Länderbericht: Polen

Länderbericht

Kooperation international

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

1Allgemeine Landesinformationen

Bevölkerung und Geografie

Tabelle 1: Bevölkerung und Geografie
Quelle: Auswärtiges Amt, CIA World Factbook

Ländername

Rzeczpospolita Polska

Republik Polen

Kurzform: Poland / Polen

Hauptstadt

Warschau

Fläche

312.678 km²

Bevölkerungszahl

38,282,325

(Schätzung Juli 2020)

Lebenserwartung

Männer: 74,5 Jahre

Frauen: 82,3 Jahre

(Schätzung 2020)

Altersstruktur

0-14 Jahre: 14,83%

15-64 Jahre: 66,45%

älter als 65: 18,72%

(Schätzung 2020)

Bevölkerungswachstum

-0,19%

(Schätzung 2020)

Bevölkerungsgruppen

Polen 96,9 %

Schlesen 1,1%

Deutsche 0,2%

Ukrainer 0,1%

Andere 1,7%

(Schätzung 2011)

Sprachen

Polnisch (Amtssprache), Schlesisch

Religionen

Katholiken 85,9%

Orthodoxe 1,3%

Protestanten 0,4%

ohne Angaben 12,1%

(Schätzung 2017)

Nationaltag

3. Mai 1791 erste polnische Verfassung

11. November 1918 Unabhängigkeit

Zeitzone

MEZ (UTC + 1);

März bis Oktober: MEZ + 1 (UTC + 2)

Währung

1 Zloty PLN / 100 Groszy

 

Aktueller Wechselkurs unter OANDA.com - Währungskonverter (siehe u.a. Links)

Vorwahl

+48

   

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Politik und Administration

Tabelle 2: Politik und Administration
Quelle: Auswärtiges Amt

Ländername

Rzeczpospolita Polska

Republik Polen

Regierungsform

Parlamentarische Demokratie mit Zweikammerparlament

Staatsoberhaupt

Andrzej Duda

Präsident seit 6. August 2015, im zweiten Wahlgang am 12. Juli 2020 bestätigt

Hauptstadt

Warschau

Regierungschef

Donald Tusk

Ministerpräsident seit 13. Dezember 2023

Vizeministerpräsidenten

Krzysztof Gawkowski und

Władysław Kosiniak-Kamysz

(beide seit 13. Dezember 2023)

Außenminister

Radosław Sikorski

(seit 13. Dezember 2023)

Wirtschaftsminister

Marzena Czarnecka

(Industrieministerin seit 13. Dezember 2023)

Bildungsministerin

Barbara Nowacka

(seit 13. Dezember 2023)

Wissenschaftsminister

Marcin Kulasek

(seit 14. Januar 2025)

Parlament

Zwei-Kammer-Parlament

Sejm (460 Sitze)

Senat (100 Sitze)

Regierungspartei

seit 13. Dezember 2023 Regierungskoalition aus Bürgerplattform (Platforma Obywatelska), Drittem Weg (Trzecia Droga) und Linken (Lewica)

Oppositionsparteien

Partei für Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość), Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit (Konfedeacia Wolność i Niepodległość)

Verwaltungsstruktur

Zentralverwaltungssystem mit Elementen von regionaler/ örtlicher Selbstverwaltung

16 Wojewodschaften (Wojewodztwo/Wojewodztwa): Dolnoslaskie, Kujawsko-Pomorskie, Lodzkie, Lubelskie, Lubuskie, Malopolskie, Mazowieckie, Opolskie, Podkarpackie, Podlaskie, Pomorskie, Slaskie, Swietokrzyskie, Warminsko-Mazurskie, Wielkopolskie, Zachodniopomorskie

 

379 Kreise, 2478 Gemeinden

   

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Politisches System

Die Republik Polen ist nach der Verfassung von 1997 eine parlamentarische Demokratie mit präsidialen Elementen, die den Prinzipien des Rechts- und Sozialstaates verpflichtet ist und weltanschauliche Neutralität wahrt.

Staatsorgane sind StaatspräsidentMinisterrat und Parlament. Der in direkter Wahl für fünf Jahre gewählte Staatspräsident hat auch gewisse exekutive Befugnisse: Er ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte und hat bestimmte Mitwirkungsrechte in der Außenpolitik. Er kann Gesetzesvorhaben mit einem Veto belegen, das durch das Parlament nur mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit überstimmt werden kann.

Der Ministerrat (Regierung) leitet die Innen- und Außenpolitik. Er wird mit absoluter Mehrheit vom Parlament gewählt und kann nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. Der Vorsitzende des Ministerrats (Ministerpräsident) kann Minister berufen und abberufen.

Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Sejm (460 Abgeordnete) und dem Senat (100 Senatoren); der Sejm wird nach Verhältniswahlrecht, der Senat nach Mehrheitswahlrecht für je vier Jahre gewählt.

aus: Auswärtiges Amt (Stand: Januar 2016)

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Wirtschaftsinformation

Ausführliche Wirtschaftsdaten zu Polen finden Sie in der Reihe "Wirtschaftsdaten kompakt" von Germany Trade and Invest (GTAI). Diese wird zweimal jährlich im Mai und November aktualisiert. Folgende Indikatoren sind unter anderem enthalten: Einwohner, Bevölkerungsdichte, Währung, Wechselkurs, Bruttoinlandsprodukt, BIP je Einwohner, BIP-Wachstum, Inflationsrate, Durchschnittslohn, Arbeitslosigkeit, Haushaltssaldo, Außenhandel, wichtigste Ein- und Ausfuhrgüter, wichtigste Handelspartner, ausländische Direktinvestitionen, Länderbonität, Devisenreserven, Außenhandel mit der EU und Deutschland, wichtigste deutsche Ein- und Ausfuhrgüter.

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2Zusammenfassung

2.1 Überblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik

Bildungssystem

Seit Dezember 2023 gibt es in Polen unter dem neuen Ministerpräsidenten Tusk wieder zwei separate Ministerien für Bildung und Wissenschaft: das Ministerium für Staatliche Bildung (Ministerstwo Edukacji NarodowejNational Education“, MEN) mit einer Zuständigkeit für alle Bildungssektoren außer den Hochschulen sowie das Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen (Ministerstwo Nauki i Szkolnictwa Wyższego, MNiSW). Diese Aufteilung der Zuständigkeiten bestand bereits im Zeitraum von 2006-2020. Eine Fusion der Zuständigkeiten in ein und demselben Ministerium (Ministerstwo Edukacji i Nauki, MEiN) gab es nur für einen jeweils kurzen Zeitraum 2005-06 sowie zwischen Oktober 2020 und Dezember 2023.

Im Oktober 2015 hatte die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) in Polen einen Wahlsieg erzielt. Sie löste anschließend die Koalitionsregierung aus liberalkonservativer PO und Bauernpartei ab, die seit 2007 die Regierung gestellt hatte. Die PiS-Regierung hat zwischen 2015 und 2023 sowohl in der Bildungs- als auch in der Forschungspolitik umfangreiche Reformen durchgesetzt (siehe für eine Zusammenfassung und Bewertung OECD Working Paper (2018) „Strengthening Innovation in Poland"). Die Wahlen zum Sejm am 15.10.2023 sorgten für eine Veränderung der politischen Konstellation. Seit dem Dezember 2023 regiert nun eine Koalition aus Bürgerplattform (Platforma Obywatelska), Drittem Weg (Trzecia Droga) und Linken (Lewica). Die konkreten Auswirkungen auf Bildungs- und Forschungspolitik sind – jenseits der Neustrukturierung der einschlägigen Ministerien (s.o.) - noch nicht absehbar.

Das Bildungsministerium wird durch eine eigene Forschungseinrichtung, das Educational Research Institute (Instytut Badań Edukacyjnych, IBE) unterstützt. Seit Januar 2024 wird das IBE von dem Sozialwissenschaftler Maciej Jakubowski (Professor an der Universität Warschau) geleitet.

