Region Tokio

Die Metropolregion Tokio (Tokio-Yokohama Metropolregion) erstreckt sich auf einem Gebiet von rund 14.000 km² über die vier Präfekturen Tokio, Saitama, Kanagawa und Chiba. Das 30 km südlich von Tokio liegende Yokohama ist eine wichtige Großstadt der Metropolregion. Das Areal zwischen Yokohama und Tokio ist Japans größtes Industriegebiet. Mit mehr als 37 Millionen Menschen leben rund 30 Prozent der gesamten Landesbevölkerung innerhalb der Metropolregion.

Tokio erwirtschaftete im Finanzjahr 2023 ein Bruttoinlandsprodukt von rund 822 Mrd. USD, was etwa 20 Prozent des BIP des Landes entspricht. In der Präfektur Tokio operieren über 660.000 Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Angestellten. 99 Prozent davon sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Im nationalen Vergleich ist Tokio der wichtigste Standort für sowohl nationale als auch internationale Unternehmen. 34 der Fortune 500 Unternehmen 2020 und mehr als 75 Prozent aller in Japan operierenden ausländischen Unternehmen haben dort ihren Hauptsitz. Tokio gilt mit rund 1.500 ansässigen Finanzinstitutionen, über 3.900 gelisteten Unternehmen und einer Marktkapitalisierung von 6.3 Bio. USD (2023) als einer der größten Handelsplätze weltweit.

Internationale Rankings, in denen die Wissens- und Innovationskapazitäten und die Hochschulbildung untersucht werden, bewerten die Metropolregion insgesamt stark. Tokio zählt aufgrund seiner technologischen Stärke seit vielen Jahren zu den bestplatzierten Innovationshubs weltweit:

Hightech Branchen und Innovationsfelder

Zu den wichtigsten Innovationsfeldern gehören Biotechnologien, Umwelttechnologien und Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese Felder werden mithilfe von Sonderwirtschaftszonen („Special Comprehensive Zones“) gezielt gefördert.

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Robotik

Japan hat seit jeher eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung inne und war 2017 nach Kanada weltweit das zweite Land, das eine eigene KI-Strategie (Update 2022) implementierte. In den letzten Jahren ist der IKT-Sektor insbesondere in Yokohama auf rund 3.500 Unternehmen angewachsen. Neben Start-ups und KMU siedeln dort vermehrt FuE-Zentren globaler Tech-Größen wie Apple und LG an. Die Stadt fördert aktiv Kooperationen und führt seit 2017 eine Netzwerk- und Projektplattform für die regionale IKT-Branche.
Zu den Schwerpunkten der Region gehören die Themen Internet der Dinge, Big Data, Künstliche Intelligenz und Robotik, mit einem Fokus auf nachhaltige Transformation. 

Der Robotik-Bereich ist von vielen Start-ups geprägt, die eine technologische Bandbreite von fertigenden-sensorischen bis kollaborativ-humanoiden Robotern abdecken. In keinem anderen Land sind diese Technologien derart gesellschaftlich eingebunden und akzeptiert. Die öffentliche Hand richtete mit der Sagami Robot Industry Special Zone in Kanagawa eine Sonderwirtschaftszone ein, die durch Deregulierungsprogramme und Steuervorteile die Kommerzialisierung und Verbreitung von Alltags-Assistenzrobotern unterstützen soll.

Automobilindustrie

Eine der erfolgreichsten Branchen Japans und zugleich der Metropolregion hat ihren bedeutendsten Standort in Yokohama. Kfz-Produkte sind zum einen die wichtigsten Exportgüter des Landes (rund 20 Prozent), zum anderen weist die japanische Automobilbranche eine besonders hohe Innovationskraft auf. Im FuE-Fokus steht die elektrische, vernetzte und automatisierte Mobilität ebenso wie Sharing-Angebote. In der Produktion ist die Region insbesondere im Feld der Smart Factory Vorreiter. Kooperationen mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, vor allem aus der Informationstechnologie, KI und Robotik sind in diesem Zuge zunehmend relevant. Der japanische Automobilzulieferer Denso gründete 2020 gemeinsam mit dem Tokyo Institute of Technology das Mobility Collaborative Research Center, um Tokyo Tech’s Open Innovation Plattform und die gemeinsame Forschung in den definierten Zukunftssektoren weiter zu fördern. Auch deutsche Unternehmen wie Bosch, Mercedes-Benz und Volkswagen sind in der Region aktiv. Ein großes Potenzial steckt in der Zusammenarbeit im Bereich Elektromobilität.

