Fachliche Stärken des Forschungssystems: Kanada
Übersicht
Der Spezialisierungsindex dient dazu, das wissenschaftliche Profil eines Landes darzustellen. Er zeigt an, in welchen Bereichen ein Land im Vergleich zum gesamten weltweiten Publikationsaufkommen stark oder schwach vertreten ist. Ein negatives Vorzeichen stellt eine unterdurchschnittliche Spezialisierung dar. Der Indikator ist auf einen Wertebereich von -100 (stark negative Spezialisierung) bis +100 (stark positive Spezialisierung) normalisiert. Er geht zurück auf frühere Indikatoren für die Handelsspezialisierung und baut auf dem Konzept des komparativen Vorteils auf.
Kanada weist gegenüber dem weltweiten Publikationsaufkommen eine besonders starke Spezialisierung (+25 und mehr) in den Fachgebieten Geowissenschaften, Ökologie und Klima sowie Sozialwissenschaften (ohne Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften) auf (Quelle: Monitoring des Asiatisch-Pazifischen Forschungsraums (APRA) - 2. Bericht (2020), S. 185, 206, Datenquelle: Scopus Elsevier 2016-18).
Für das Haushaltsjahr 2025-26 hat das Ministerium ISED folgende Prioritäten mit Bezug zu Technologien und Innovationen festgelegt (2025-26 Departmental Plan: Full plan): Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Kanadas wird durch Investitionen in fortschrittliche Fertigung, kritische Mineralien, digitale Infrastruktur und neue Technologien wie Quantencomputer gefördert. Kanadische Unternehmen, Innovatoren und Forschende sollen Zugang zu den Rechenkapazitäten haben, die sie benötigen, um die Forschung voranzutreiben und auf Künstlicher Intelligenz basierende Produkte Made in Canada zu entwickeln. Kanada hält außerdem an Zielsetzungen im Bereich Klimaschutz fest: So soll der Übergang Kanadas zu einer Net-Zero-Wirtschaft durch saubere technologische Innovationen, nachhaltige Produktion und Initiativen wie den Clean Growth Hub beschleunigt werden. Die kanadische Regierung hat Ende 2025 angekündigt, in den kommenden Monaten eine „Defence Industrial Strategy“ anzunehmen. Eines der wichtigsten Ziele wird es dabei sein, Forschung und Innovation zu Landesverteidigung und Sicherheit voranzutreiben.
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Agrar- und Biowissenschaften
Bereits 1983 hat Kanada seine erste Biotechnologie-Strategie („National Biotechnology Strategy“) verabschiedet, um die Aktivitäten in diesem Themenfeld über die beteiligten Ressorts zu bündeln. Fachlich liegt der Schwerpunkt vor allem im Bereich menschliche Gesundheit (52%) sowie Landwirtschaft und Ernährung (30%). Die Stadt Saskatoon hat sich zum kanadischen Zentrum der landwirtschaftlichen Biotechnologie entwickelt hat. Dort arbeiten zwei bundesstaatliche Forschungsinstitute (Saskatoon Research and Development Centre und ein Institut des National Research Council) eng mit der University of Saskatchewan zusammen. Insgesamt 13 Universitäten, unter ihne die University of Guelph, bieten in Kanada einen Master-Abschluss in der Landwirtschaft an. Seit dem Jahr 2000 hat Kanada mit Genome Canada eine eigene Fördereinrichtung für Genomforschung, die von der kanadischen Regierung finanziert wird. Die Anwendungsgebiete sind weit gestreut: Landwirtschaft, Energie, Umwelt, Fischerei, Forsten und Gesundheit. Weitere Förderschwerpunkte sind die Kommerzialisierung von Anwendungen und gesellschaftliche Auswirkungen.