Im Dezember 2016 wurde in Polen eine Bildungsreform beschlossen, die bis Ende 2023 in Phasen umgesetzt werden sollte (Beschreibung der Reform durch EURYDICE). Danach beginnt die Schulpflicht in Polen mit einem Vorschuljahr im Alter von sechs Jahren. Daran schließt sich eine achtjährige gemeinsame Schulzeit für alle an. Ab dem Alter von 15 Jahren trennen sich die Wege der polnischen Schülerinnen und Schüler:

  • Möglich ist der Besuch einer Berufsschule (szkoła branżowa I stopnia) für den Zeitraum von drei Jahren mit dem Ziel, ins Berufsleben einzusteigen. Die dadurch erworbenen Kompetenzen sind jedoch begrenzt. Einen besseren Ruf genießt dagegen eine Berufsqualifizierung durch den fünfjährigen Besuch einer Berufsoberschule (technikum). Daneben entscheidet sich ein kleinerer Anteil der jeweiligen Jahrgänge für eine duale Berufsausbildung (BQ-Portal Polen). Die OECD hat Polen empfohlen, massiv in die Berufsbildung zu investieren und die Wirtschaft besser miteinzubinden (OECD Working Paper (2018) „Strengthening Innovation in Poland", siehe unter Kooperation mit Deutschland).
  • Die Hochschulzugangsberechtigung wird durch eine Prüfung (Matura) nach dem fünfjährigen Besuch des Technikums oder dem vierjährigen Besuch eines allgemeinbildenden Lyzeums (liceum ogólnokształcące) erworben. Aber auch Berufsschülerinnen und -schüler haben noch die Möglichkeit, die Prüfung abzulegen, indem sie nach der ersten dreijährigen Berufsschulphase weitere zwei Jahre eine Berufsschule besuchen (szkoła branżowa II stopnia).

Der demografische Wandel betrifft auch Polen. Mit knapp 1,4 Mio. Studierenden 2021 haben die polnischen Hochschulen seit 2008 starke Rückgänge der Studierendenzahlen zu verzeichnen (siehe Bildungsindikatoren). In der Folge hat sich insbesondere die Anzahl der privaten Hochschulen deutlich verringert. 2023 verfügte Polen über insgesamt 349 Hochschulen, davon 130 staatliche und 219 private Einrichtungen. Bei den nichtstaatlichen Hochschulen handelt es sich meist um kleinere Einrichtungen, die ihren Schwerpunkt in der Lehre haben. (siehe DAAD-Länderbericht 2022).

Die Mehrheit der polnischen Studierenden ist an staatlichen Einrichtungen eingeschrieben. Hier sind die 18 staatlichen Volluniversitäten zu nennen (2018/19: circa 29 Prozent aller Studierenden), 18 Technische Universitäten (2018/2019: 18 Prozent), 6 Landwirtschaftliche Universitäten (2018/19: 4,5 Prozent), sowie 5 Wirtschaftsuniversitäten (2018/19: 4,5 Prozent) und neun medizinischen Universitäten (siehe DAAD Länderbericht Polen 2022).

Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft trägt die Verantwortung für die meisten polnischen staatlichen Hochschulen. Eine wichtige Ausnahme bilden die neun medizinischen Hochschulen, die dem polnischen Gesundheitsministerium (Ministerstwo Zdrowia) zugeordnet sind. Die polnische Hochschulrektorenkonferenz (Conference of Rectors of Academic Schools in Poland, CRASP, Konferencja Rektorów Akademickich Szkół Polskich, KRASP) vertritt die Interessen der staatlichen polnischen Hochschulen, die Doktorgrade verleihen können. Das Vollzeitstudium an öffentlichen Hochschulen ist für EU-Bürgerinnen und Bürger kostenfrei. Das Studium an privaten Institutionen ist dagegen für alle Immatrikulierten kostenpflichtig: die Gebühren liegen zwischen 2.000 und 12.000 Euro pro Jahr (siehe DAAD Länderbericht Polen 2022).

Umfassende Reformen im Hochschulbereich wurden in der sogenannten Constitution for Science beschlossen, die im Oktober 2018 in Kraft trat (siehe Ende nächster Abschnitt).

Forschungs- und Innovationssystem

Polen hat die FuE-Intensität, das heißt den Anteil der gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) am Bruttoinlandsprodukt (BIP), zwischen 2008 und 2023 von 0,6 auf 1,6 Prozent mehr als verdoppelt, liegt aber dennoch weiter deutlich unter dem OECD-Durchschnitt (siehe FuE-Indikatoren). 

In Bezug auf die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen nimmt Polen 2024 weltweit Rang 20 ein (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved April 22, 2025, from www.scimagojr.com).

Im Global Innovation Index (GII) 2023 werden Innovationsleistungen der Länder weitgehend unabhängig von absoluten Größenordnungen bewertet. Hier liegt Polen im weltweiten Vergleich auf Rang 41 und damit innerhalb Osteuropas an achter Stelle knapp hinter sieben weiteren osteuropäischen Ländern (bestplatzierte Länder sind Estland auf Rang 16 und die Tschechische Republik auf Rang 31).

Zentraler Akteur im polnischen Forschungs- und Innnovationssystem ist in Polen traditionell das oben bereits erwähnte Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen (Ministerstwo Nauki i Szkolnictwa Wyższego, MNiSW). 1991 war zunächst ein polnisches Staatskomitee für Wissenschaftliche Forschung (KBN) geschaffen worden, dem 2003 das erste Ministerium mit einem Fokus auf Wissenschaft und Informatisierung (MNiI) nachfolgte. Zwischen 2006 und 2020 hatte das Ministerium bereits den heutigen Zuschnitt, danach  gab es zwischenzeitlich ein gemeinsames Ministerium für Bildung und Wissenschaft (Ministerstwo Edukacji i Nauki, MEiN). Beratungsgremien des Ministeriums sind das Committee for Science Policy (KPN) sowie der Central Council of Science and Higher Education (Rada Główna Nauki i Szkolnictwa Wyższego, RGNiSW, Webseite nur auf Polnisch verfügbar). Analysen stellt das National Information Processing Institute (Ośrodek Przetwarzania Informacji, OPI) zur Verfügung. Mit Hilfe der Polnischen Presseagentur PAP (Polska Agencja Prasowa) informiert das Ministerium über ein Portal aktiv zu Forschungspolitik und Forschungsleistungen im Lande, auch in englischer Sprache (Nauka W Polsce/, Science in Poland).

Eine Besonderheit Polens ist, dass das Wissenschaftsministerium die institutionelle Grundfinanzierung an alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen vergibt, obwohl diese fachlich größtenteils anderen Ministerien zugeordnet sind. Dies gilt auch für die Polish Academy of Sciences (Polnische Akademie der Wissenschaften, Polska Akademia Nauk, PAN), die dem Premierminister unterstellt ist. Die Akademie PAN wurde 1951 gegründet, ihre Wurzeln reichen jedoch bis zum Jahr 1800 zurück, als eine erste polnische Gelehrtenvereinigung gegründet wurde. Heute ist die PAN gleichzeitig Fachgesellschaft und die größte Forschungseinrichtung für Grundlagenforschung. 2010 unterzog die Regierung die PAN einer Reform: Die Anzahl der Fachbereiche und Institute wurde reduziert und die Institute wurden verpflichtet, stärker untereinander sowie mit anderen Nichtakademie-Instituten und Unternehmen zu kooperieren. Die 69 Institute sind heute fünf Fachbereichen zugeordnet:

  1. Geistes- und Sozialwissenschaften,
  2. Bio- und Agrarwissenschaften,
  3. Mathematik, Physik, Chemie sowie Erdwissenschaften,
  4. Ingenieurwissenschaften und
  5. Medizin.

Die Akademie beschäftigt 2024 insgesamt 9.500 Mitarbeitende (darunter 4.312 Forschende).

Neben den PAN-Instituten gibt es in Polen (Stand 2017) 114 weitere außeruniversitäre öffentliche Forschungsinstitute, die 16 Ministerien zugeordnet sind und die insgesamt etwa 12.000 Forschende beschäftigen. Seit 2010 werden die Institute durch den Main Council of the Research Institutes (Rada Główna Instytutów Badawczych, RGIB, Webseite in Polnisch) vertreten.

Das größte polnische Forschungsinstitut National Centre of Nuclear Research (Narodowe Centrum Badań Jądrowych, NCBJ) wurde 2011 durch eine Fusion zweier Vorgänger gegründet. Das NCBJ beschäftigt über 1000 Forschende, betreibt einen eigenen Forschungsreaktor und ist dem Ministerium für Energie unterstellt.

Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung (Ministerstwo Rozwoju, MR) war ursprünglich für 36 öffentlich finanzierte Institute (siehe Background Report PSF Peer Review, S. 46) von insgesamt über 70 Instituten verantwortlich, die industrienahe Forschung und Entwicklung betreiben. Beispiele sind das Industrial Chemistry Research Institute (ICRI) und das Industrial Research Institute for Automation and Measurements (PIAP). Die meisten der dem MR zugeordneten Institute sind seit dem 1. April 2019 in dem „Łukasiewicz Research Network“ (Sieci Badawczej Łukasiewicz) zusammengeschlossen (siehe unten).

Dem polnischen Agrarministerium sind etwa zehn Ressortforschungsinstitute unterstellt. Die wichtigste Forschungseinrichtung des Ministeriums für Umwelt ist das 1986 gegründete Institute of Environmental Protection - National Research Institute (Instytut Ochrony Środowiska, IOS-PIB). Das Ministerium für Gesundheit hat 16 eigene Forschungseinrichtungen, darunter das 1918 gegründete zentrale Institut für öffentliches Gesundheitsmanagement National Institute of Public Health (Narodowy Instytut Zdrowia Publicznego, PZH-PIB, Webseite in Polnisch).

Wettbewerbliche Förderung für Hochschulen leisten im Wesentlichen vier Fördereinrichtungen:

  • Die 1991 gegründete Foundation for Polish Science (Fundacja na rzecz Nauki Polskiej, FNP) ist vom polnischen Staat unabhängig. Der Fokus liegt auf exzellenten Leistungen (Motto: “Supporting the best, so that they can become even better”). Die FNP fördert wissenschaftliche Nachwuchs, Rückkehrende aus dem Ausland und der Elternpause sowie etablierte Forschende. Seit 2008 erhält die Stiftung erhebliche Mittel aus den Strukturfonds der EU.
  • Das 2011 gegründete National Science Centre Poland (Narodowe Centrum Nauki, NCN) fördert im Auftrag des Wissenschaftsministeriums Grundlagenforschung. Ein besonderes Augenmerk gilt der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
  • Das 2007 gegründete und im Jahr 2010 reformierte National Centre for Research and Development (Narodowe Centrum Badań i Rozwoju, NCBR, früher auch als NCRD abgekürzt) fördert angewandte Forschung. Seit dem 01.08.2022 lag das NCBR in der Verantwortung des Ministeriums für Fonds und Regionalpolitik. In den letzten Jahren wurden die Programme des NCBR/ NCRD stärker auf die Förderung von Unternehmen ausgerichtet, die als Mittelempfänger vor den Hochschulen und außeruniversitären Instituten stehen. Seit dem 01.01.2024 ist das NCBR wieder in die Verantwortung des Ministeriums für Wissenschaft und Hochschulwesen gekommen.
  • Dem weit verbreiteten angelsächsischen Modell folgend, schuf Polen im Februar 2019 eine neue Fördereinrichtung für Gesundheitsforschung. Die Zuständigkeit für die Medical Research Agency (MRA, Agencja Badań Medycznych, ABM) liegt beim polnischen Gesundheitsministerium. Während die Agentur grundsätzlich in allen Bereichen einschließlich der Grundlagenforschung und der Forschung zum Gesundheitssystem Mittel vergeben kann, liegt ein Schwerpunkt auf der Finanzierung von nicht kommerziellen klinischen Studien in der Krebsforschung und Kardiologie sowie auf epidemiologischen Studien. Die Stiftung finanziert den Aufbau von 10 Zentren für Klinische Forschung an den Medizinischen Universitäten des Landes („Clinical Research Support Centres"). Bis 2028 soll das Förderbudget der Agentur auf 1 Milliarde PLN anwachsen. Langfristiges Ziel ist der Aufbau eines innovativen Gesundheitssektors.

Zur Unterstützung von Unternehmen bei der Durchführung von Forschung und Innovation sind neben dem NCBR eine Reihe weiterer Fördereinrichtungen tätig. So unterstützt das Umweltministerium über den National Fund for Environmental Protection and Water Management (NFEP&WM) – teilweise in Kooperation mit dem NCBR – Umweltinnovationen. Seit 2016 operieren die verschiedenen Fördereinrichtungen des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung (Ministerstwo Rozwoju, MR) unter dem Dach der Polish Development Fund Group (Polski Fundusz Rozwoju, PFR). Die Polish Agency for Enterprise Development (Polska Agencja Rozwoju Przedsiębiorczości, PARP) bietet vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) Förderung für die Entwicklung marktfähiger Produkte an. Größere Unternehmen können eine Förderung von der Industrial Development Agency (IDA) erhalten. Die Polish Investment and Trade Agency (Polska Agencja Inwestycji i Handlu, PAIH) wirbt um Investitionen von ausländischen Unternehmen, wobei einer ihrer Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung liegt (Klincewicz K., Marczewska M., Szkuta K., RIO Country Report 2017: Poland).

Energie und Digitalisierung werden als häufigste Themenfelder in den aktuellen polnischen Forschungsstrategien genannt, gefolgt von Gesundheit und Umwelt, Transport und Sicherheit.

2014 wurde eine weitere Fördereinrichtung, die Polish Space Agency (Polska Agencja Kosmiczna, POLSA) gegründet, um das polnische Raumfahrtprogramm umzusetzen. POLSA ist unter anderem damit beauftragt, ein System für die Beratung und finanzielle Förderung von polnischen Unternehmen aufzubauen, die Weltraumtechnologien entwickeln.

Der Anteil der Unternehmen bei der Durchführung von FuE ist in Polen über die letzten Jahre stetig gewachsen. Ab 2016 führt dann eine Neueinstufung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen als Unternehmen zu einer starken Zunahme der Anteile (siehe unter FuE-Durchführung). Auch die Zuordnung zu Sektoren und Branchen hat sich damit geändert: Jetzt werden zwei Drittel der FuE in Unternehmen im Dienstleistungssektor durchgeführt.  An erster Stelle liegen ungefähr gleichauf Computerprogrammierung sowie professionelle FuE-Dienstleistungen. Der Anteil von FuE im Bereich industrieller Fertigung ist dagegen auf ein Drittel geschrumpft. Der Fahrzeugbau ist wie in Deutschland die FuE-aktivste Fertigungsbranche, gefolgt von elektrischer Ausrüstung und Maschinenbau (OECD Research and Development Expenditure in Industry 2019, ANBERD).

Polen verzeichnet außerdem einen überdurchschnittlichen Anteil ausländischer Investitionen im Unternehmenssektor (für einen Überblick, siehe Germany Trade and Invest (GTAI): Factsheet Polen). Der polnische Staat fördert FuE in Unternehmen in Polen vergleichsweise großzügig durch Zuschüsse und Kredite. Die steuerliche (indirekte) Förderung war jedoch bis zu den 2017 eingeführten Reformen sehr gering.

Bei der Verzahnung von Unternehmen und Hochschulen in Polen gibt es noch Verbesserungsbedarf: Die Unternehmen vergeben vergleichsweise wenige Forschungsaufträge an Hochschulen, hier liegt Polen klar unter dem OECD-Durchschnitt (siehe FuE-Indikatoren).

Hochschulrankings können Hinweise auf Forschungs- und Innovationsstärke geben. Die bestplatzierten polnischen Hochschulen sind laut dem Shanghai Ranking (2023):

  1. Jagiellonian University in Krakau,
  2. University of Warsaw,
  3. AGH University of Science and Technology,
  4. Wroclaw Medical University.

Mit Ausnahme der Wrolaw Medical University gehören die bestplatzierten Hochschulen im Shanghai Ranking auch zu den insgesamt 10 Hochschulen, die das Wissenschaftsministerium 2019 in der Kategorie Forschungshochschulen für die polnische Exzellenzinitiative auswählte. Dazu gehören weiter die Adam Mickiewicz University in Posen, die Nicolaus Copernicus University in Torun, die Danziger Medizinische Universität (Medical University of Gdansk) sowie drei Technische Universitäten („Universities of Technology") in Danzig, Gleiwitz und Warschau.

Die 16 polnischen Regionen (Woiwodschaften) haben jeweils eigene Regionalstrategien für Forschung und Innovation angenommen und verfügen über eigene Fördermittel. Die regionalen Schwerpunkte von Forschung und Innovation liegen in der Region Masowien (poln. Mazowieckie), der Hauptstadtregion Warschau sowie in Kleinpolen (poln. Malopolskie) mit der Metropole Krakau (siehe EU-Kommission: Regional Innovation Scoreboard). Von Bedeutung ist das Automobilcluster Mitteleuropa, das sich über die Tschechische Republik und die Slowakei bis nach Kattowitz in der Region Schlesien erstreckt.

