Überblick zur Kooperation mit Deutschland: Vereinigtes Königreich (Großbritannien)

Großbritannien hat bisher kein Abkommen zur Wissenschaftlich-Technologischen Zusammenarbeit (WTZ) mit Deutschland geschlossen. Grundlage für die Kooperation ist ein Kulturabkommen von 1959. Die Zusammenarbeit in Bildung und Forschung hat für beide Länder einen hohen Stellenwert. Aus britischer Perspektive liegt Deutschland als Herkunftsland für internationale Studierende auf Rang 11. Als Zielland und auch als Ko-Publikationspartner platziert sich Deutschland sogar unter den Top 5. Dies gilt im Gegenzug auch für Deutschland, aus dessen Perspektive das Vereinigte Königreich ebenfalls als Zielland wie als Ko-Publikationsland unter den Top 5 liegt (siehe vorheriger Abschnitt, auch Wissenschaft weltoffen 2023, S. 75).

Mitarbeitende des britischen Science and Innovation Network (SIN Germany, siehe vorheriger Abschnitt) pflegen auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland vor Ort, die meisten Mitglieder des Team Germany sind an der Britischen Botschaft in Berlin stationiert.

Auf deutscher Seite ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) federführend (Überblick zu bilateralen und multilateralen Projekten mit einer Förderung des BMBF). Das BMBF informiert auf einer eigenen Seite über die Auswirkungen des Brexit auf die Bildungs- und Forschungskooperation mit Großbritannien.

Der Schwerpunkt der deutsch-britischen Forschungskooperation liegt insgesamt weniger auf bilateralen als auf multilateralen Projektkonsortien. Dazu gehören Projekte unter dem Rahmenprogramm Horizont 2020, aber auch ERA-NETs und gemeinsame Programminitiativen (siehe vorheriger Abschnitt). Dabei fördert in der Regel BMBF die deutschen Projektpartner, während die britischen Partner eine Förderung durch einen der Forschungsräte, z. B. den Medical Research Council (MRC) oder durch Innovate UK erhalten. Konsortien mit deutsch-britischer Beteiligung arbeiten so z. B. unter dem ERA-NET NEURON oder dem EUROSTARS-Programm zusammen.

Der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) weist 1.387 offizielle Kooperationen zwischen Deutschland und Großbritannien aus. 230 deutsche Hochschulen kooperieren mit 161 britischen Hochschulen und 3 sonstigen Einrichtungen (Stand: 08/2023). Eine besondere Initiative ist die Gründung der Forschungsallianz transCampus London - Dresden durch die beiden Universitäten King’s College London und die Technische Universität Dresden (TUD) im Jahr 2015. Der Schwerpunkt von transCampus, der zunächst auf Medizin und Biotechnologie lag, wurde inzwischen auf Nachrichtentechnologie und Materialforschung ausgeweitet. Die University Oxford und vier Berliner Einrichtungen (die Freie Universität Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Technische Universität Berlin und die Charité-Universitätsmedizin Berlin) haben im Dezember 2017 die Forschungsallianz Oxford Berlin Research Partnership geschlossen.

Internationale Mobilität zwischen Deutschland und Großbritannien wird vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD), der Alexander-von-Humboldt Stiftung (AvH) und der DFG gefördert.

Das ERASMUS+-Programm fördert Mobilität in beide Richtungen: Zwischen 2020-22 erhielten 3.758 Studierende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie 114 Hochschullehrkräfte und Mitglieder des Hochschulpersonals aus Deutschland Finanzierung für einen Aufenthalt in Großbritannien. Im Gegenzug kam die ERASMUS-Finanzierung für Aufenthalte in Deutschland 1.278 bzw. 63 Geförderten aus dem Vereinigten Königreich zugute. Großbritannien hat jedoch entschieden, nicht an der neuen Programmgeneration von Erasmus+ teilzunehmen. Wie sich das neue britische Mobilitätsprogramm „Turing scheme“, das ausschließlich britische Studierende bei Auslandaufenthalten unterstützt, auf die Mobilität nach Deutschland auswirkt, bleibt abzuwarten. Das Programm richtet sich an dem durch die britische Regierung ausgegebenen Ziel eines „Global Britain“ aus und nimmt vor allem auch den Austausch mit Einrichtungen außerhalb Europas in den Fokus. Jährlich sollen bis zu 35.000 Studierende durch das Programm unterstützt werden.

2022 (in Klammern die Zahlen für 2019 Pre-Covid) hat der DAAD unter eigenen Programmen Förderung für einen Aufenthalt in Großbritannien an 869 (1.352) Studierende und Graduierte (inkl. Promovierende, Statusgruppen I-III) und 172 (156) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Hochschullehrkräfte (inkl. Post-Docs, Statusgruppe IV) aus Deutschland vergeben. In den gleichen Kategorien erhielten 341 (536) und 240 (90) Geförderte aus Großbritannien eine Unterstützung des DAAD, um eine Aktivität im eigenen Land oder einen Auslandsaufenthalt, darunter auch Deutschlandaufenthalte, zu finanzieren.

Die AvH fördert ausländische Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aller Fächer und Länder, die mit Hilfe von Forschungsstipendien und -preisen in Deutschland tätig werden. Forschende, die ihren Lebensmittelpunkt in Großbritannien haben, sind unter den Ausgezeichneten sehr gut vertreten: Mit 7 Forschungspreisen belegt das Land (gemeinsam Spanien und Frankreich) Rang 2 hinter den USA, mit 30 Forschungsstipendien Rang 5. Die UK Humboldt Association pflegt die Beziehungen zu den britischen Alumni.

