FuE-Indikatoren

Tabelle 4: Indikatoren zu Forschung und Entwicklung (FuE)
Quelle: (1) UNESCO Institute of Statistics, Stand März 2021
(2) OECD.Stat Main Science and Technology Indicators MSTI 2020/2, Stand März 2021

* in laufenden Preisen, kaufkraftbereinigt

Indikator

Vietnam(1)

Deutschland(2)

OECD-Gesamt(2)

Stand

Nationale FuE-Ausgaben [Mio. USD*]

3.566

147.502

1.560.968

2017/19/19

FuE-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) [Prozent]

0,5

3,2

2,5

2017/19/19

Ausgaben für FuE in Unternehmen (BERD) [Mio. USD*]

2.604

101.747

1.112.817

2017/19/19

Anteil von BERD am BIP [Prozent]

0,4

2,2

1,8

2017/19/19

Ausgaben für FuE in Hochschulen (HERD) [Mio. USD*]

190

25.528

258.395

2017/19/19

Anteil von HERD am BIP [Prozent]

0,03

0,6

0,4

2017/19/19

Ausgaben für FuE in außeruniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen (GOVERD) [Mio. USD*]

759

20.227

151.334

2017/19/19

Anteil von GOVERD am BIP [Prozent]

0,11

0,4

0,2

2017/19/19

Anzahl der Forschenden (Vollzeitäquivalente)

66.953

449.464

5.347.423

2017/19/18

Anzahl der Forschenden (VZÄ) je 1000 Beschäftigte

1,2

9,9

8,9

2017/19/18

Anteil der Forschenden (VZÄ) in privaten Unternehmen [Prozent]

24,1

60,7

63,6

2017/19/18

         

Nach oben

FuE-Finanzierung

In den OECD-Ländern mit überwiegend hohem Einkommen finanziert meist die inländische Wirtschaft den größten Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (OECD Gesamt 62 Prozent, Deutschland 66 Prozent). Die Anteile betragen für den Staat 25 bis 28 Prozent und für das Ausland etwa 6 bis 7 Prozent (OECD Gesamt und Deutschland).

Vietnam hat sich in rasanter Geschwindigkeit in Richtung des OECD-Modells hin entwickelt: Innerhalb von vier Jahren (2011-15) verdoppelte die Wirtschaft ihren Finanzierungsanteil von 29 auf 58 Prozentpunkte und hat nach einem nochmaligen Anstieg mit 64 Prozent inzwischen sogar die Durchschnittswerte der OECD überholt.

Nach oben

FuE-Durchführung

Bei der Durchführung von Forschung und Entwicklung nehmen die Unternehmen in den OECD-Ländern meist eine dominante Rolle ein (Anteile für Deutschland und OECD Gesamt liegen bei 69 und 71 Prozent). Hier ist die Entwicklung in Vietnam sogar noch rasanter als bei der Finanzierung: Innerhalb von zwei Jahren (2011-13) hat sich der Anteil der Unternehmen an der Durchführung von FuE in Vietnam von 26 auf 51 Prozent verdoppelt, ist bis 2017 noch einmal um mehr als 20 Prozentpunkte gewachsen und übertrifft inzwischen die Werte der OECD. Bei dieser sprunghaften Entwicklung sollte man allerdings in Betracht ziehen, dass auch statistische Erfassungsprobleme eine Rolle spielen könnten.

Im öffentlichen Sektor sind der OECD-Raum und in geringerem Maße auch Deutschland hochschulzentriert (Verhältnis von GOVERD zu HERD von etwa 35 : 65 bzw. 45 : 55). Obwohl in Vietnam zuletzt eine leichte Verschiebung zugunsten der Hochschulen festzustellen ist, dominieren die außeruniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen nach wie vor klar (Verhältnis von GOVERD zu HERD von etwa 80 : 20).