Reformprozess

Übergeordnete Ziele der Nationalen Wissenschaftspolitik der PiS-Regierung waren:

  • die kontinuierliche Verbesserung der Qualität von Bildung und Forschung;
  • Prioritätensetzung bei den Aktivitäten;
  • Steigerung der Attraktivität von Karrieren im System der Hochschulbildung und der Wissenschaft;
  • Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Industrie und das Streben nach technologischer Unabhängigkeit durch die Schaffung von polnischem "Know-how";
  • Unterstützung der Mobilität der akademischen Gemeinschaft;
  • Schaffung und Konsolidierung eines positiven Bildes der polnischen Wissenschaft in der Welt und Stärkung ihrer internationalen Wirkung.

Nach dem Regierungswechsel in Polen im November 2015 zeichneten sich neue politische Schwerpunktsetzungen ab. Im Februar 2016 wurde der Council for Innovativeness, ein neues interministerielles Komitee bestehend aus fünf Ministern, gegründet. Im Februar 2017 nahm die polnische Regierung die übergreifende „Strategy for Responsible Development“ an, die unter anderem das Ziel einer Reindustrialisierung Polens festlegt. Geplant war, die gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) so zu steigern, dass sie bis 2020 einen Anteil von 1,7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) erreichen sollten (mit ca. 1,4 Prozent wurde dieses Ziel verfehlt), bis 2030 wird ein Anteil von 2,5 Prozent angestrebt (OECD Economic Surveys Poland 2018, S. 19).

Der damalige Wissenschaftsminister Gowin hatte bereits im September 2016 die sogenannte „Gowin-Strategie" vorgestellt, die vorsah

  • eine „Verfassung“ für Hochschulen und Wissenschaft zu schaffen, die viele fragmentierte Regelungen ersetzen und die Internationalisierung vorantreiben soll („Constitution for Science“);
  • die Förderung von Unternehmensinnovation zu verbessern, z.B. durch bessere steuerliche Absetzbarkeit im Rahmen von Innovationsgesetzen („Innovations for the Economy“);
  • Wissenschaft und Forschung stärker in der Gesellschaft zu verankern („Science for You“).

Die Europäische Kommission hat den Reformprozess unterstützt, indem sie Polen die Teilnahme an einem sogenannten Policy Support Facility (PSF) Peer Review des Hochschuls- und Wissenschaftssystems ermöglicht hat. Unabhängige Expertinnen und Experten haben 2017 den Abschlussbericht vorgelegt (siehe European Commission (2017): Final Report PSF Peer Review). Es bleibt jedoch der polnischen Regierung überlassen, ob und wie sie die Reformvorschläge umsetzt.

Seit 2017 gilt eine großzügige Regelung zur steuerlichen Absetzbarkeit von Unternehmensausgaben für Innovation. Das polnische Parlament beschloss nach einer längeren Diskussion im Juli 2018 die Annahme der angekündigten Constitution for Science. Das neue Gesetz zu Hochschulen und Wissenschaft (Law 2.0), das als Rahmengesetz eine Reihe von Vorgängerregelungen ersetzt, trat am 1. Oktober 2018 in Kraft; sie wird ergänzt durch Verordnungen. Die Autonomie der Hochschulen wird gestärkt, auch können sich die Hochschulen zukünftig zu Verbünden zusammenschließen. Insgesamt passt die Reform die wissenschaftliche Laufbahn in Polen stärker an internationale Gepflogenheiten an: so ist die Habilitation nicht länger Voraussetzung für eine Professur. Die Mehrzahl der polnischen Promovierenden wird zukünftig mittels Stipendien unterstützt und im Rahmen von Graduiertenkollegs ausgebildet, die mindestens zwei Disziplinen abdecken. Die Regierung führt außerdem für drei Gruppen von Hochschulen – Forschungsuniversitäten, Hochschulen mit regionalem Schwerpunkt sowie berufsbildende Hochschulen – Exzellenzwettbewerbe durch (siehe oben zu den Forschungsuniversitäten). Der Rat zur Evaluierung der Wissenschaftlichen Einheiten wurde 2019 durch einen Rat zur Evaluierung der Wissenschaft ersetzt.

Die Reform der außeruniversitären Forschungseinrichtungen war umstritten. Im Rahmen des EU PSF Peer Review hatten die Experten der polnischen Regierung empfohlen, die jeweils forschungsstärksten Institute der Ministerien und der PAN-Akademie in neue Forschungsuniversitäten einzugliedern. Die polnische Regierung hatte zwischenzeitlich erwogen, Industrieforschungsinstitute nach dem Vorbild der Fraunhofer Gesellschaft unter dem Dach eines National Technology Institute (NTI) zusammen zu schließen. Stattdessen wurde entschieden, FuE in industrienahen Instituten durch ein Netzwerk zu koordinieren. Am 1. April 2019 hat die polnische Regierung das „Łukasiewicz Research Network“ (Sieci Badawczej Łukasiewicz) gegründet. Abgedeckte Fachgebiete sind Mechanik und Elektronik, Biomedizin, Chemie, Wirtschaft, Informations- und Kommunikationswissenschaften (IKT), Zukunftsmaterialien und fortgeschrittene Fertigungstechnologien. Zu dem Netzwerk gehört auch das neue Forschungsinstitut Polish Centre for Technology Development (Polski Ośrodek Rozwoju Technologii, PORT), das über gute Forschungskapazitäten in Materialwissenschaften und Biotechnologie verfügt (Pressemitteilung).

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Nachrichten

Indikatoren für Bildung

Tabelle 3: Bildungsindikatoren
Quelle: OECD Data Explorer (Stand Oktober 2024) und "OECD - PISA 2022: Ergebnisse", außer
1 UNESCO Institute of Statistics (Stand Oktober 2024)
* OECD (UNESCO) registrieren nur diejenigen internationalen Studierenden, bei denen aufgrund der Aufenthaltsdauer davon auszugehen ist, dass sie einen Abschluss im Ausland anstreben.
** OECD (UNESCO) registrieren nur diejenigen internationalen Studierenden bzw. Promovierenden, bei denen aufgrund der Aufenthaltsdauer davon auszugehen ist, dass sie einen Abschluss in dem jeweiligen Land anstreben.

Indikator

Polen

Deutschland

OECD-Gesamt

Stand

Bildungsanteil am Bruttoinlandsprodukt: Bildung insgesamt [Prozent]

4,59

4,57

4,91

2021

Wachstum des Bildungsanteils am BIP (Differenz des BIP-Bildungsanteils zu dem des Vorjahres) [Prozent]

-0,05

-0,03

-0,15

2021

Bildungsanteil am Bruttoinlandsprodukt: tertiäre Bildung [Prozent]

1,25

1,32

1,48

2021

Öffentlicher Anteil an den Ausgaben für tertiäre Bildung [Prozent]

79,6

83,9

68,7

2021

Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender aus dem Land [Prozent]*

2,01

4,08

1,79

2022

Anzahl Studierender im Tertiärbereich insgesamt [Mio.]1

1,366

3,363

- -

2022

Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender im Land [Prozent]**

6,72

12,00

- -

2022

Anzahl Promovierender insgesamt

26.857

200.307

- -

2022

Anteil internationaler abschlussorientierter Promovierender im Land [Prozent]**

3,24

22,79

- -

2022

Anteil 25- bis 34-Jähriger mit einem Abschluss im Tertiärbereich [Prozent]

46,26

38,51

47,57

2023

Anteil an neuen Studienabschlüssen in Mathematik, Statistik und Naturwissenschaften [Prozent]

3,34

7,93

5,45

2022

Anteil an neuen Studienabschlüssen in Ingenieurswissenschaften, Fertigung und Konstruktion [Prozent]

12,10

22,53

13,60

2022

PISA-Ergebnisse: Lesen [Punktzahl (Platzierung)]

489 (15)

480 (21)

472

2022

PISA-Ergebnisse: Mathematik [Punktzahl (Platzierung)]

489 (12)

475 (24)

485

2022

PISA-Ergebnisse: Naturwissenschaften [Punktzahl (Platzierung)]

499 (16)

492 (22)

476

2022

         