Auch als Zielland für Forschende aus Deutschland ist Großbritannien beliebt, wie die Daten der DFG zur Vergabe von Forschungsstipendien für Auslandsaufenthalte deutscher Post-Docs zeigen: Hier lag das Land 2022 mit 86 Geförderten unter dem Walter-Benjamin-Programm als Zielland an zweiter Stelle hinter den USA .

Die DFG pflegt auch über die Mobilitätsförderung hinausgehend intensiv die Kooperation mit Großbritannien. 2020 gab es 3 laufende Internationale Graduiertenkollegs (IGK) mit britischer Beteiligung, zu denen auch Forschungspartnerschaften und -allianzen zwischen Hochschulen beigetragen haben (siehe oben). Die Oxford Berlin Research Partnership bildet eine gute Grundlage für das IGK zum Thema „Stochastische Analysis in Interaktion". Die in der Partnerschaft transCampus beteiligten Hochschulen TU Dresden und King's College London kooperieren in zwei IGKs: „Immunologische und zellbasierte Strategien bei metabolischen Erkrankungen“ sowie „Risikofaktoren und Pathomechanismen von Affektiven Störungen“.

Mit einigen britischen Forschungsräten hat die DFG Abkommen abgeschlossen, unter denen gemeinsame Förderbekanntmachungen veröffentlicht werden. Zudem haben die DFG und der Economic and Social Research Council (ESRC) zusammen mit der französischen Agence Nationale de la Recherche (ANR) und der Netherlands Organisation for Scientific Research (NWO) ein gemeinsames multilaterales Programm zur Förderung der Zusammenarbeit in den Sozialwissenschaften eingerichtet (Open Research Area, ORA).

2022 beherbergte die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 277 britische Nachwuchs- und Gastforschende und sie führte 553 Projekte mit Partnern in Großbritannien durch. Dies übertraf die Anzahl der Kooperationsprojekte mit Frankreich (434). Aus Sicht der MPG liegt das Königreich damit auf dem zweiten Rang hinter den USA (970 Projekte).

Die Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer in London wurde 1971 gegründet und hat etwa 750 deutsche und britische Mitgliedsfirmen. Sie bietet Geschäftskontakte, Informationen sowie Ratschläge und hilft somit jährlich ca. 20.000 Unternehmen, neue Märkte zu erschließen bzw. ihre Exportaktivitäten zu erweitern.

Es folgt eine Auswahl von weiteren Einrichtungen vor Ort, die die deutsch-britische Kooperation tragen und unterstützen:

  • Der DAAD hatte bereits im Jahr 1927 eine Außenstelle in London eingerichtet, die 1952 wiedereröffnet wurde; damit ist dies die älteste Außenstelle des DAAD. Sie ist heute sowohl für Großbritannien als auch für Irland zuständig.
  • 1976 wurde das Deutsche Historische Institut in London (DHI, German Historical Institute London, GHIL) eröffnet, das heute zur Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland gehört.
  • Zwei Max-Planck-Institute (MPIs) und das University College London (UCL) haben 2014 ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Neuro- und Verhaltenswissenschaften in dem gemeinsamen Max Planck-UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research gebündelt. Die Forschenden werden Daten zur Struktur und Funktion des Gehirns mit statistischen Methoden und Computermodellen auf detaillierte Verhaltensbeobachtungen einzelner Personen beziehen und daraus Prognosen über deren Entwicklung ableiten. Die Erkenntnisse des Zentrums sollen Auskunft darüber geben, wie sich geistige Leistungsfähigkeit im Alter möglichst lange erhalten lässt und wie psychische Krankheiten verhindert oder zumindest in ihrem Verlauf positiv beeinflusst werden können.
  • Das Max Planck-Cambridge Centre for Ethics, Economy and Social Change (Max-Cam)  wurde 2017 eingerichtet. Das Zentrum mit einem Budget von etwa 2,27 Mio. Euro wird von der University of Cambridge und zwei MPIs getragen. Die zentrale Forschungsfrage ist, wie sich moralische und ethische Überzeugungen auf lokale Ökonomien auswirken und wie diese den globalen Kapitalismus beeinflussen.
  • Drei MPIs haben gemeinsam mit der University Bristol 2019 das Bristol Max Planck Centre in Minimal Biology gegründet. Die Forschungsgebiete Synthetische Biologie und die Minimalbiologie beschäftigen sich mit dem Übergang von unbelebter zu belebter Materie.
  • Die Fraunhofer UK Research Ltd. wurde im März 2012 als selbstständige britische Fraunhofer-Auslandsgesellschaft mit Sitz in Glasgow, Schottland gegründet. Im selben Jahr wurde das Fraunhofer Centre for Applied Photonics (Fraunhofer CAP) als erstes Fraunhofer Research Centre in Großbritannien eingerichtet. Beteiligt sind auf deutscher Seite das Fraunhofer Institut für angewandte Festkörperphysik (IAF) in Freiburg und auf britischer Seite die University of Strathclyde. Das Zentrum, das durch Mittel der schottischen Regierung unterstützt wird, bietet der Industrie Dienstleistungen an und engagiert sich in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

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