Life Sciences

Die Metropolregion ist ein bedeutendes japanisches Zentrum der Biotechnologie und Lebenswissenschaften mit einem besonderen Fokus auf der Entwicklung von Medikamenten und medizinischen Instrumenten. Im Bereich der Biotechnologie wurden schon früh Querschnittsaktivitäten und Forschungskooperation zwischen Unternehmen unterschiedlicher Branchen gefördert, wie etwa Biosensoren, Bioinformatik und grüne Biotechnologie.

Die Präfektur Chiba ist eine der weltweit führenden Regionen in der Krebs- und Genomforschung. Die drei dort angesiedelten Biotechnologie-Cluster zählen zu den wichtigsten Wirtschaftshubs der Präfektur. Mit dem Life Innovation Center in Kawasaki unterstützt die Stadt öffentlich-private Forschungskooperationen im Bereich der regenerativen Medizin und Zelltherapie. In der Stadt findet jährlich Asiens größte internationale Biotechnologie-Konvention, BioJapan, statt. Durch die Erfahrungen der Coronapandemie hat die Stärkung des Gesundheitssektors für Japan zusätzlich an Bedeutung gewonnen.

Umweltsektor

Tokio verfolgt mit Tokyo eSG eine grüne und nachhaltige Strategie, die bis 2050 nicht nur CO2-Freiheit, sondern auch den Einsatz neuester grüner Technologien und ein nachhaltiges Finanzwesen vorsieht. Der Umweltsektor in Japan verzeichnet großes Wachstum. Insbesondere bei Unternehmen in den Bereichen Erneuerbare Energien (insbes. Wasserstoff), Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung wird Wachstumspotenzial gesehen. Auch wird auf Technologien wie Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge und Digitalisierung im Allgemeinen gesetzt, um Treibhausgasemissionen zu senken. Hier bestehen auch für deutsche Unternehmen vielversprechende Anknüpfungspunkte.

Das Global Zero Emission Research Center (GZR) wurde in Tokio im Januar 2020 im Einklang mit der "Environment Innovation Strategy" der japanischen Regierung gegründet, die darauf abzielt, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Das GZR bietet eine Plattform für den Austausch über Spitzenforschung und -entwicklung.

Akteure und Netzwerke

Tokio ist Japans Forschungszentrum, wie sich unter anderem anhand der vielen Forschungsorganisationen in und um Tokio erkennen lässt. In den Bereichen IKT, Robotik, Manufacturing sowie Biotechnologie und Life Sciences bilden zahlreiche öffentliche Forschungsinstitutionen die Stärkefelder der Region ab.

Das Forschungsinstitut RIKEN ist Japans größtes und renommiertestes Forschungsinstitut mit Hauptsitz in Saitama, wenige Kilometer von Tokio entfernt. RIKEN betreibt Grundlagenforschung und FuE-Aktivitäten in vielen wissenschaftlichen Bereichen, darunter Physik, Chemie, Medizin, Biologie und den Ingenieurwissenschaften. Im Bereich der Chemischen Systembiologie gründete RIKEN 2011 gemeinsam mit der deutschen Max-Planck-Gesellschaft das RIKEN-Max Planck Joint Research Center for Systems Chemical Biology. In interdisziplinärer Zusammenarbeit werden dort medizinische Wirkstoffe aus Naturstoffen erforscht .