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Energie
Für den Energiesektor ist wie auch z.B. für die Themen Forstwirtschaft und Geologie/Rohstoffe, das Ministerium für natürliche Ressourcen („Natural Resources Canada", NRCan) zuständig. Kanada ist ein rohstoffreiches Land und verfügt über erhebliche Reserven an fossilen Energieträgern wie Erdöl und Uran. Andererseits ist sich Kanada der Nachteile ihrer Nutzung bewusst: Die Verfügbarkeit der fossilen Brennstoffe ist endlich und der Abbau sowie der Gebrauch bergen Risiken und nicht einschätzbare Folgen. In diesem Spannungsfeld agiert die kanadische Energiepolitik. Einerseits wird die Nutzung der fossilen Energien vorangetrieben, auf der anderen Seite werden aber auch vielfältige Aktivitäten zur Energieeffizienz und zur Nutzung alternativer Energien gefördert. Auch im Bereich der CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) ist Kanada sehr aktiv.
Das ministeriumseigene Office of Energy Research and Development (OERD) verteilt Gelder an 13 Regierungsstellen, die Forschung und Entwicklung im Bereich Energie durchführen. Eine zentrale Einrichtung ist das CANMET Energy Technology Centre (CETC), das auch dem Ministerium für natürliche Ressourcen (NRCan) untersteht. Die Einrichtung, die Forschung und Entwicklung an drei Standorten durchführt, arbeitet eng mit Industrie und Regierungsorganisationen zusammen.
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Geowissenschaften und Meeresforschung
Die Entwicklung des kanadischen Nordens ist in den letzten Jahren in den Fokus des Interesses der kanadischen Regierung getreten. Kanada betont ausdrücklich, seine Souveränität in den arktischen Gebieten verteidigen zu wollen. Mit dem deutschen Alfred-Wegener-Institut (AWI) existiert eine langjährige und gute Zusammenarbeit von zahlreichen kanadischen Instituten und Organisationen auf dem Gebiet der Arktisforschung.
Das sogenannte „Ocean Supercluster“ gehört zu den fünf Initiativen, die zwischen 2022-28 von der kanadischen Regierung unter dem Programm „Global Innovation Clusters“ gefördert wird. Die Führung liegt bei Unternehmen („industry-led“), die in Projekte investieren. Beteiligt sind auch Unternehmensverbände wie die Canadian Aquaculture Industry Alliance (CAIA) und der Ocean Technology Council of Nova Scotia (OTCNS) sowie Partnerschaften wie die Fishermen & Scientists Research Society. Kanadische Hochschulen, die sich am Ocean Supercluster beteiligen, sind: Dalhousie University, Queen’s University, York University, University de Moncton, University of British Columbia, British Columbia Institute of Technology (BCIT), University of New Brunswick (UNB), University of Prince Edward Island sowie die University of Waterloo.
Inhaltlich werden folgende Prioritäten gesetzt: Ausbau der Meeresenergien, nachhaltige Ernährung aus dem Meer, Zukunft des Transports, Ozeanklima, Talente und Netzwerken.
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Gesundheitsforschung
Das Gesundheitsministerium „Health Canada“ ist nicht nur für die Gesundheitspolitik zuständig sondern verfügt auch über eigene Forschungseinrichtungen, in denen insgesamt 4.000 Beschäftigte, 160 davon Wissenschaftler, an 15 Orten in Kanada arbeiten. Die „Health Canada“ zugeordneten Institute verfügen auch über zwei Stipendienprogramme, das „Visiting Fellowships Program“ und das „Postdoctoral Fellowship Program“. Der größte Teil der medizinischen Forschung wird an den Universitäten und Universitätskliniken durchgeführt. Die bundesstaatliche Förderorganisation für die Gesundheitsforschung sind die Canadian Institutes of Health Research (CIHR). Neben Projekten werden 13 virtuelle Institute gefördert, bei denen es sich um Netzwerke handelt, deren Mitglieder über ganz Kanada verstreut sind. Auch durch die strategischen Programme „Networks of Centers of Excellence“ und Genome Canada werden Projekte in der Gesundheitsforschung gefördert.