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Dokumente

FuE-Indikatoren

Tabelle 4: Indikatoren zu Forschung und Entwicklung (FuE)
Quelle: OECD Main Science and Technology Indicators, Stand März 2025
(1) OECD Patents Statistics, Stand Dezember 2024 (Die Jahreszahl bezieht sich auf das Eingangsdatum der ersten Patentanmeldung (Prioritätsdatum).)
* in laufenden Preisen, kaufkraftbereinigt
** inflations- und kaufkraftbereinigt

Indikator

Polen

Deutschland

OECD

Stand

Nationale FuE-Ausgaben [Mio. USD**]

24.487

158.837

1.930.649

2023/2023/2023

FuE-Ausgabenwachstum im Vergleich zum Vorjahr [Prozent]

8,47

0,85

2,43

2023/2023/2023

Nationale FuE-Ausgaben [Mio. USD*]

26.679

178.970

2.196.800

2023/2023/2023

FuE-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) [Prozent]

1,56

3,11

2,70

2023/2023/2023

Anteil der FuE-Ausgaben des Staates am BIP [Prozent]

0,48

0,92

0,61

2022/2021/2022

Anteil der FuE-Ausgaben der Wirtschaft am BIP [Prozent]

0,79

1,93

1,75

2022/2021/2022

Ausgaben für FuE in Unternehmen (BERD) [Mio. USD*]

17.222

122.149

1.615.925

2023/2023/2023

Anteil der öffentlich finanzierten Ausgaben für FuE in Unternehmen (direkter Förderanteil) [Prozent]

10,03

3,52

4,81

2022/2021/2022

Anteil der vom Ausland finanzierten Ausgaben für FuE in Unternehmen [Prozent]

8,18

7,90

8,09

2022/2021/2022

Ausgaben für FuE in Hochschulen (HERD) [Mio. USD*]

8.916

30.838

347.351

2023/2023/2023

Anteil der unternehmensfinanzierten Ausgaben für FuE in Hochschulen [Prozent]

2,79

13,09

6,25

2022/2021/2021

Ausgaben für FuE in außeruniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen (GOVERD) [Mio. USD*]

483

21.715

187.216

2023/2023/2023

Anteil der unternehmensfinanzierten Ausgaben für FuE in außeruniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen [Prozent]

2,61

7,93

2,52

2022/2021/2022

Anzahl der Forschenden (Vollzeitäquivalente)

142.644

498.500

6.327.470

2023/2023/2022

Anzahl der Forschenden (VZÄ) je 1000 Beschäftigte

8,14

10,83

9,91

2023/2023/2022

Anteil der Forschenden (VZÄ) in privaten Unternehmen [Prozent]

56,41

61,75

66,36

2023/2023/2022

Anteil internationaler Ko-Patente an Patentanmeldungen unter dem Vertrag über Patentzusammenarbeit (PCT) [Prozent](1)

34,1

19,4

8,2

2020

         

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FuE-Finanzierung

In den OECD-Ländern mit überwiegend hohem Einkommen finanziert meist die inländische Wirtschaft den größten Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (OECD Gesamt und Deutschland 64 Prozent). Die Anteile betragen für den Staat 24 bzw. 28 Prozent und für das Ausland 7 Prozent (OECD Gesamt und Deutschland).

In Polen, das erst seit 2009 als Land mit hohem Einkommen eingestuft wird (Einteilung Weltbank), wuchs der geringe Anteil der inländischen Wirtschaft bis 2007. Er reduzierte sich zunächst nach der Wirtschaftskrise und nahm seit 2010 wieder deutlich zu. Seit 2016 liegt der Anteil über 50 Prozent, so dass sich Polen allmählich dem „OECD-Modell" annähert.

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FuE-Durchführung

Bei der Durchführung von Forschung und Entwicklung nehmen die Unternehmen in den OECD-Ländern meist eine dominante Rolle ein (Anteile für Deutschland und OECD Gesamt liegen bei 67 und 71 Prozent).

Polen stuft anscheinend seit 2016 einen großen Teil seiner außeruniversitären Forschungseinrichtungen als Unternehmen ein. Die Konsequenzen sind drastisch: der Anteil der Unternehmen wuchs von 46,6 Prozent in 2015 auf über 60 Prozent an. Im öffentlichen Sektor ist der Anteil der außeruniversitären Forschungseinrichtungen durch die Neuklassifizierung von 24,4 auf zuletzt 2 Prozent gefallen. Im öffentlichen Sektor war bis 2015 das Ausgabenverhältnis von außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu Hochschulen (GOVERD zu HERD) ähnlich wie in Deutschland relativ ausgeglichen. Nach der Neuklassifizierung haben die polnischen Hochschulen nunmehr einen Anteil von 95 Prozent an den Ausgaben des öffentlichen Sektors, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen von lediglich 5 Prozent.

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Bibliometrie

Die Verteilung der Publikationen auf Fachgebiete kann erste Hinweise auf die Stärken eines Forschungssystems geben (Bezugsjahr 2016, (Quelle: SCImago (2007). SJR – SCImago Journal & Country Rank. Retrieved August 8, 2017, from http://www.scimagojr.com).  Das fachliche Profil von Polen entspricht nicht mehr dem klassischen osteuropäischen Profil mit sehr starker Physik und Astronomie sowie relativ schwacher Medizin. An erster Stelle liegt in Polen seit etwa zehn Jahren die Medizin. Allerdings ist die Tendenz in den letzten Jahren wieder leicht sinkend und der Anteil in Polen erreicht nicht die Werte, mit denen die Medizin weltweit an erster Stelle liegt (12,2 Prozent, Welt: 15,9 Prozent sowie Deutschland: etwa 16,7 Prozent). Ebenfalls an erster Stelle liegen in Polen die Ingenieurwissenschaften, die weltweit erst an zweiter Stelle stehen (12,2 Prozent, Welt: 10,9 Prozent, Deutschland: 9,3 Prozent). Physik und Astronomie liegen nach einem deutlichen Rückgang der Anteile mit 10,5 Prozent in Polen nur noch an dritter Stelle.

Eine Spezialisierung Polens ist in folgenden Fachgebieten festzustellen (Auswahl basierend auf Spezialisierungsindex Länderanteil/Weltanteil ≥ 1,3): 

  • Physik und Astronomie (10,5 Prozent, Welt: 7,8 Prozent, Deutschland: 9,6 Prozent);
  • Materialwissenschaften (7,9 Prozent, Welt und Deutschland: 6,0 Prozent);
  • Chemie (6,5 Prozent, Welt: 5,1 Prozent, Deutschland: 5,4 Prozent);
  • Mathematik (5,8 Prozent, Welt: 4,3 Prozent und Deutschland: 4,6 Prozent).

Bei einem weltweiten Vergleich der Anzahl der Publikationen lag Polen im Jahr 2016 insgesamt auf Rang 19. Innerhalb der einzelnen Fachgebiete erreicht Polen die beste Platzierung in Physik und Astronomie (Rang 13), Materialwissenschaften (Rang 14) sowie Agrar- und Biowissenschaften und Mathematik (jeweils Rang 15).

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2.2 Überblick zur internationalen Kooperation

Zuständig für die Internationalisierung der Hochschulen ist wieder das Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen (Ministerstwo Nauki i Szkolnictwa Wyższego, MNiSW). Derzeit sind sowohl Studium als auch Forschung in Polen noch vergleichsweise wenig internationalisiert. Der Anteil von 2 Prozent der polnischen Studierenden, die 2021 einen Abschluss im Ausland anstrebten, entspricht dem OECD-Durchschnitt. Seit 2012 wirbt Polen mit Hilfe der KampagneReady, Study, Go! Poland" für ein Hochschulstudium im Land und hat zusätzlich 2015 ein Förderprogramm aufgelegt. Ziel ist es, den Anteil der internationalen Studierenden bis 2020 auf 5 Prozent zu steigern. Die Anstrengungen haben durchaus Früchte getragen: 2021 wurde ein Anteil von 5,5 Prozent erreicht (siehe Bildungsindikatoren), dazu trugen bereits vor Ausbruch des Krieges mehr als 30.000 ukrainische Studierende aus Polen bei.

In Bezug auf den Anteil der internationalen Ko-Publikationen an allen wissenschaftlichen Publikationen gibt es in Polen seit 2012 einen klaren Aufwärtstrend. 2017 wurde erstmals die Marke von 30 Prozent überschritten, 2023 wurden 42 Prozent erreicht. Zum Vergleich: In Deutschland ist – ähnlich wie in vielen anderen westlichen Industrieländern – die internationale Ko-Publikationsrate zwischen 1996 und 2023 von etwa 30 auf über 50 Prozent angewachsen (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved April 25, 2024, from www.scimagojr.com).