Nach oben

Forschungs- und Förderorganisationen

Die zentralen Verantwortlichkeiten im vietnamesischen Forschungs- und Innovationssystem sind auf den Premierminister und das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (Ministry of Science and Technology, MOST) verteilt. Die beiden großen vietnamesischen Forschungsakademien sind, der Tradition Russlands und China folgend, keinem Ministerium, sondern einer übergeordneten Autorität - in diesem Fall dem Premierminister Vietnams - unterstellt. Die beiden Nationaluniversitäten sind ebenfalls dem Premierminister zugeordnet. Das MOST trägt dagegen die Verantwortung für die wichtigsten Hochtechnologie- und Nuklearforschungseinrichtungen (s.w.u.) sowie für die beiden zentralen Fördereinrichtungen für Grundlagen- und angewandte Forschung sowie Innovation (vgl. unter Für Bildung und Forschung zuständige Ministerien).

Ein erster Vorgänger der Akademie für Sozialwissenschaften wurde bereits 1953 gegründet. Seit 2012 trägt die Dachorganisation die Bezeichnung Vietnam Academy of Social Sciences (VASS). Die Akademie ist verantwortlich für sozialwissenschaftliche Forschung einschließlich der Postgraduiertenausbildung und der Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für die Politikberatung in Vietnam. Zum VASS-Verbund gehören 35 wissenschaftliche Institute, acht weitere Einrichtungen sowie 17 Ausbildungseinrichtungen für Postgraduierte. Vertreten sind die Fachgebiete Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Internationale Studien und Regionale Studien. VASS beschäftigt 1425 akademischen Mitarbeiter, hiervon über 130 Professoren und Associate Professors sowie über 270 Promovierte. Die Akademie gibt 30 wissenschaftliche Zeitschriften, davon sechs auf Englisch, heraus.

Die Vietnam Academy of Science and Technology (VAST) entstand 1975 aus der Vietnamesischen Akademie der Wissenschaften. Sie konzentriert sich neben der Grundlagenforschung auch zunehmend auf angewandte Forschung und Technologieentwicklung. Zu ihr gehören 30 Nationale Institute, sieben nicht-akademische Einrichtungen sowie weitere umsetzungsorientierte Organisationen. Vertreten sind die Fachrichtungen der Grundlagenforschung Mathematik und Physik, Chemie, Ökologie und Biologische Ressourcen, Marine- und Geowissenschaften sowie Materialforschung. Eine Reihe von Instituten forschen zu Technologien und ihren Anwendungen, so zum Beispiel zu Energie sowie Umwelt-, Bio-, Informations-, Raumfahrt- und Chemischen Technologien. Im VAST-Verbund sind mehrere wissenschaftliche Spitzeneinrichtungen angesiedelt, darunter vier von 16 der sog. Key Labs in den Bereichen Biotechnologie, Materialwissenschaften und IKT sowie ein Zentrum für wissenschaftliches Hochleistungscomputing (vgl. unter Forschungs- und Innovationspolitische Ziele und Programme).

In Vietnam gibt es auch Industrieforschungseinrichtungen mit öffentlicher Finanzierung, die dem Ministerium für Industrie und Handel (MOIT) unterstehen. Eine staatliche Einrichtung, die auch international kooperiert, ist das National Research Institute of Mechanical Engineering (NARIME). Andere Einrichtungen, die wie zum Beispiel die Industrial Machinery and Instruments Holding (IMI Holding) in Wissenschafts- und Technologieunternehmen umgewandelt wurden, unterstehen weiterhin dem MOIT.

Das National Center for Technological Progress (NACENTECH), das 1984 gegründet wurde, ist seit 1994 im Auftrag des MOST in verschiedenen Gebieten der Hochtechnologie tätig (Laser, Mikroelektronik, Informatik, Materialforschung und Biowissenschaften). Nachdem sich das Zentrum zu Beginn seiner Tätigkeit auf Forschung und Entwicklung konzentriert hat, liegt der Fokus nunmehr auf der Kommerzialisierung von Anwendungen und der Erbringung von Dienstleistungen für die Industrie.

Das MOST ist zusätzlich für Forschungseinrichtungen der Nuklearenergie zuständig. Der Organisation Vietnam Atomic Energy Institute (VINATOM) unterstehen eine Vielzahl von Instituten und Zentren, darunter das Nuclear Research Institute (NRI), das einen Forschungsreaktor betreibt. Die Vietnam Atomic Energy Agency (VAEA) nimmt beratende und koordinierende Funktionen war.

