit der DAAD-Förderung entstanden ist, stärkt unsere Beziehungen in der Wissenschaft, aber auch mit der Wirtschaft."
Die internationale Kooperation, die in der Forschung in den Fächern Eisenhüttenkunde und Metallurgie begann, hat sich im Laufe der Jahre auf viele weitere Fachgebiete wie etwa die Physik ausgedehnt. Heute ist der geförderte Austausch auch für Studierende durch regelmäßige gemeinsame Lehrveranstaltungen etabliert. Lehrende, Forschende und Studierende begegnen sich außerdem regelmäßig auf der Clausthaler Hochschulwoche in Ljubljana oder der Ljubljana Hochschulwoche in Clausthal. Die intensive Kooperation der beiden Universitäten, die anwendungsorientierte Forschung betreiben, ermöglicht immer wieder auch wichtige Kontakte in die Industrie.
Zum Nachlesen
- DAAD (22.08.2025): 50 Jahre Ostpartnerschaften: Hochschulen mit weiten Horizonten
- DAAD (10.07.2025): 50 Jahre Ostpartnerschaften: Zuverlässig und flexibel