Das Institut der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC) ist eine weitere Großforschungsanstalt mit exzellentem Ruf. Die Hauptaufgaben liegen im Bereich der Ozeanologie, Meerestechnik und Klimaforschung. Das zugehörige Yokohama Institute for Earth Sciences (YES) gilt als Knotenpunkt für die globale Klimaüberwachung und Vorhersage von Naturkatastrophen. Im Feld der Umweltwissenschaft sind die Forschungsinstitute Kawasaki Environment Research Institute und das RIKEN Center for Sustainable Resource Science von großer Bedeutung.

Das Regionalbüro des japanischen Wirtschaftsministeriums (METI) Kanto Bureau of Economy, Trade and Industry (METI-Kanto) unterstützt die Cluster-Bildung in der gesamten Kanto Region (neben den vier Präfekturen der Metropolregion sechs weitere Präfekturen). Neben der Förderung von Kooperationen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie regionaler Innovationskapazitäten wird auch die Kooperation mit Kapitalgebern gefördert.

Speziell an Mittelständler richtet sich das Angebot des Tokyo Metropolitan Small Business Center, das Beratung zu Management, geistigen Eigentumsrechten sowie Subventionen und Förderungen liefert. Während bisher insbesondere etablierte Unternehmen und Forschungskooperationen als Innovationstreiber vor Ort agieren, haben sich in neueren Entwicklungen die Lokal- und Zentralregierung die Stärkung von Start-ups zum Ziel gesetzt.

Zu den Unterstützungsangeboten in Tokio gehören:

  • CIC Tokyo, das größte Innovationszentrum Japans, das mehr als 250 Start-ups, Wagniskapitalgeber und Forschende beherbergt.
  • Keio Innovation Initiative, eine Wagniskapital-Firma, die von der Keio Universität eingerichtet wurde, um Ausgründungen zu unterstützen.
  • University of Tokyo Edge Capital Partners arbeitet mit akademischen Einrichtungen in Japan und im Ausland, um Start-ups zu unterstützen, Innovationen zur Lösung globaler Probleme zu entwickeln.
  • Tokyo Consortium besteht aus Start-ups, Investoren, Inkubatoren, auswärtigen und lokalen Regierungen und Industrieverbänden und verfolgt das Ziel, jungen Unternehmen zu mehr Wachstum zu verhelfen.
  • Tokyo Innovation Base wurde im Mai 2024 als Start-up Campus und wichtige Vernetzungsstelle für nationale und internationale Akteure gegründet.
  • Tokyo Venture Capital Hub ist Japans erste groß angelegte Drehscheibe, die Investoren zusammenbringt und das Ziel verfolgt, Investitionen in Start-ups zu erhöhen.

Hochschullandschaft

Noch heute ist die im Jahr 1877 gegründete University of Tokyo die wichtigste Universität der Region und belegt im internationalen Vergleich einen guten Patz:

  • 29. Rang in den Times Higher Education World University Rankings 2024
  • 27. Platz im Shanghai Academic Ranking of World Universities 2023
  • 28. Rang im QS World University Ranking 2024

Sie trägt maßgeblich zu Forschung und Innovation in den Feldern Biotechnologie und Entwicklung kohlenstoffarmer Technologien bei. Die Universität hat Kooperationsvereinbarungen u. a. mit der FU Berlin, der Humboldt Universität Berlin, der LMU München und der Ruhr-Universität Bochum. Sie ist darüber hinaus Mitglied in mehreren internationalen Forschungskooperationen wie der International Alliance of Research Universities (IARU), der Association of Pacific Rim Universities (APRU) und der Asian Universities Alliance (AUA).

Ein Beispiel für die intensive Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft liefert das Research Center für Advanced Science and Technology (RCAST) der University of Tokyo. Neben dem personellen Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft werden auch die Forschungsberatung beider Seiten und die gemeinsame Anfertigung von Machbarkeitsstudien ins Zentrum gerückt. Mit den Forschungsfeldern Werkstoffe, Umwelt, Gesellschaft, Informations- und Kommunikationstechnologien, Barrierefreiheit und Biologie und ihren zusätzlichen interdisziplinären Forschungsprojekten bildet das Center die Stärkefelder der Region ab.