Die vietnamesischen Ministerien verfügen über zahlreiche Ressortforschungseinrichtungen. Nachfolgend werden die wichtigsten Einrichtungen der Agrar-, Umwelt- und Gesundheitsministerien benannt. Unter dem Landwirtschaftsministerium (Ministry of Agricultural and Rural Development, MARD) wurden beispielsweise Einrichtungen für Agrarwissenschaften, Forstwissenschaften und Wasserwirtschaft in den Akademien Vietnam Academy of Agricultural Sciences (VAAS) und Vietnamese Academy of Forest Sciences (VAFS) zusammengefasst. Weitere Einrichtungen des MARD erforschen Aquakultur (Research Institute for Aquaculture No.1), Tierzucht und Tiermedizin oder widmen sich wasserwirtschaftlichen Fragen (Vietnam Academy for Water Resources, VAWR). Zu den Einrichtungen des Ministeriums für Umwelt und natürliche Ressourcen (Ministry of Environment and Natural Resources, MONRE) zählen das Vietnam Institute of Geosciences and Mineral Resources (VIGRM) sowie das Vietnam Institute of Meteorology, Hydrology and Climate Change (IMHEN). Unter dem Gesundheitsministerium (Ministry of Health, MOH) sind u.a. Ressortforschungsinstitute zu Infektionskrankheiten wie das National Institute of Malariology, Parasitology and Entomology (IMPE) und das National Institute of Hygiene and Epidemiology (NIHE) angesiedelt. Als zentrales Institut für öffentliche Gesundheitsfürsorge in Vietnam plant NIHE eine Ausweitung seiner Aktivitäten auf nicht-übertragbare Krankheiten.

Neben der Zentralregierung sind auch die 53 vietnamesischen Provinzen in der Forschung und Entwicklung aktiv. Sämtliche Provinzen verfügen über eigene Forschungsabteilungen (Department of Science and Technology, DOST) (Quelle: OECD (2014): Reviews of Innovation Policy, Science, Technology and Innovation in Vietnam, S. 146). Andere Behörden der Provinzen führen zusätzlich oder unterstützend zu ihren regulativen Aufgaben Forschungen durch.

Eine Studie von Fraunhofer/IFQ (Capacity Building for Research Evaluation in Vietnam - (EvaCap) Final Report) fand 2014 Nachweise für die Existenz von knapp 1.000 vietnamesischen Forschungseinrichtungen. Miteinbezogen in die Prüfung wurden allerdings nicht nur die außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Akademien VAST und VASS und der zentralen Ministerien und der Provinzen, sondern auch Forschungsabteilungen der Hochschulen und der Unternehmensverbände.

Forschungsförderung leisten traditionell das MOST sowie zentrale Fachministerien und die Regierungen der Provinzen (Fraunhofer/IFQ (2014), S. 87). Das FuE-Budget des MOST wird größtenteils für die laufenden Kosten der Forschungseinrichtungen und Forschungszentren der Universitäten einschließlich Gehälter für wissenschaftliche Mitarbeiter verwendet. Nur etwa 10 Prozent (gemessen an den Zahlen von 2013 ca. 64 Mio. US-Dollar) stehen für die Förderung von Forschungs- und Innovationsprogrammen zur Verfügung. Auch diese Summe kann nur in Teilen für Forschungs- und Innovationsvorhaben verwendet werden, da nicht verauslagte Mittel in einem Projektjahr wieder dem Staatshaushalt zufließen; 2011 betrugen diese Rückflüsse 6.25 Mio. US-Dollar.

Ähnlich wie Russland und China hat Vietnam erst relativ spät eine eigene Einrichtung für die Vergabe wettbewerblicher Förderung gegründet. Die  National Foundation for Science and Technology Development (NAFOSTED) untersteht seit 2008 dem MOST. NAFOSTED fördert die Durchführung von Grundlagenforschung und – in zunehmenden Maße – auch von angewandter Forschung an Hochschulen und den Akademien-Instituten. Seit 2015 werden jährlich 25 Mio. USD an Fördermitteln von NAFOSTED zur Verfügung gestellt.