Die wichtigsten Herkunftsländer für internationale Studierende in Polen sind die Ukraine, Belarus, Indien, Deutschland und China. Die wichtigsten Zielländer für polnische Studierende sind Großbritannien, Deutschland, Dänemark, die USA und Frankreich (Quelle: UNESCO Institute of Statistics Global Flow of Tertiary-Level Students, erfasst werden nur diejenigen Studierenden, die einen Abschluss im Ausland anstreben. Zu China als Zielland fehlen Daten).

Die fünf wichtigsten Ko-Publikationsländer der letzten vier Jahre entsprechen teilweise den wichtigsten Zielländern für polnische Studierende: Es sind die USA, Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich (Quelle: SciVal® database, Elsevier B.V., www.scival.com, 2019-22, downloaded on January 2, 2023).

Polen investiert mittels der National Agency of Academic Exchange (Narodowa Agencja Wymiany Academickiej, NAWA) weiter in Internationalisierung. Die Agentur, welche nach dem Vorbild des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) die grenzüberschreitende Mobilität von Studierenden und Forschenden in beide Richtungen fördern soll, nahm im Oktober 2017 ihre Arbeit auf.

Seit 2005 profitiert Polen von dem großzügig ausgestatteten Förderprogramm „EEA und Norway Grants". Nach der zweiten Programmphase (2011-2017) wurde 2019 eine dritte Programmphase eröffnet, die insgesamt mit 110 Millionen Euro unterlegt ist.

Für den Abschluss von bilateralen Kooperationsabkommen ist in der Regel das Ministerium für Bildung und Wissenschaft zuständig. Für spezielle Abkommen zur Biomedizin ist das Gesundheitsministerium der richtige Ansprechpartner. Derzeit gibt es zwar eine Vielzahl von Abkommen, es fehlt jedoch an einer strategischen Ausrichtung der bilateralen Kooperation. Sowohl das NCBR als auch das NCN schließen bilaterale Abkommen zur Forschungsförderung ab (Überblick NCBR internationale Partner, Überblick NCN internationale Partner). Die Verfahren des NCN zur Förderung bi- und trilateraler Projekte mit Belgien, Deutschland, Luxemburg, Österreich, der Schweiz, Slowenien und der Tschechischen Republik werden ab 2022 unter dem sogenannten WEAVE-Programm durchgeführt, wenn Projektleitung und federführende Förderorganisation außerhalb von Polen angesiedelt sind. Im Falle einer polnischen Projektleitung, bei der die NCN als Lead Agency fungiert, wird das OPUS-Verfahren genutzt.

Besondere Anstrengungen werden von Seiten Polens unternommen, die ukrainische Wissenschaft nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 zu unterstützen. Im Juni 2022 verabschiedete die Polnische Akademie der Wissenschaften PAN in Warschau zusammen mit Wissenschaftsakademien aus Partnerländern (Ukraine, Deutschland, Dänemark, den USA und dem Vereinigten Königreich) einen 10-Punkte-Plan für den Wiederaufbau des ukrainischen Forschungs- und Innovationssystems. An erster Stelle steht das Prinzip, die Verbindung zwischen ukrainischen Forschenden und Institutionen in der Ukraine soweit wie möglich zu erhalten, um eine schnelle Rückkehr der Forschenden nach dem Krieg zu ermöglichen. Ein Beispiel für eine konkrete Unterstützungsmaßnahme ist ein Programm, unter dem PAN-Institute als Gastinstitutionen leitende ukrainische Forschenden von 18 ausgewählten Projekten aufnehmen. Diese erhalten jeweils bis zu 200.000 USD über einen Zeitraum von 3 Jahren. Weiterhin beteiligt sich Polen mit den baltischen Staaten an dem Programm IMPRESS-U (International Multilateral Partnerships for Resilient Education and Science System in Ukraine). Ziel von IMPRESS-U ist es, ukrainische Forschende in internationale Forschungsnetzwerke zu integrieren. US-amerikanische Institutionen (National Academy of Science, National Science Foundation) leisten wesentliche Beiträge finanzieller und organisatorischer Art zu beiden Maßnahmen.

Ein wichtiger Akteur in der internationalen Forschungskooperation ist die Polnische Akademie der Wissenschaften PAN. Die Akademie hat eine Vielzahl von Kooperationsabkommen geschlossen und sich zudem an der Gründung von internationalen Forschungszentren in Polen beteiligt. Dazu gehören das Stefan Banach International Mathematical Center at the PAS Institute of Mathematics, das Internationale Institut für Molekular- und Zellbiologie (International Institute of Molecular and Cell Biology, IIMCB) sowie das mit der UNESCO verbundene European Regional Center for Ecohydrology (ERCE PAN). Die Akademie PAN verfügt außerdem über sieben Außenstellen, unter anderem in Moskau, Paris, Rom, Wien und Kiew, die um Partner werben sollen. Die Außenstelle in Berlin nimmt eine Sonderrolle ein (siehe nächster Abschnitt). Die Polish Science Contact Agency (PolSCA) in Brüssel bringt polnische Perspektiven in die europäische Politikgestaltung mit ein (Überblick PAN-Außenstellen (nur auf Polnisch verfügbar).

Als Mitgliedsland der Europäischen Union kann sich Polen in allen Programmen unter dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa (2021-27) voll beteiligen. Bis Januar 2025 warb das Land unter Horizont Europa europäische Fördergelder in Höhe von 673,47 Millionen Euro ein. Unter den insgesamt 1.281 Projekten, an denen sich Polen beteiligte, verzeichneten mit 851 knapp zwei Drittel der Projekte auch eine deutsche Teilnahme (Quelle: eCORDA-Datenbank).

Andere Varianten europäischer Kooperation setzen nicht auf einen gemeinsamen Fördertopf unter dem Rahmenprogramm der EU, sondern auf die Verbindung verschiedener nationaler und europäischer Fördertöpfe, um gemeinsame Projekte im Rahmen von Public Public Partnerships (P2Ps) zu finanzieren. Derzeit ist Polen an 52 P2Ps beteiligt (Übersicht ERA-LEARN Plattform, Stand November 2023). Ein regionales Netzwerk zur Kooperation im Ostseeraum (BONUS) hat 2020 seine Arbeit beendet. Aktive Partnerschaften mit polnischer Beteiligung sind beispielsweise die Chips JU (European Partnership for Key Digital Technologies), die Clean Energy Transition Partnership (CETP) sowie „ERA4Health“ (Fostering a European Research Area for Health Research). Die zuständige Förderagentur in Polen ist meist entweder das NCN oder das NCBR. Zudem hat das NCN die Koordination des ERA-NET Cofund zu Quantentechnologien (QuantERA) übernommen.

Polen trat außerdem 1995 dem Netzwerk zur Unternehmens- und Innovationsförderung EUREKA bei und beteiligt sich an dem gemeinsamen Förderprogramm Eurostars. Dabei wird Polen durch das NCBR vertreten (EUROSTARS-Webseite Polen).

Neue Horizonte eröffnet die Auflage eines China-MOEL-Partnerschaftsprogramms, das 16 mittel- und osteuropäische Länder (MOEL), darunter auch Polen, mit China zusammen führt („16+1-Kooperation"). Das im Juli 2018 vereinbarte Programm ist umfassend angelegt. Es sieht vor

  • einen politischen Dialog zur Wissenschafts-, Technologie- und Innovationspolitik durchzuführen;
  • gemeinsame Forschungsinfrastrukturen aufzubauen;
  • den Austausch des wissenschaftlichen Nachwuchses zu fördern sowie
  • einen Finanzierungsmechanismus zur Förderung von gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten einzuführen.

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2.3 Überblick zur Kooperation mit Deutschland

Für Polen hat die Zusammenarbeit mit Deutschland in Bildung und Forschung einen hohen Stellenwert. Als Herkunftsland für internationale Studierende, Zielland für polnische Studierende und auch als Ko-Publikationsland für wissenschaftliche Veröffentlichungen platziert sich Deutschland jeweils unter den Top 5 (siehe vorheriger Abschnitt).

