Brexit, Grundrechtseinschnitte in Polen und Ungarn, die Spaltung der Europäischen Union in der Corona-Pandemie: Die zentrifugalen Kräfte innerhalb der Europäischen Union nehmen zu. In diesen unruhigen Zeiten sehen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des im hessischen Kloster Eberbach entstandenen Appells den Europäischen Hochschulraum als einen wesentlichen Stabilitätsanker der Union. In ihrem Papier rufen sie dazu auf, den mit der Bologna-Erklärung im Juni 1999 ins Leben gerufenen Europäischen Hochschulraum zu stärken und die gemeinsamen europäischen Werte als Basis des Hochschulraums zu verteidigen.
DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee erklärte hierzu:
„Wir wollen mit dem Eberbach-Appell dazu beitragen, die Macron’sche Idee eines ‚Europa, das uns schützt‘ zu verwirklichen. Der Europäische Hochschulraum bietet dafür eine hervorragende Basis, denn er erlaubt es jungen Menschen, eine europäische Identität aufzubauen und sich als Bürgerinnen und Bürger Europas zu sehen. Gleichzeitig steht er auf einem gemeinsamen Wertefundament, das zentrale gesellschaftliche Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, mit akademischen Werten wie Wissenschaftsfreiheit, Hochschulautonomie und Transparenz verbindet. Diese weltweit fast einzigartige Kopplung ist global betrachtet nicht nur für Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoch attraktiv, sondern Teil des europäischen Erfolgsmodells."
Das europäische Wertefundament gelte es laut Mukherjee angesichts mancher Entwicklungen in EU-Mitgliedsstaaten auch nach innen zu verteidigen. Die Hochschulen trügen dabei eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Demokratie und nähmen diese in Deutschland seit jeher sehr stark wahr.
Eberbach-Appell
Der DAAD hatte Ende des vergangenen Jahres gemeinsam mit der Academic Cooperation Association (ACA) europäische Hochschulleitungen, Forschende und Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Hochschulorganisationen ins Kloster Eberbach eingeladen, um über die aktuelle Bedeutung von Werten in der europäischen Hochschulbildung zu diskutieren. Im daraus resultierenden Eberbach-Appell werden Hochschulen, Politik und Gesellschaft aufgefordert, die Rahmenbedingungen in Europa, in jedem nationalen Bildungssystem und in jeder Institution so zu gestalten, dass sie angesichts der aktuellen Herausforderungen zur Stärkung des Europäischen Hochschulraums und damit auch der europäischen Identität beitragen. Hochschulbildung solle praktische Kompetenzen, Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln, um jungen Menschen dabei zu helfen, zu verantwortungsbewussten Bürgern Europas zu werden. Gleichzeitig müsse ein Hochschulstudium die Fähigkeit und den Willen zu ethischer Reflexion und kritischer Analyse stärken und zentrale akademische und gesellschaftliche Werte vermitteln. Mit dem Eberbach-Appell unterstützen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner die Ziele der Bologna-Erklärung.