Auch Unternehmen können im Verbund mit Hochschulen und/oder Forschungseinrichtungen für angewandte Forschung Förderung von NAFOSTED erhalten. Seit 2016 vergibt zusätzlich die Förderorganisation National Technology Innovation Fund (NATIF) Fördermittel, die ebenfalls dem MOST untersteht. Die primäre Zielgruppe sind Unternehmen, Organisationen und Individuen, die die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung kommerzialisieren und hochwertige innovative Produkte entwickeln (vgl. unter Forschungs- und Innovationspolitische Ziele und Programme).

Nach oben

FuE im öffentlichen und privaten Sektor

Im öffentlichen Sektor sind vor allem die Institute der Vietnam Academy of Sciences and Technology (VAST) und die drei führenden Universitäten in Hanoi und Ho Chi Minh Stadt in Forschung und Entwicklung durch internationale Publikationen sichtbar. Die Forschung an Universitäten soll weiter ausgebaut werden.

Fördermaßnahmen für Unternehmen, die an High-Tech-Entwicklungen und deren Anwendung sowie an anderen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten beteiligt sind, wurden erstmals durch das MOST im Jahr 2000 gesetzlich definiert. Der Regierungsbeschluss Nr. 6/2000 NDCP über die Kooperation mit ausländischen Investoren in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Erziehung und Ausbildung und wissenschaftliche Forschung gestattet ausländischen Investoren in den genannten Bereichen Einrichtungen in Vietnam zu errichten und unterstützt die Zusammenarbeit vietnamesischer Einrichtungen mit ausländischen Institutionen. Das Hochtechnologiegesetz von 2008 sieht u.a. Maßnahmen zur Förderung der Ansiedlung von Hochtechnologie-Unternehmen vor.

Die Fördermaßnahmen tragen langsam Früchte. So sind die Forschungsausgaben der Unternehmen in den letzten Jahren deutlich gestiegen und erreichen nach neuesten Angaben einen Anteil von über 50 Prozent an den Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung gemessen am Bruttoinlandsprodukt; in Südostasien liegen nur in Malaysia und Singapur die vergleichbaren Anteile des privaten Sektors an den FuE-Gesamtausgaben mit 70 bzw. 60 Prozent noch höher. Diese Entwicklung wird vor allem durch größere staatliche und multinationale Unternehmen getragen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verfügen meist nicht über die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen, um sich an FuE-Vorhaben in nennenswertem Umfang zu beteiligen.

Kooperationen zwischen öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen stehen in Vietnam noch am Anfang. Hier ist besonders die Vietnam Academy of Science and Technology (VAST) zu nennen: Die VAST führt sowohl für staatliche als auch private Akteure Auftragsforschung durch. Im Jahr 2016 haben Institutionen der VAST 1076 Verträge mit einem Gesamtbudget von 480 Milliarden VND (17,3 Millionen Euro) unterzeichnet. Davon wurden 834 Verträge mit einem Gesamtbudget von etwa 200 Milliarden VND (7,2 Millionen Euro) mit privaten Unternehmen geschlossen (Quelle: VAST Annual Report 2016, S. 5 /45).

Bis heute beschränkt sich die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und/oder Hochschulen mit Unternehmen in der Regel auf einzelne Auftragsforschungen und Fachgutachten. Da die öffentlichen Forschungseinrichtungen und Hochschulen im Rahmen der Dezentralisierung weitreichende Freiheiten hinsichtlich der Drittmittelbeschaffung erhalten haben, lässt sich von einer Art "symbiotischen Kooperationskultur" sprechen. Durch Auftragsforschung, Fachgutachten und wissenschaftliche Beratung können die größeren Hochschulen beispielsweise ihren eher schmalen Haushalt aufbessern; die Auftraggeber umgehen ihrerseits bürokratische Hindernisse bei der Anmeldung von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und sparen sich Investitionen.

Nach oben

Projektträger