Ein Abkommen zur Wissenschaftlich-Technologischen Zusammenarbeit (WTZ) wurde bereits 1989 zwischen Deutschland und Polen geschlossen und trat 1990 in Kraft. Seitdem hat sich die Kooperation dynamisch entwickelt. Auf deutscher Seite ist das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) als Nachfolger des BMBF federführend (Überblick zu bilateralen und multilateralen Projekten mit einer Förderung des BMFTR). In den bilateralen Beziehungen legten die beiden Länder zunächst einen Schwerpunkt auf das Thema Nachhaltigkeit, zu dem bisher 2011 und 2016 zwei bilaterale Förderbekanntmachungen veröffentlicht wurden. Zudem war BMBF zwischen 2005 und 2018 auf der internationalen Umweltmesse „POLEKO“/„POL-ECO-SYSTEM" in Posen vertreten, um die Arbeit deutscher Aussteller aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu präsentieren. Eine Deutsch-Polnisch-Tschechische Wissenschaftsplattform fand am 08./09.10.2021 in Dresden statt. Zentrale Themen dieser Veranstaltung waren der Strukturwandel im Dreiländereck sowie das neue EU-Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa. Eine Nachfolgeveranstaltung folgte unter der Überschrift „Building Bridges“ im Mai 2023.

Im 25. Jubiläumsjahr des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages 2016 vereinbarten das BMBF und das polnische Ministerium für Wissenschaft und Hochschulbildung (MNiSW) grundsätzlich eine engere Zusammenarbeit. Beide Ministerien unterzeichneten eine Erklärung, nach der besonders der Technologietransfer in kleinen und mittleren Unternehmen mit einem gemeinsamen „2+2“-Förderprogramm beschleunigt werden soll: „Deutsch-Polnische Kooperation zum Technologietransfer in der Digitalen Wirtschaft (DPT)". Schwerpunkt der ersten Förderbekanntmachung war die „Digitalisierung der Medizintechnik/Gesundheitsforschung“. Die fünf Projekte  liefen im Zeitraum 2019 bis 2022. Im März 2021 wurde eine zweite Förderbekanntmachung „Digital Green Techmit dem Schwerpunkt „Smart Villages“ veröffentlicht: Vier Projekte werden seit 1. Juli 2022 gefördert.

Das BMBF hat bereits seit 2004 mit den Förderprogrammen „Internationale Zusammenarbeit in Bildung und Forschung, Region Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ (ehemals „Regionalausschreibung“, dann MOEL/SOEL-Bekanntmachung, aktuell „Bridge2Era21“), „Umsetzung von Marketingmaßnahmen in der Zielregion Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ (Forschungsmarketing), „Ideenwettbewerb zum Auf- und Ausbau innovativer FuE-Netzwerke mit Partnern in Ostseeanrainerstaaten - Circum Mare Balticum“ (Ostseebekanntmachung), „Auf- und Ausbau gemeinsamer Forschungsstrukturen“ sowie „Die europäische Innovationsunion – Deutsche Impulse für den Europäischen Forschungsraum“ eine Reihe von Förderinstrumenten für Mittel-, Ost- und Südosteuropa aufgelegt. Damit gefördert werden Forschungsprojekte deutscher Institutionen mit Partnereinrichtungen aus der Region. Übergeordnetes Ziel dieser Projekte war und ist eine gemeinsame Projektantragstellung in den Forschungsrahmenprogrammen der EU (aktuell: Horizont Europa). Polen ist mit Abstand das wichtigste Partnerland im Kontext dieser Bekanntmachungen.

Die deutsch-polnische Forschungskooperation findet nicht nur in bilateralen Vorhaben, sondern auch innerhalb von multilateralen Projektkonsortien statt. Dies betrifft Projekte unter den europäischen Rahmenprogrammen, aber auch ERA-NETs und gemeinsame Programminitiativen (siehe unter Überblick zur Internationalen Kooperation). Dabei fördert in der Regel das deutsche Forschungsministerium die deutschen Projektpartner, während die polnischen Partner eine Förderung durch das NCBR oder das National Science Centre (NCN) erhalten. Konsortien mit deutsch-polnischer Beteiligung arbeiten z. B. unter TRANSCAN-3 zur Krebsforschung oder M-ERA.NET 3 (ERA-NET for research and innovation on materials and battery technologies, supporting the European Green Deal) zusammen. Anfang 2024 laufen über 50 dieser multilateralen Projekte.

Der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) weist 1.452  offizielle Kooperationen zwischen Deutschland und Polen aus. Dabei kooperieren 239 deutsche Hochschulen mit 162 polnischen Hochschulen und 6 sonstigen Einrichtungen (Stand 08/2024).

Internationale Mobilität zwischen Deutschland und Polen wird vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD), der Alexander-von-Humboldt Stiftung (AvH) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Das ERASMUS Plus-Programm fördert Mobilität in beide Richtungen in großem Umfang: Zwischen 2021-22/23 erhielten 863 Studierende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie 409 Hochschullehrkräfte und Mitglieder des Hochschulpersonals aus Deutschland Finanzierung für einen Aufenthalt in Polen. Im Gegenzug kam die ERASMUS-Finanzierung für Aufenthalte in Deutschland 1.798 bzw. 734 Geförderten aus Polen zugute.

2023 (in Klammern die Zahlen für 2019 Pre-Covid) hat der DAAD unter eigenen Programmen Förderung für einen Aufenthalt in Polen an 505 (609) Studierende und Graduierte (inkl. Promovierende, Statusgruppen I-III) und 200 (234) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Hochschullehrkräfte (inkl. Post-Docs, Statusgruppe IV) aus Deutschland vergeben. In den gleichen Kategorien erhielten 566 (882) und 296 (392) Geförderte aus Polen eine Unterstützung des DAAD, um eine Aktivität im eigenen Land oder einen Auslandsaufenthalt zu finanzieren.

Die AvH fördert ausländische Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aller Fächer und Länder, die mit Hilfe von Forschungsstipendien und -preisen in Deutschland tätig werden. 2023 vergab die AvH 7 Forschungsstipendien und 1 Forschungspreis an Geförderte aus Polen. Zwischen 1996 und 2021 hatte die Foundation for Polish Science (FNP) im Gegenzug jährlich den Alexander von Humboldt-Forschungspreis an deutsche Forschende vergeben, die einen Aufenthalt von 3-6 Monaten in Polen anstrebten. Dieses Programm wurde inzwischen eingestellt, eine Bewerbung ist nicht mehr möglich (Webseite FNP - Alexander von Humboldt-Forschungspreis).

Die DFG engagiert sich stark für die deutsch-polnische Forschungskooperation. Sie vergibt zusammen mit der Foundation for Polish Science (FNP) seit 2006 alle zwei Jahre den Copernicus-Preis („Nicolaus Copernicus Polish-German Research Award") mit dem Ziel, Verdienste um die bilaterale Kooperation zu würdigen (Webseite FNP Copernicus-Preis).

Die Verfahren des National Center for Science (NCN) zur Förderung bi- und trilateraler Projekte mit Belgien, Deutschland (DFG), Luxemburg, Österreich, der Schweiz, Slowenien und der Tschechischen Republik werden seit 2022 unter dem sogenannten WEAVE-Programm durchgeführt. Anträge zur Förderung von bi- und trilateralen grenzüberschreitenden Projekten zur Grundlagenforschung mit deutscher und polnischer Beteiligung können seit 2021 jederzeit bei der DFG unter dem „Weave Lead Agency-Verfahren" eingereicht werden. Für Anträge unter der dauerhaft offenen Bekanntmachung („Weave-UNISONO-Call") kann allerdings die polnische Fördereinrichtung National Science Centre (NCN) nicht als „Lead Agency“ ausgewählt werden. Dies ist jedoch möglich unter der Bekanntmachung OPUS, die das polnische NCN regelmäßig im September publizieren wird (zuletzt OPUS 26 im September 2022), und unter der auch Kooperationen mit Deutschland und anderen Ländern gefördert werden. Die Fördermöglichkeiten unter OPUS werden für die deutsch-polnische Kooperation genutzt. Anfang 2023 gab NCN bekannt, dass im Rahmen der Bekanntmachung OPUS22+LAP/WEAVE 16 Projekte gefördert werden. Bewilligt wurden 15 bilaterale deutsch-polnische Forschungsprojekte: davon drei in den Geistes-, Sozial- und Kunstwissenschaften, vier in den Biowissenschaften und acht in Natur- und Ingenieurwissenschaften.

