Am vergangenen Freitag kamen in Toulon führende Regierungsmitglieder aus Berlin und Paris zum ersten Deutsch-Französischen Ministerrat unter der neuen Bundesregierung zusammen. Bei dem Treffen wurde unter anderem eine Deutsch-Französische Wirtschaftsagenda verabschiedet, die die bestehende und künftige Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen wie Industrie, Technologie, Forschung, Quantenphysik und KI umfasst und in den nächsten Monaten umgesetzt werden soll. Entsprechend der Hightech Agenda Deutschland haben Bundesforschungsministerin Dorothee Bär und ihr Amtskollege Philippe Baptiste zudem eine Roadmap zur engeren Zusammenarbeit in den Bereichen KI, Kernfusion, Wasserstoff, Batterien und Raumfahrt vereinbart.
Schlüsseltechnologien
Deutschland und Frankreich tauschten sich in den Schlüsseltechnologien, insbesondere in den Bereichen KI, Hochleistungsrechner, Quantentechnologie und Halbleiter aus.
- Bereits im Oktober 2020 haben das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und das französische Ministerium für Hochschulbildung und Forschung (MESR) eine gemeinsame Fördermaßnahme veröffentlicht. Ziel war, die Ergebnisse der KI-Grundlagenforschung schneller in die Anwendung zu bringen. Im Juni 2022 gab es den zweiten Förderaufruf. Insgesamt fördern die beiden Länder mit den Maßnahmen 30 Projekte mit insgesamt rund 27 Millionen Euro.
- Zukünftig geplant ist der Start einer neuen deutsch-französischen Initiative zu generativer KI und der Entwicklung gemeinsamer KI-Modelle durch die Unterstützung gemeinsamer Innovationsprojekte für Konsortien aus Forschung und Industrie mit dem Ziel, die europäische technologische Souveränität zu sichern, Open Source zu fördern und die Produktivität von Unternehmen zu steigern.
- Schaffung einer zukunftssicheren Energieinfrastruktur für KI durch gemeinsame Anstrengungen für den Halbleitersektor und umfassende Zusammenarbeit im Bereich der industriellen KI, insbesondere im Rahmen der wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (Important Project of Common European Interest, kurz IPCEI) für Künstliche Intelligenz (IPCEI-AI) und Edge Knoten Infrastruktur (IPCEI-ECI).
- Im Bereich der Sprunginnovationen soll eine Absichtserklärung zwischen der französischen Investitionsbank BpiFrance und der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND vorbereitet werden, um eine Zusammenarbeit für künftige Innovationsprojekte aufzubauen, insbesondere durch den Austausch von Fachleuten sowie die Vorbereitung gemeinsamer Projektausschreibungen.
- Initiative für Quantencomputing der nächsten Generation: Aufbau eines gemeinsamen Quantencomputing-Ökosystems, einschließlich Quantenanwendungen und Quanten-Software. Hierbei sollen französische und deutsche Akteure aus der Industrie, Quanten-Start-ups, Forschungseinrichtungen und Hochschulen eine Schlüsselrolle spielen.
Raumfahrt
Deutschland und Frankreich arbeiten im Bereich der Raumfahrt bereits eng zusammen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR e.V.) hat beispielsweise mit der französischen Raumfahrtagentur CNES einen sogenannten Rover entwickelt, der 2026 auf der japanischen Raumsonde MMX in Richtung Marsmond Phobos starten wird. Der Rover erkundet ab 2028 die Oberfläche des Mondes und ermittelt Stellen für eine Probenentnahmen, die zu Forschungszwecken auf der Erde benötigt werden.
Im Rahmen des Deutsch-Französischen Ministerrats haben beide Länder die Ausarbeitung einer Roadmap für eine wettbewerbsfähige und resiliente europäische Raumfahrtpolitik vereinbart. Gemeinsame Investitionen in Raumfahrttechnologien sollen erhöht werden und Europas Zugang zum Weltraum, beispielsweise durch das zukünftige Weltraumzentrum Guyana, gesichert werden. Zudem wird eine spezielle Taskforce eingerichtet, um die Zusammenarbeit im Hinblick auf die bevorstehende ESA-Ministerkonferenz im November 2025, den 2026 in Frankreich stattfindenden internationalen Weltraumgipfel und die Arbeit der Europäischen Kommission im Bereich Raumfahrt zu koordinieren.
Energie
Auch im Energiebereich wurde die bilaterale Zusammenarbeit bekräftigt.
- Kernfusion: In der Kernfusion werden beide Länder weiterhin eng zusammenarbeiten. Geplant ist unter anderem eine gemeinsame Absichtserklärung. Ziel ist es, Technologien zu fördern, die für die Entwicklung der Fusionsenergie wesentlich sind. Bereits jetzt arbeiten das BMFTR und das MESR intensiv zum Versuchsreaktor ITER zusammen.
- Wasserstoff: Deutschland und Frankreich wollen ihre bilaterale strategische Forschungszusammenarbeit in den nächsten Jahren auf europäischer Ebene ausweiten. Bereits seit 2018 finanzieren beide Länder gemeinsame Wasserstoffprojekte, um die Entwicklung von Wasserstofftechnologien voranzubringen. Aus einer zweiten Fördermaßnahme im Jahr 2024 entstanden fünf konkrete Projekte.
- Batterien: Auch in der Batterieforschung gibt es bereits laufende deutsch-französische Programme, wie etwa das Vorhaben HIPOBAT, in dem Hochleistungsbatterien entwickelt werden. Es startete 2024 mit einer Laufzeit von drei Jahren.
Deutsch-Französischer Ministerrat (DFMR)
Die deutsch-französischen Regierungskonsultationen werden seit dem 40. Jubiläum des Elysée-Vertrags 2003 in Form gemeinsamer Ministerräte abgehalten, bei denen beide Kabinette ursprünglich halbjährlich, mittlerweile einmal im Jahr zusammentreffen.
2023 einigten sich Deutschland und Frankreich darauf, das Format zu reformieren und die Vollformate durch informelle Klausuren und Ministerräte in kleinerem Format mit thematischem Fokus zu ersetzen. Mit der gemeinsamen Kabinettsklausur in Hamburg im Herbst 2023 wurde zum ersten Mal das informelle Format durchgeführt. Beim letzten Ministerrat im Mai 2024 auf Schloss Meseberg wurde eine ambitionierte Wirtschaftsagenda ("Meseberg-Agenda") beschlossen. Der diesjährige DFMR legt erneut einen Schwerpunkt auf Innovation und europäische Wettbewerbsfähigkeit.
Zum Nachlesen
- BMFTR (29.08.2025): Mehr deutsch-französische Zusammenarbeit in der Forschung
- Die Bundesregierung (29.08.2025): Freiheit, Sicherheit und Wohlstand gemeinsam sichern
- Auswärtiges Amt (29.08.2025): Für ein starkes Europa. Außenminister Wadephul beim Deutsch-Französischen Ministerrat und beim Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister in Kopenhagen