Mit einem neuen Dekret weist Präsident Trump die Bundesbehörden an, neue und bestehende Programme und Aktivitäten an "Gold Standard Science"-Prinzipien auszurichten. Der Direktor des Office of Science and Technology Policy, Michael Kratsios, wird beauftragt, mit den Leitungen der Behörden zusammenzuarbeiten, um innerhalb von 30 Tagen Leitlinien für die Übernahme der Prinzipien herauszugeben und innerhalb von 60 Tagen über die Fortschritte bei der Umsetzung zu berichten.
Das Dekret richtet sich in erster Linie an Bundeseinrichtungen und -behörden wie beispielsweise die U.S. Environmental Protection Agency (EPA), die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) oder die U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Darüber hinaus ermutigt die Trump-Administration aber auch amerikanische Forschungseinrichtungen in Hochschulen, Industrie und Philanthropie, ihre Aktivitäten am "Gold Standard Science" auszurichten.
"Gold Standard Science" ist definiert als Wissenschaft, die auf eine Weise durchgeführt wird, die:
- reproduzierbar ist;
- transparent ist;
- die Fehler und Unsicherheiten kommuniziert;
- kollaborativ und interdisziplinär ist;
- skeptisch gegenüber ihren Ergebnissen und Annahmen ist;
- strukturiert für die Falsifizierbarkeit von Hypothesen;
- einer unvoreingenommenen Peer-Review unterliegt;
- negative Ergebnisse als positive Ergebnisse akzeptiert; und
- frei von Interessenskonflikten ist.
Bei der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse für administrative Entscheidungen der Bundesbehörden sollen wissenschaftliche Unsicherheiten künftig klar kommuniziert werden. Mitarbeitende der Behörden müssen zudem die Wahrscheinlichkeit der verwendeten Annahmen und Szenarien transparent machen. Äußerst unwahrscheinliche und übermäßig vorsichtige Annahmen und Szenarien sollten bei der Entscheidungsfindung der Behörde nur dann herangezogen werden, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben oder anderweitig für das Handeln der Behörde relevant ist.
Bei einem Treffen mit der National Academy of Sciences erläuterte Michael Kratsios, dass auch die Anwendung von Strategien und Programmen zur Förderung von "Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion" ("Diversity, Equity and Inclusion", kurz DEI) nicht mit dem Gold Standard vereinbar sei, da durch DEI-Programme wissenschaftliche Forschung nicht mehr an Leistungskriterien ausgerichtet würde. Kratsios benennt als abschreckendes Beispiel die NASA, bei der Forschungsanträge bis vor kurzem noch Pläne zur Förderung von Inklusion enthalten und die Konsortien, die über Forschungsanträge entschieden, zu 50 Prozent mit "DEI professionals" (Diversitäts-/Gleichstellungs-/Inklusionsbeauftragten) besetzt werden mussten. Dies beeinträchtige den Fokus auf Leistung, schaffe administrative Hürden und lenke von der wesentlichen Arbeit ab.
Ziel des Dekrets ist es, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft und das darauf gegründete Handeln der Behörden wiederherzustellen, welches nach Ansicht der Trump-Administration unter dem Amtsvorgänger Joe Biden gelitten hat. Dazu benennt das Dekret eine Reihe von Beispielen, wie die Verwendung von "Worst-Case-Szenarien“ in der Klimaforschung und bei der Regulierung der Hummer-Industrie. Benannt werden auch Leitlinien des Centers for Disease Control and Prevention, die im Laufe der COVID-19-Pandemie die Wiedereröffnung von Schulen für Präsenzunterricht trotz des geringen Risikos für Kinder und Jugendliche erschwert haben.
Das Wissenschaftsmagazin Science fasst Befürchtungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den USA zu den Auswirkungen des neuen Dekrets zusammen. Eine Sorge ist demnach, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und Informationen, die nicht einem extrem hohen Standard entsprechen, bei der politischen Entscheidungsfindung künftig keine Berücksichtigung mehr finden. Kritisch gesehen wird auch die Rolle der neu zu ernennenden Beauftragten in den Bundesbehörden, die künftig wissenschaftliche Datensammlungen und Studien auf die Einhaltung des Goldstandards überprüfen sollen. Damit wachse das Risiko der politischen Einflussnahme auf die Wissenschaft. Vor diesem Hintergrund hat die US-amerikanische Initiative "Stand Up for Science“ eine Unterschriftenaktion gegen das Dekret zur "Gold Standard Science“ gestartet, die bereits mehrere Tausend Unterschriften gesammelt hat.
Zum Nachlesen
- The White House (23.05.2025): Restoring Gold Standard Science
- The White House (23.05.2025): Fact Sheet: President Donald J. Trump is Restoring Gold Standard Science in America
- The White House (19.05.2025): Remarks by Director Kratsios at the National Academy of Sciences
- Science (19.05.2025): Trump’s science adviser defends funding cuts as a chance to ‘revitalize’ U.S. science
- Science (27.05.2025): What does Trump’s call for ‘gold standard science’ really mean?