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Digitaler Wandel
Die kanadischen Cluster für Informations- und Kommunikationstechnologien sind über ganz Kanada verteilt und haben sich meist auf unterschiedliche Bereiche spezialisiert. Unterstützt werden die forschenden Unternehmen durch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen Communications Research Centre (CRC), sowie den National Research Council Canada (NRC) mit dem Digital Technologies Research Centre. Unter der Nationalen Quantenstrategie von 2023 leitet der NRC die neue Quantum Research and Development Initiative (QRDI). Diese ist mit 9 Millionen CAD ausgestattet und bringt die Regierung, die Expertise und Infrastruktur bereitstellt, mit akademischen und industriellen Partner zusammen, um gemeinsam an der Weiterentwicklung von Quantentechnologien zu arbeiten.
Im Rahmen der „Global Innovation Clusters“ fördert die kanadische Regierung von 2022-28 das „Digital Technology Supercluster“ in British Columbia. Im Großraum Vancouver befinden sich ca. 10.000 meist kleine und mittelständische thematisch relevante Unternehmen. Zunehmend eröffnen aber auch Technologieführer wie Microsoft, Amazon und Facebook Büros in Vancouver.
2017 war Kanada das erste Land, das eine eigene mit Förderung unterlegte Strategie für Künstliche Intelligenz (KI) annahm. Unter der „Pan-Canadian AI Strategy" (PCAIS) hat Kanada über 700 Millionen CAD in den Aufbau eines KI-Ökosystems investiert. Eckpfeiler in der kanadischen KI-Architektur bilden heute die Institute
- Montréal Institute of Learning Algorithms (MILA)
- Alberta Machine Intelligence Institute (AMII)
- Vector Institute for Artificial Intelligence (VIAI) auf dem Schwartz Reisman Innovation Campus in Toronto.
Scale AI ist ein kanadisches Supercluster, das Unternehmen, Start-ups, Forschungszentren und Hochschulen (Université Laval, University of Alberta, McGill University, University of Toronto, University of Waterloo) zusammenführt. Das Cluster strebt an, Lieferketten mit Hilfe von KI-Technologien zu optimieren und so kanadische Industrien effizienter zu machen.
2024 hat Kanada die „Canadian Sovereign AI Compute Strategy“ angenommen. Ziel ist es, für Industrie und Forschende zu erschwinglichen Preisen KI-Infrastruktur nach dem neuesten Stand der Forschung („state of the art”) bereitzustellen. Bis 2029 sind Investitionen von über 2 Milliarden CAD geplant. Unter anderem soll mit Hilfe des „AI Sovereign Compute Infrastructure Program” ein Supercomputing System auf kanadischem Territorium unter kanadischer Kontrolle aufgebaut werden.
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Nachrichten
Mobilität und Raumfahrt
Der kanadische Sektor der Luft- und Raumfahrt ist geographisch auf die Provinz Québec, besonders in der Region um Montréal konzentriert. Die kanadische Luftfahrt steht mit über 400 Firmen und 75.000 Arbeitskräften an weltweit vierter Stelle. Sechs Hochschulen und sechs führende Unternehmen in Québec bilden das „Consortium de Recherche et d'innovation en aérospatiale du Québec (CRIAQ)“. Weitere Unterstützung erhalten die Unternehmen durch die Luft- und Raumfahrtinstitute der Forschungsorgansation National Research Council (NRC) Aerospace. Das Aerospace Manufacturing Technologies Centre befindet sich auf dem Campus der Université de Montréal. Auch die sechs Windkanäle des NRC in Ottawa können zu Testzwecken genutzt werden.
Die kanadische Weltraumforschung wird vor allem durch die Canadian Space Agency (CSA) geprägt, die ebenfalls im Raum Montréal ansässig ist. Sie arbeitet zusammen mit Industriepartnern im Bereich der Satellitennavigation, Fernerkundung und Robotik. Die CSA bietet auch Förderung unter verschiedenen Programmen an, so beispielsweise unter dem Space Technology Development Program (STDP).