Das Tokyo Institute of Technology (Tokyo Tech) ist eine weitere wichtige technische Forschungs- und Hochschuleinrichtung mit besonderer Stärke in den Fachbereichen Chemie und Materialwissenschaft, Ingenieurswissenschaften, Life Sciences und IT.

Weitere höhere Bildungseinrichtungen innerhalb der Metropolregion sind:

Programme zur Innovationsförderung

Die gezielte Förderung von KMU und Start-ups gehört mittlerweile zu den strategischen Zielen der Region. Gleichzeitig plant die Regionalregierung, Tokio zu Asiens Hauptfinanz- und Wirtschaftszentrum zu entwickeln. Durch steuerliche Anreize und Deregulierungen bestimmter Arbeits- und Aufenthaltstitel plant Tokio, vor allem hochkarätige internationale Unternehmen und Forschungszentren zu den Themen Internet der Dinge (IoT), Künstliche Intelligenz (KI) und Fintech zu gewinnen.

Japan ist bekannt für seinen hohen Digitalisierungsgrad. Nun plant das Land die Realisierung der sogenannten Society 5.0. Die Society 5.0-Vision sieht vor, durch automatisierte, digitale Technologien wie IoT und KI, den Cyberspace und das reale, alltägliche Leben noch stärker zu vernetzen. Auf dem Weg dorthin sollen Sonderwirtschaftszonen, ein „Sandkasten-System“ zur regionalen Vereinfachung der sonst starren Bestimmungen, eine neue Wirtschaftsdynamik generieren. Das 2011 verabschiedete Sonderstrategiezonen-Gesetz wurde 2020 als „Super City Bill“ neu aufgelegt. Dadurch können Technologien wie autonomes Fahren, Telemedizin und virtueller Unterricht im realen Leben ausprobiert werden.

Im März 2021 veröffentlichte Tokios Regierung Future Tokyo: Tokyo´s Long-Term Strategy mit einer Vision für die 2040er Jahre sowie Zwischenzielen, die bis 2030 erreicht werden sollen. Die Strategie wurde seitdem jährlich überarbeitet, um aktuelle Herausforderungen zu priorisieren. Ein Hauptanliegen ist die Umsetzung von Smart Tokyo durch digitale Transformation.

Eines von Future Tokyos Projekten ist Sustainable High City Tech Tokyo bzw. SusHi Tech Tokyo, das urbane Visionen für künftige Generationen aufzeigt. Tokio nutzt hier neueste Technologien und Ideen, um globale städtische Herausforderungen wie Klimawandel, Energie- und Nahrungsmittelknappheit zu überwinden. Gleichzeitig ist SusHi Tokyo Asiens größte Start-up Messe, mit der Tokio sich als Start-up-freundliche Stadt präsentieren und Unternehmen mit Investoren zusammenbringen möchte.

Tokio hat ein florierendes Start-up Ökosystem und verfolgt das Ziel, dieses weiterzuentwickeln. Die Strategie Global Innovation with STARTUPS fördert Start-ups durch Beschleunigung und Förderung von Open Innovation. Die Initiative ist mit dem Fünfjahresplan der japanischen Regierung zur Entwicklung von Start-ups abgestimmt, der vorsieht, Investitionen in Start-ups bis zum Jahr 2028 auf 72,4 Mrd. USD zu erhöhen sowie 100 Einhörner (Start-ups mit einer Bewertung von über 1 Mrd. USD/EUR) zu schaffen.

Tokios Regierung hat im März 2024 das Programm Global Hypergrowth Tokyo ins Leben gerufen. Das Skalierungsprogramm soll Start-ups der Tech Branche durch gezieltes Mentoring und Coaching zu einer erfolgreichen globalen Vermarktung verhelfen. Unternehmen aus dem Deep Tech-, Life Sciences- und KI-Bereich haben durch das Programm bereits knapp 100 Mio. USD an Finanzmitteln eingeworben.

Projektträger