2023 beherbergte die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 163 polnische Nachwuchs- und Gastforschende und sie führte 83 Projekte mit Partnern aus Polen durch. Die MPG hat 2017 mit DIOSCURI ein personenzentriertes Förderprogramm für die Entwicklung wissenschaftlicher Exzellenz in Mittel- und Osteuropa gestartet. Das Programm soll innovative Forschungsfelder und internationale Exzellenzstandards in der Region Mittel- und Osteuropa etablieren und so dazu beitragen, das bestehende Leistungsgefälle mit Westeuropa zu überwinden und den Europäischen Forschungsraum insgesamt zu stärken (Webseite Max Planck – DIOSCURI). Im Juli 2017 unterzeichnete die MPG mit der polnischen Förderagentur für Grundlagenforschung National Science Centre (NCN) ein Abkommen. Vorgesehen ist, dass Post-Docs jedweder Nationalität über einen Zeitraum von fünf Jahren in Polen Exzellenzzentren mit bis zu 300.000 Euro pro Jahr aufbauen und gleichzeitig mit ausgewählten deutschen Mentor-Institutionen kooperieren. Die Initiative wird von den Regierungen beider Länder anteilig getragen. Die ersten Zentren wurden im September 2019 an einem Institut der Akademie PAN in Warschau eröffnet (siehe unten).  

Die Leibniz-Gemeinschaft und die Polnische Akademie der Wissenschaften PAN arbeiten auf der Grundlage eines Vertrags zusammen, der am 8. Juni 2010 geschlossen wurde. Die Anzahl der polnischen Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in Einrichtungen der Gemeinschaft lag im Jahr 2023 bei 73.

Neben dem BMFTR engagiert sich auch das Bundeswirtschaftsministerium  (aktuell Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, BMWE) in der deutsch-polnischen Innovations- und Technologiekooperation. Im Juni 2016 hatte das damalige BMWi gemeinsam mit dem polnischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung eine Erklärung über die bilaterale Zusammenarbeit in Forschung, Entwicklung und Innovation angenommen. Am 04.04.23 haben das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und das polnische National Centre for Research and Development (NCBR) eine erste gemeinsame Ausschreibung im Rahmen des ZIM (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) veröffentlicht. Das BMWK lud kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und kooperierende Forschungseinrichtungen dazu ein, Anträge für innovative deutsch-polnische FuE-Projekte bis zum 30.09.2023 einzureichen.

Vor Ort in Deutschland tragen und unterstützen unter anderem folgende Einrichtungen die deutsch-polnische Kooperation:

  • Das 2019 eröffnete deutsch-polnische Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) in Görlitz betreibt digitale interdisziplinäre Systemforschung und vereint innovative Methoden wie Simulationen zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen. Ziel ist es, komplexe Systeme von bisher nie dagewesener Realitätstreue abzubilden. Partner sind das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig (UFZ), das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG), die Technische Universität Dresden und die Universität Wrocław. Das Zentrum wird aus Mitteln des BMBF und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gefördert.
  • Das Deutsche Polen-Institut (DPI) in Darmstadt ist ein Forschungs-, Analyse-, Informations- und Veranstaltungszentrum für polnische Kultur, Geschichte, Politik, Gesellschaft und die deutsch-polnischen Beziehungen im europäischen Kontext. Es wird durch den Bund und das Land Hessen getragen.
  • Die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS) wurde 2008 gegründet, um eine dauerhafte Förderquelle für bilaterale deutsch-polnische Vorhaben in den Geistes-, Kultur-, Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu schaffen. Träger sind der Bund und das Land Brandenburg. Der Bund hat für die DPWS ein Stiftungskapital in Höhe von 50 Millionen Euro bereitgestellt, Polen hat Zustiftungen in Höhe von 10 Millionen Euro geleistet. Die DPWS hat ihren Sitz in Frankfurt an der Oder.
  • Polen ist seit 2005 in Deutschland durch das Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften (CBH PAN) vertreten. Es ist die erste der sieben Einrichtungen der Akademie PAN im Ausland mit einem geschichtswissenschaftlichen Profil und eigenen Forschungsprojekten.
  • Das Kompetenz- und Koordinationszentrum Polnisch (KoKoPol) in Ostritz (Sachsen) hat seit 2020 die Förderung der Kenntnis, Verbreitung und Popularisierung der polnischen Sprache in Deutschland und die bessere Verständigung mit Polen zum Ziel.

Vor Ort in Polen tragen und unterstützen unter anderem folgende Einrichtungen die deutsch-polnische Kooperation:

  • Seit 1997 ist der DAAD vor Ort durch eine Außenstelle in Warschau vertreten.
  • Die deutsche Wirtschaft engagiert sich in Polen und bindet Unternehmen vor Ort in die Berufsausbildung ein. So haben z.B. Volkswagen und Bosch in die Mechatronik- Ausbildung an ihrem Standort in Posen investiert. Die Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer unterstützt polnische Unternehmen dabei, Programme für die duale Berufsausbildung zu entwickeln (OECD Working Paper (2018) "Strengthening Innovation in Poland", S. 31).
  • Dioscuri-Zentren: Gegenwärtig exisieren fünf Dioscuri-Zentren in Warschau (Dioscuri Centre for Chromatin Biology and Epigenomics, Dioscuri Centre for Metabolic Diseases, Dioscuri Centre in Topological Data Analysis sowie das Dioscuri Centre for the Physics and Chemistry of Bacteria) an Instituten der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Dazu kommt das Dioscuri Centre RNA-Protein Interactions in Human Health and Diseases an dem International Institute of Molecular and Cell Biology. Die offizielle Einweihung von drei Zentren an der Jagiellonen-Universität in Krakau erfolgte am 31.03.2023 (Dioscuri Centre for Structural Dynamics of Receptors, Dioscuri Centre for Modelling of Posttranslational Modifications und das Dioscuri Centre in Random Walks in Geometry and Topology). Insgesamt sollen bis zu 10 Dioscuri-Zentren in Polen eingerichtet werden (Überblick Dioscuri-Zentren).
  • Bereits 2008 wurde das „Fraunhofer Project Center for Laser Integrated Manufacturing" (PCW-Polen) von dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS mit dem Center for Advanced Manufacturing Technologies (CAMT) an der Technischen Universität Wrocław gegründet. 2021 waren dieselben Akteure an einer neuen Initiative beteiligt. Dazu kamen auf deutscher Seite das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz und auf polnischer Seite die Fakultät für Maschinenbau der TU Wrocław. Gemeinsam richten sie das Zentrum „Additive Technologien für Medizin und Gesundheit“ (ATeM) ein.   
  • Das im September 2018 gegründete „Fraunhofer Project Center for Advanced Lightweight Technologies" (ALighT) ist eine Kooperation des Fraunhofer-Instituts IWU mit der Technischen Universität Opole. Die neu gegründete Forschungsplattform soll helfen, hybride Leichtbaukomponenten insbesondere für die Automobilindustrie zu entwickeln (Pressemitteilung).
  • 2019 hat das Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP, Sitz Frankfurt an der Oder) ein gemeinsames Labor mit der Universität Zielona Góra (Joint Lab Verteilte Messsysteme und drahtlose Sensornetzwerke) eingerichtet.
  • 1993 wurde das Deutsche Historische Institut (DHI) in Warschau eröffnet, das zur bundesunmittelbaren Stiftung öffentlichen Rechts Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland gehört.
  • Das Collegium Polonicum in Slubice ist eine Hochschuleinrichtung für grenzüberschreitende Lehre und Forschung, die ab 1992 von der polnischen Adam-Mickiewicz-Universität in Posen und der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder aufgebaut wurde. Gemäß einer Vereinbarung von 2002 wird das Institut von der Republik Polen sowie dem Land Brandenburg getragen.
  • Das 2002 gegründete Willy Brandt Zentrum für Deutschland- und Europastudien wird gemeinsam von der Universität Wrocław und vom DAAD getragen. Die Forschung beleuchtet zahlreiche Aspekte der Geschichte und der Gesellschaften Deutschlands und Polens, die deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen, sowie die Art und Weise, in der sich Kulturen und Literaturen gegenseitig durchdringen.

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Nähere Informationen zu Polen erteilt im Auftrag des BMBF der DLR Projektträger.

Fachlicher Ansprechpartner für Polen ist:
Herr Hans-Peter Niller
DLR Projektträger
Europäische und Internationale Zusammenarbeit
Tel: +49 228 3821-1468
E-Mail: hans-peter.niller(at)dlr.de

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